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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition)
Autoren: Jeffrey Thomas
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Alternative, als sich hinabzustürzen und zu hoffen, dass der Körper ihres Vaters den tiefen Fall bremsen würde. Der Aufprall brachte sie vermutlich nicht um, auch die Krabben nicht. Aber niemand mochte Schmerzen, nicht einmal die Toten.
    Sie sprang von der Leiter ab und bekam die Unterkante der Öffnung mit beiden Händen zu fassen. Dann stemmte sie sich mit den Füßen gegen die Wand und kämpfte sich hinein. Mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht hievte sie ihren ausgelaugten Körper durch die Luke, kroch auf dem Bauch entlang und benutzte die Ellenbogen, um sich voranzukämpfen. Es war ein horizontal verlaufender Schacht, zu niedrig, um auch nur in die Hocke zu gehen. An den Wänden und der Decke verliefen dünne Metallrohre und durch Klammern gebündelte, mit Gummi ummantelte Kabel. Am anderen Ende des Schachts glomm ein Licht und sie wollte gerade darauf zukriechen, als sie einen grässlichen, trillernden Schrei von unten hörte. In dem Glauben, dass es ihr Vater war, drehte sie sich um und schob den Kopf durch die Luke, um nach dem Rechten zu sehen.
    Es war nicht ihr Vater. Sie sah, dass einige Krabben selbst an der pockennarbigen Wand des senkrechten Schachts Halt fanden und in die seltsamen weißen Kletten hineinbissen. Deren blasebalgähnlichen Körper pumpten schneller und es schien, dass die schrillen, heulenden Schreie – von denen es nun noch mehr gab, da die Leitersprossen von den Krabben überrannt wurden – von den Klettenwesen selbst stammten.
    Die Frau verspürte vages Mitleid mit den gepeinigten Kreaturen, was auch immer sie sein mochten. Doch sie war erleichtert, dass sich mehr und mehr der Krabben durch ihren Hunger von ihnen ablenken ließen. Sie zog sich wieder in den Leitungskanal zurück und verschloss diesmal sorgsam die Luke hinter sich. Nur wenige Augenblicke später hörte sie das leise Scharren der ersten Krabbe, als diese die Öffnung erreichte. Sie bezweifelte zwar, dass die Tiere selbst in großer Zahl in der Lage waren, die Luke zu überwinden, aber sie wollte es nicht darauf ankommen lassen. Auf dem Bauch robbte sie dem fernen Licht entgegen.

4. Die Überreste
    A m Ende des Leitungskanals erreichte sie eine noch geräumigere Kammer. Im selben Moment, in dem sie seufzend aus dem engen Schacht herauskrabbelte und sich aufrichtete, erspähte sie die drei Skelette, die sie bewohnten.
    Der Raum wirkte wie das Innere eines sehr komplexen, riesigen Organs, einer industriellen Gebärmutter. Dicke, von Bügeln gehaltene Rohre waren an der niedrigen Decke montiert, verflochten mit dünneren, biegsamen Leitungen, die sich die Wände hinab und teils sogar über den Boden schlängelten. Es wirkte, als ob ein Gewirr von Baumwurzeln durch das Dach einer Grabkammer gewuchert wäre. Und die Bewohner dieser Grabkammer waren die drei Skelette.
    Eines lehnte in sitzender Position an der gegenüberliegenden Wand. Ein anderes lag auf dem Boden ausgestreckt. Das dritte war vor einem Computerterminal zusammengesackt, zumindest vor etwas, was die Frau dafür hielt. So mochte man sich im 19. Jahrhundert einen Computer vorgestellt haben; mit einem Bildschirm aus dickem, ovalem Glas, einem nietenbesetzten Eisengehäuse, Messingknöpfen an der Seite sowie Hebeln und Schaltern, die aus einer Tastatur herausragten, die einer antiquierten Schreibmaschine nachempfunden war.
    Die Tasten selbst bestanden aus Elfenbein – oder Knochen? Mehr Kabel, als ihr notwendig oder logisch erschienen, waren an Vorder- und Rückseite der klobigen Gerätschaft angeschlossen, manche davon so dick wie ihr Handgelenk. Ein Gummischlauch hatte Flüssigkeit verloren, die vertrockneten Rückstände bildeten eine Kruste um den Riss herum. Der kristallene Bildschirm verbreitete ein bleiches, geisterhaftes Licht wie ein erlöschendes Nachglimmen, das doch nicht ganz verschwinden wollte. Als sie ihren Kopf über die Tasten beugte, nahm sie ein leises, fast unmerkliches statisches Rauschen wahr.
    In unmittelbarer Nähe gab es eine zweite Computerstation, doch dort war die Recheneinheit offenbar entfernt worden. Die Kabel lagen lose auf dem Schreibtisch und der Inhalt des beschädigten Gummischlauchs war an der Tischseite hinunter zu einer getrockneten Pfütze zusammengelaufen.
    Die Skelette trugen identische schwarze Overalls mit Reißverschlüssen und Taschen. Knie und Ellenbogen waren dicker gefüttert; auch über die Brust verlief eine gerippte Polsterung. An den Rückseiten der Overalls prangte eine Öffnung, um den Flügeln Platz
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