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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt
Autoren: Arno Strobel
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Fuß auf die unterste Stufe.
    Nach vier kurzen Treppen mit jeweils etwa zehn Stufen endete ihr Weg vor einer grauen Stahltür. Etwa zwanzig Sekunden und zwei Schlüssel später wurde sie vom Sonnenlicht geblendet, das durch die geöffnete Tür in das Treppenhaus strömte.
    Die Wärme, die sich schmeichelnd um ihren Körper legte, erzeugte ein Wohlgefühl auf ihrer Haut, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht vor Glück aufzuschreien.
    Vor ihr erstreckte sich ein verwilderter Garten, dessen Seiten von Bäumen und Hecken gesäumt waren. Ein Weg aus verwitterten und teils zerbrochenen Waschbetonplatten, zwischen denen Unkraut wucherte, führte bis zu einer etwa einen Meter breiten Lücke in der Hecke auf der gegenüberliegenden Seite. Sibylle drehte sich um. Die Rückseite des dreistöckigen Gebäudes bestand zum Großteil aus Fensterreihen und sah tatsächlich aus wie ein Krankenhaus. Ein Krankenhaus, in dessen Keller sie eingesperrt gewesen war.
    Sie lief los, über den unebenen Plattenweg, und zuckte zweimal zusammen, weil sie auf kleine Steine getreten war.
    Die Straße, die hinter dem Grundstück verlief, kam ihr nicht bekannt vor, aber sie stellte mit großer Erleichterung fest, dass die Autos, die in ihrer unmittelbaren Nähe geparkt waren, Regensburger Kennzeichen hatten.
    Ein älteres Paar kam auf dem Gehweg auf sie zu. Sibylle machte zwei schnelle Schritte zurück in den Garten und stellte sich hinter die Hecke. Während sie darauf wartete, dass die beiden vorbeigingen, überlegte sie, was sie nun tun sollte.
Lukas … Johannes … ich muss einfach nur nach Hause, irgendwie.
Sobald sie sicher sein konnte, dass es ihrem Sohn gutging, würde sie gemeinsam mit ihrem Mann zur Polizei gehen.
    Sie stockte. Bei dem Gedanken an Lukas und Johannes hatte sie wieder dieses seltsame Gefühl, fast wie ein schlechtes Gewissen, so intensiv, dass es ihr ein Ziehen im Bauch verursachte.
Was zum Teufel –
Zumindest in diesem Punkt schien dieser Dr. Muhlhaus recht gehabt zu haben: Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
Mein Kopf …
Aber warum hatte er versucht ihr einzureden, sie hätte keinen Sohn? Wollte er Lukas am Ende vor seiner verrückten Mutter schützen? War sie gefährlich und zu Recht eingesperrt?
    Blödsinn.
Das konnte nicht sein.
    Von einer unverständlich murmelnden Männerstimme wurde Sibylle aus ihren Gedanken gerissen, als das Paar auf der anderen Seite der Hecke an ihr vorbeiging. Sie wartete noch eine Minute, dann traute sie sich wieder auf die Straße. Schnell sah sie sich nach beiden Seiten um. Niemand war zu sehen, sie konnte sich auf den Weg machen.
    Obwohl sie keine Ahnung hatte, wo sie eigentlich war, musste sie den Weg bis nach Hause schaffen, ohne in ihrem Krankenhaushemdchen allzu viel Aufsehen zu erregen. Vielleicht konnte sie jemanden um Hilfe bitten oder um ein Mobiltelefon für einen Anruf zu Hause? Während sie darauf achtete, mit ihren nackten Füßen nicht auf Steine oder Scherben zu treten, warf sie immer wieder einen Blick auf jedes der Häuser und die großzügig angelegten Vorgärten. Die meisten der Gebäudefronten zeigten steinerne Verzierungen um Fenster, Türen und unter den Dächern.
    Nach zwei Minuten erreichte sie eine Kreuzung und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass sie die breite, viel befahrene Querstraße kannte. Es war die Adolf-Schmetzer-Straße, die nach links zum Ostentor führte.
    Nun wusste sie auch, dass sie tatsächlich im Keller eines Krankenhauses gewesen war. Sie war bislang nur zwei- oder dreimal daran vorbeigefahren und noch nie im Inneren des Gebäudes gewesen, aber es war ein Krankenhaus, dessen war sie sich sicher, und sie glaubte auch zu wissen, dass es eine Privatklinik war.
    Bis zu ihr nach Hause waren es etwa vier Kilometer.
    Auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung waren drei Jugendliche auf sie aufmerksam geworden und stehengeblieben. Sie zeigten auf Sibylle und grölten ihr über die Straße irgendetwas Obszönes zu. Das veranlasste weitere Passanten, die fast nackte Frau anzustarren. Manche von ihnen warfen ihr nur einen verwunderten Blick zu und gingen dann schnell weiter, andere blieben stehen und gafften ungeniert. Sibylle fühlte sich so schutzlos wie noch nie zuvor. Sie machte ein paar Schritte rückwärts, bis sie mit dem Rücken gegen eine Wand stieß. Fest drückte sie sich dagegen, presste die Oberschenkel zusammen und versuchte, das kurze Hemdchen zumindest so weit herunterzuziehen, dass der Slip bedeckt war. Die Jugendlichen
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