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Der Treffpunkt

Der Treffpunkt

Titel: Der Treffpunkt
Autoren: Eden Bell
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würde ich einfach mal den Hausmeister fragen. Vielleicht gibt es eine logische Erklärung.“
      „Fred hat keine Ahnung. Der glaubt, dass die Kammer abgeschlossen ist, was ja tagsüber auch stimmt.“
      „Und du behauptest, dass die Tür jeden Abend von einem unbekannten Fremden, der wah rscheinlich aussieht wie Brad Pitt, aufgesperrt wird, damit du dich in dieses sündige Bad begeben kannst. Soll ich dir was sagen? Wenn das stimmt, rede nicht so viel, lass dich einfach von dem Kerl ficken! Wenn du dann ein paar Tage lang krumm und breitbeinig gehst, kauf ich dir die Story ab.“
      „Danke für deinen gutgemeinten Rat, bester Freund“, erwiderte ich sarkastisch.
      Nach Austausch von guten Wünschen für den kommenden Tag legte ich auf. Ich schmunzelte in mich hinein und betrachtete das Rätsel rund um Heaven und das „sündige“ Bad aus einem anderen Blickwinkel. Irritierend war nur die Drohung, die er am Abend zuvor ausgesprochen hatte. Was war dran an dieser Sache?
     
    Eine Stunde später war ich in der Schule und hörte eine Schreckensmeldung. Werner Spes, Schüler der zweiten Klasse der Handelsakademie, war am Morgen im Turnsaal von einem Lehrer gefunden worden, halb verblutet und in Lebensgefahr schwebend. Er hatte überall am Körper Wunden, deren Herkunft noch ungeklärt war. In mir schrillten sämtliche Alarmglocken. Frau Professor Strobl erzählte mir vom instabilen Zustand des armen Opfers. Ich erinnerte mich an Werner. Er war immer ein sehr zurückhaltender, fleißiger Schüler gewesen, sehr interessiert und engagiert. Ich wusste das, weil Frau Professor Dorn die Klassenlehrerin von ihm war. Die Dorn und ich – wir hatten ein sehr inniges Verhältnis, weil wir die gleiche Leidenschaft teilten, die deutsche Sprache. Sie berichtete mir oft von Schularbeiten, Aufsätzen, Hausaufgaben und ihren Schützlingen. Manchmal verbrachte sie Stunden in meiner Bibliothek, um Elfriede Jelinek oder Thomas Mann zu lesen. Sie war eine schrullige Dame im besten Alter, ich mochte sie.
      Die Putzfrau ging an uns vorbei und ich dachte daran, einen Blick auf den Tatort zu werfen. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Wie sehr konnte ich mir selbst und meinen Sinnen trauen?
      „Kann Werner sich an irgendwas erinnern?“
      „Der Junge hat so viel Blut verloren. Er ist noch nicht bei Bewusstsein“, wusste die Dorn zu berichten.
      „Herr … äh Niko, sind Sie der Leiter der Schulbibliothek?“ Ein schneidiger Polizist mit eng sitzender Uniform steuerte auf mich zu.
      „Ja, wie kann ich Ihnen helfen?“
      „Sie waren der letzte, der gestern diese Schule verlassen hat. Können Sie sich daran erinnern, Werner gesehen zu haben? Oder eine andere Person?“
      „Nein, ich habe Werner nicht gesehen. Und auch sonst niemanden.“
      „Wann sind Sie nachhause gegangen?“
      „Das war um halb sechs.“
      „Was haben Sie zuletzt gemacht?“
      „Ich habe an der Datenübertragung gearbeitet. Ich möchte sie vor Weihnachten fertig stellen.“
      „Gut. Ist Ihnen irgendetwas seltsam vorgekommen?“
      Am liebsten hätte ich gebeichtet. Ich fühlte wie schwer mein Herz war. Ich musste die Fassung bewahren, cool bleiben. Ich hatte die laute Vermutung, dass Heaven etwas mit dem schlimmen Zustand von Werner zu tun hatte. Es war die einzig vernünftige Erklärung.
      „Nein, überhaupt nichts. Ich wünschte ich könnte Ihnen helfen.“
      „Schon gut. Wir haben sicher noch einige Fragen und werden uns bei Bedarf an Sie wenden. Vorerst müssen wir nach Spuren am Tatort suchen.“
      Ich schwitzte. Beunruhigt ging ich in die Bücherei und schaltete den PC ein. Der Tag verlief ruhig. Ich half der dritten Klasse der Handelsschule bei der Projektarbeit zum Thema Kino und verbrachte die Mittagspause in der Licht durchfluteten Aula. Ich aß meinen kleinen Gartensalat und betrachtete das turbulente Schneetreiben vor den großen Fenstern.
      Ich empfand großes Mitleid und auch Schuld, was Werner betraf. Vielleicht hätte ich gleich am ersten Abend jemanden alarmieren sollen.
      Fred kam die Treppe vom Obergeschoss herunter und begrüßte mich. Er trug eine Kiste mit Kopierpapier, die er in die EDV-Säle bringen wollte.
      „Ich muss mit dir reden, Fred.“ Ich hörte die Besorgnis in meiner eigenen Stimme.
      „Schieß los!“
      „Es gibt da diesen Gang, der zu einem Bad führt. Genauer gesagt ist es WC, Dusche und Bad in einem. Es gibt kein elektrisches Licht, aber dafür Kerzen. Am
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