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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition)
Autoren: Jeffrey Thomas
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gewesen war. C und D waren ebenfalls tot, doch E brachte die Ansicht einer weiteren Zelle hervor, die bis auf einige weitere Foltergeräte verlassen schien. Sie ging das gesamte Alphabet durch und stellte fest, dass die meisten Kameras in den Zellen inaktiv waren. Die wenigen Aufnahmevorrichtungen, die noch funktionierten, zeigten lediglich unbewohnte Räume. Erst, als sie das U erreichte, fand sie einen Insassen: einen menschlichen Körper in fatalem Zustand, zu einem Netz gespannt, der baumelnde Kopf eingeschlossen in vor Alter grünstichiger Bronze. Ihr Vater.
    Er war U . Demnach …
    Sie drückte die V -Taste und eine Kamera, die sie während ihrer Gefangenschaft nie bemerkt hatte, zeigte ihre eigene Zelle mit den zerborstenen Überresten ihres Steinsargs. Von hier aus waren sie also in der Lage gewesen, ihr einsames Leiden zu überwachen. Doch dies schien seit sehr, sehr langer Zeit niemand mehr getan zu haben.
    »Ich bin also V «, sagte sie laut. Sie lächelte säuerlich. Das war als Name ebenso gut wie jeder andere. Noch dazu war sie nicht sicher, ob sie ihren wahren Namen überhaupt noch herausfinden konnte oder wollte.
    Die Tasten W bis Z waren Nieten: kein Bild. Aber darüber hinaus gab es noch diese Tasten mit eigentümlichen Symbolen, die meisten davon an der rechten Seite angeordnet. Eine davon schien die Umrisse einer Pistole zu zeigen. Sie drückte darauf und hörte sofort ein Keuchen ganz in ihrer Nähe … gefolgt von einem langen, tiefen Stöhnen wie von einem Schläfer, der gerade aus einem bösen Traum erwacht war.

5. Das Gewehr
    D ie Frau, die sich von nun an Vee nannte, wie die englische Aussprache des ihr zugeordneten Buchstabens auf der Tastatur, wich zurück, duckte sich wie zum Sprung und blickte wachsam hin und her. Sie erwartete, dass einer der Dämonen, der doch nicht so tot war, wie es den Anschein gehabt hatte, aufstehen und sich ihr entgegenstellen würde, doch das geschah nicht.
    Einen Augenblick später entdeckte sie den tatsächlichen Urheber des Stöhnens. Sie hatte die Waffe vorher schon gesehen – ein mit zwei Griffen versehenes Ding, das wie eine Art Kurzgewehr aussah, mit klobigem Vorderbau und kurzem Schulterkolben. Es hing über der Computerstation in einer Wandhalterung und sie hatte vorgehabt, es mitzunehmen, wenn es noch funktionierte. Doch ihr war vorher nicht aufgefallen, dass ein rissiges Kabel von dem Gewehr zu einem Anschluss an der Seite des Computers führte. Und ebenfalls hatte sie nicht bemerkt, dass ein lebendiges Auge mit einer roten Iris aus der linken Seite der Waffe hervorlugte, weil es bis zu diesem Moment geschlossen gewesen war.
    Jetzt starrte auch ein Auge aus dem Computermonitor und füllte ihn vollständig aus. Sie sah, dass es sich synchron zu jenem an der Seite des Gewehrs bewegte. Beide Augen blinzelten.
    »Warum haben Sie mich aufgeweckt?«, fragte eine eingerostet klingende Stimme vorwurfsvoll. Sie krächzte, als habe sie sehr lange geschwiegen.
    Vee zögerte und trat dann näher an das aufgehängte Gewehr heran. Als es sie ansprach, fielen ihr zum ersten Mal die Lippen an der linken Seite der Waffe auf, weil sie sich bewegten – ein lebendiges Rosa, das sich vom weißen Rest des Gewehrs deutlich abhob. Sowohl das Auge, das weiter vorne in Richtung des Laufs angebracht war, als auch der rosa Mund weiter hinten, thronten in kreisförmigen Vertiefungen, die wie Buchsen im Material der Waffe wirkten.
    Vee erkannte jetzt, dass die Waffe aus Knochen geformt und nicht richtig weiß, sondern elfenbeinfarben wie die Computertasten war. Furchen zogen sich durch den Knochen wie durch etwas, das organisch gewachsen war, und hier und da fanden sich sogar verschnörkelte, bindegewebige Nahtstellen wie jene, die menschliche Schädelknochen voneinander abgrenzten.
    »Entschuldigung«, antwortete Vee verlegen. Und dann: »Wer bist du?«
    »Ich bin die Waffe, die Sie anschauen. Ich habe eine Seriennummer: J611821.«
    »In Ordnung – aber was bist du? Bist du … jemand wie ich, da drin?«
    Obwohl sie sich kaum an ihr früheres Leben erinnern konnte, fügten sich in ihrem Gedächtnis doch einige Fragmente wieder zusammen, diesmal ausgelöst durch die überraschende Begegnung. Die Bilder, die vor ihrem inneren Auge auftauchten, waren der Grund für die Frage, ob der Sprecher genau wie sie über eine Seele verfügte. Ihr fiel wieder ein, dass Gefangene der Dämonen manchmal gequält wurden, indem ein Stück ihres Körpers entfernt und in irgendein Objekt
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