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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler
Autoren: Frederick Forsyth
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ostwärts in die M Street und später nach rechts in die 23rd Street einbiegen. Er folgte ihm um den Washington Circle herum und dann weiter südwärts, bis die Limousine nach links in die Constitution Avenue abbog und gleich nach dem Henry Bacon Drive am Straßenrand unter den Bäumen anhielt.
    Quinn riß seine Maschine nach rechts, fuhr über den Bordstein und in eine Gruppe von Büschen, während er zugleich Motor und Lichter abstellte. Er sah, wie die Rücklichter des Cadillac erloschen und der Fahrer ausstieg. Der Mann blickte sich kurz um, beobachtete ein weißes Taxi, dessen Fahrer nach einem Fahrgast Ausschau hielt, bemerkte sonst nichts und machte sich auf den Weg. Statt den Gehsteig entlangzugehen, begann er den Rasen in Richtung auf den Reflecting Pool zu überqueren.
    Außerhalb des Bereiches der Straßenbeleuchtung verschlang die Dunkelheit die Gestalt in dem schwarzen Mantel und mit einem Hut auf dem Kopf. Rechts von Quinn erhellte das Flutlicht, das das Lincoln Memorial bestrahlte, das untere Ende der 23rd Street, aber das Licht erreichte gerade nur das Gras und die Bäume. Quinn konnte auf vierzig Meter aufschließen und behielt den sich vorwärts bewegenden Schatten im Blickfeld.
    Der Mann ging um das westliche Ende des Vietnam Veterans Memorial herum und dann halb links auf die höher gelegene und mit vielen Bäumen bewachsene Stelle zwischen dem Constitution Gardens Lake und dem Reflecting Pool zu.
    Weit links von ihm sah Quinn Licht aus den zwei Biwaks schimmern, wo Veteranen für die Vermißten aus diesem traurigen und fernen Krieg Nachtwache hielten. Sein »Wild« vermied es, zu nahe an diesem einzigen Anzeichen von Leben zu dieser Stunde vorbeizugehen.
    Das Memorial ist eine lange Mauer aus schwarzem Marmor, knöchelhoch an beiden Enden, doch über zwei Meter tief in der Mitte in den Erdboden eingelassen und wie ein sehr flacher Winkel geformt. Quinn überquerte die Mauer an der Stelle, wo sie nur dreißig Zentimeter hoch war, und ging dann in ihrem Schatten in die Hocke, als der Mann vor ihm den Kopf umwandte, als hätte er das Scharren von Schuhsohlen auf Kies gehört. Da sich sein Kopf über dem Niveau der Rasenflächen ringsum befand, sah Quinn, daß der andere die Gegend absuchte, ehe er weiterging.
    Hinter den Wolken kam der Mond als fahle Sichel hervor. In seinem Licht sah Quinn die Marmormauer mit den eingekerbten Namen der 50   000 in Vietnam gefallenen Männer in ihrer ganzen Länge. Er beugte sich kurz vornüber, küßte den eisigen Marmor und überquerte dann die Rasenfläche zu dem Wäldchen aus hochragenden Eichen, wo Bronzestatuen von Kriegsveteranen in Lebensgröße stehen.
    Der Mann in dem schwarzen Mantel blieb stehen und drehte sich wieder um, um das Gelände hinter ihm zu rekognoszieren. Er sah nichts. Das Mondlicht hob die Eichen hervor, entlaubt und starr vor dem Hintergrund des nun fernen Lincoln Memorial in seinen Lichtfluten, und überzog die vier Bronzesoldaten mit funkelndem Glanz.
    Hätte er Bescheid gewußt oder sich mehr dafür interessiert, wäre dem Mann in dem schwarzen Mantel klar gewesen, daß auf dem Sockel nur drei Soldaten stehen. Als er weiterging, wurde der vierte lebendig und folgte ihm.
    Schließlich erreichte der Mann den »gewohnten Treffpunkt«. Auf der Kuppe zwischen dem See in den Constitution Gardens und dem Reflecting Pool steht diskret zwischen Bäumen eine öffentliche Toilette, von einer einzigen Lampe beleuchtet, die zu dieser Stunde noch brannte. Der Mann in dem schwarzen Mantel bezog neben der Lampe Position und wartete. Zwei Minuten später kam Quinn aus dem Schatten der Bäume. Der, Mann sah ihn starr an. Vermutlich erbleichte er, was sich jedoch nicht feststellen ließ, weil das Licht zu schwach war. Aber seine Hände zitterten heftig, was Quinn immerhin sah. Sie starrten einander an. Der Mann vor Quinn kämpfte gegen eine wachsende Panik an.
    »Quinn«, sagte er, »Sie sind doch tot.«
    »Nein«, sagte Quinn. »Moss ist tot. Und McCrea. Und Orsini, Zack, Marchais und Pretorius. Und Simon Cormack – o ja, er ist tot. Und Sie wissen, warum.«
    »Moment, Quinn. Wollen wir als vernünftige Leute miteinander sprechen. Er mußte abtreten. Er war drauf und dran, uns alle ins Verderben zu stürzen. Das müssen Sie doch einsehen.«
    »Simon? Ein Student in Oxford?«
    Die Überraschung des Mannes in dem dunklen Mantel siegte über seine Angst. Er gehörte dem Komitee im Weißen Haus an. Er wußte, wozu Quinn imstande war und daß er selbst
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