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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler
Autoren: Frederick Forsyth
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ich heim
    Zu Sehnsucht nach des Todes Ruh und Gruft,
    Rief sanfte Namen ihm in Traum und Reim,
    Daß er mein Atmen fortnähm und die Luft.
    Nun scheint mir mehr als je zu sterben gut,
    Verlöschen in der Mitternacht sonder Qual …«
    Er ließ das Buch aufgeschlagen, lehnte sich zurück und starrte auf die reichen Schneckenverzierungen am Wandsims im Arbeitszimmer des mächtigsten, Mannes der Welt. Verlöschen in der Mitternacht sonder Qual. Wie verlockend, dachte er, wie überaus verlockend …
    Quinn entschied sich für halb elf an diesem Abend, eine Stunde, zu der die meisten arbeitenden Männer zu Hause waren, aber noch nicht im Bett lagen. Er war in einer Telefonzelle in einem guten Hotel, wo die Zellen noch Türen haben, so daß man für sich sein kann. Er wählte und hörte es dreimal läuten; dann wurde abgehoben.
    »Ja?«
    Er hatte die Stimme schon einmal gehört, aber dieses eine Wort genügte nicht, um sie zu identifizieren. Er sprach im ruhigen, beinahe flüsternden Ton von Moss, und hin und wieder kam sein Atem pfeifend wie durch eine lädierte Nase.
    »Hier ist Moss«, sagte er. Es entstand eine Pause.
    »Sie sollten mich nie hier anrufen, außer in einem ganz dringenden Fall. Das habe ich Ihnen doch gesagt.«
    Schwein gehabt. Quinn gab einen tiefen Seufzer von sich.
    »Es ist dringend«, sagte er leise. »Quinn ist aus dem Weg geräumt. Die Frau gleichfalls. Und McCrea ist … beseitigt.«
    »Ich will eigentlich von diesen Dingen nichts wissen«, sagte die Stimme.
    »Sie sollten aber«, sagte Quinn, bevor der Mann die Verbindung unterbrechen konnte. »Quinn hat ein Manuskript hinterlassen. Ich hab’s bei mir, hier.«
    »Ein Manuskript?«
    »Ganz recht. Ich weiß nicht, wo er die Details her hatte, wie er draufgekommen ist, aber es steht alles hier. Die fünf Namen, Sie wissen, die Hintermänner. Ich, McCrea, Orsini, Zack, Marchais, Pretorius. Alles. Namen, Daten, Orte. Was passiert ist und warum … und wer …«
    Diesmal schwieg der Mann lange.
    »Bin ich da auch dabei?« fragte er.
    »Ich hab’ ja gesagt, es steht alles da.«
    Er hörte ein schweres Atmen.
    »Wie viele Exemplare?«
    »Nur das eine. Er war in einer Berghütte hoch oben in Vermont. Dort gibt’s keine Kopiergeräte. Ich hab’ das einzige Exemplar hier bei mir.«
    »Verstehe. Wo sind Sie jetzt?«
    »In Washington.«
    »Ich denke, es ist besser, Sie übergeben es mir.«
    »Klar«, sagte Quinn. »Keinerlei Problem. Ich werde darin auch genannt. Ich würd’ es ja vernichten, aber …«
    »Aber was, Mr.   Moss?«
    »Aber ich habe noch Geld zu bekommen.«
    Wieder eine lange Pause. Der Mann am anderen Ende der Leitung schluckte mehrmals.
    »Soviel ich weiß, hat man Sie großzügig honoriert«, sagte er. »Wenn Ihnen darüber hinaus noch etwas zusteht, werden Sie es bekommen.«
    »Ich hab’ eine Menge Dreckarbeit, die nicht vorherzusehen gewesen war, erledigen müssen. Diese drei Typen in Westeuropa, Quinn, die Frau … Das alles hat eine Menge Extra … Extraarbeit verursacht.«
    »Was wollen Sie, Mr.   Moss?«
    »Ich denke, ich sollte noch mal kriegen, was mir ursprünglich angeboten wurde. Und zwar doppelt.«
    Er konnte hören, wie der andere nach Luft schnappte.
    Der Mann lernte zweifellos auf die schmerzliche Tour, daß man am Ende erpreßt werden kann, wenn man sich mit Killern einläßt.
    »Ich muß diese Sache erst besprechen«, sagte der Mann in Georgetown. »Wenn … äh … Papiere vorbereitet werden müssen, wird das Zeit kosten. Tun Sie bitte nichts Unbesonnenes. Ich bin sicher, die Sache läßt sich regeln.«
    »Vierundzwanzig Stunden«, sagte Quinn. »Morgen um die gleiche Zeit ruf’ ich Sie wieder an. Sagen Sie diesen fünf Leuten dort unten, daß die Sache eilig ist. Ich bekomme mein Geld, Sie kriegen das Manuskript. Dann verdufte ich, und Sie sind alle außer Gefahr – für immer.«
    Er legte den Hörer auf und überließ es dem andern, sich schlüssig zu werden, ob er das Geld herausrücken oder eine Katastrophe über sich hereinbrechen lassen sollte.
    Um beweglich zu sein, mietete Quinn ein Motorrad, dann kaufte er sich schwere Stiefel und eine mit Schaffell gefütterte Bomberjacke, um sich gegen die Kälte zu schützen.
    Sein Anruf am folgenden Abend wurde schon beim ersten Klingelton entgegengenommen.
    »Wie sieht’s aus?« sagte er schniefend.
    »Ihre … Bedingungen, obwohl einigermaßen übertrieben, sind akzeptiert worden«, sagte der Eigentümer des Hauses in Georgetown.
    »Sie haben … die
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