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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Autoren: Cody Mcfadyen
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den Modegeschäften, die sich auf den Mutter / Tochter-Stil spezialisiert haben. Billiger, jedoch angesagter Schmuck für die Jungen und Alten, Haargummis, Bürsten mit Glitzer.
    Wir betreten das Geschäft, und eine knapp über Zwanzigjährige gibt sich als eine der Verkäuferinnen zu erkennen. Sie begrüßt uns mit patentiertem Einzelhandelslächeln, hilfsbereit und verkaufstüchtig. Ihre Augen weiten sich, als sie meine linke Gesichtshälfte sieht. Das Lächeln gefriert und verschwindet.
    Ich hebe eine Augenbraue. »Ist was?«
    »Nein, ich …« Sie starrt weiter auf meine Narben, verlegen und entsetzt zugleich. Ich habe beinahe Mitgefühl. Ihre Göttin ist die Schönheit, und mein Gesicht muss für sie aussehen, als hätte der Teufel den Sieg davongetragen.
    »Helfen Sie den anderen Mädchen da drüben, Barbara.« Die Stimme ist scharf wie eine Ohrfeige. Ich wende mich um und erblicke eine Frau in den Vierzigern, eine reife Schönheit mit grau meliertem Haar und den verblüffendsten blauen Augen, die ich je gesehen habe. »Barbara!«, sagt sie noch einmal.
    Die junge Verkäuferin erwacht aus ihrer Starre, stößt ein knappes »Ja, Ma’am«, hervor und entfernt sich so schnell, wie ihre perfekt pedikürten Füße sie zu tragen vermögen.
    »Mach dir nichts draus«, sagt die Frau. »Sie hat ein nettes Lächeln, aber nicht viel im Kopf.« Die Stimme klingt freundlich, und ich öffne den Mund zu einer Antwort, als mir klar wird, dass die Frau nicht zu mir, sondern zu Bonnie gesprochen hat.
    Ich schaue auf Bonnie und bemerke, dass ihre Blicke die junge Verkäuferin von hinten durchbohren. Bonnie hat einen Beschützerinstinkt mir gegenüber und ist jetzt stocksauer auf das Mädchen. Dann reagiert Bonnie auf die Stimme der Frau,wendet sich ihr zu und mustert sie mit einem unverhohlen abschätzenden Blick. Die finstere Miene weicht einem scheuen Lächeln. Sie mag die grau melierte Dame.
    »Ich bin Judith, und das hier ist mein kleiner Laden. Womit kann ich den beiden Ladys helfen?«
    Jetzt spricht sie zu mir. Diesmal mustere ich sie abschätzend und kann keine Falschheit entdecken. Ihre Freundlichkeit ist ungezwungen und echt. Sie ist dieser Frau angeboren. Ich weiß selbst nicht, warum ich frage; die Worte kommen über meine Lippen, bevor ich es verhindern kann: »Warum sind Sie nicht so erschrocken wie die junge Verkäuferin, Judith?«
    Judith sieht mich aus ihren klugen, so erstaunlich blauen Augen an und lächelt sanft. »Ach, Kindchen, ich habe erst letztes Jahr den Krebs besiegt. Man hat mir beide Brüste amputieren müssen. Als mein Mann zum ersten Mal das Ergebnis gesehen hat, hat er nicht einmal geblinzelt. Er hat einfach nur gesagt, dass er mich liebt. Schönheit wird hoffnungslos überbewertet.« Sie zwinkert mir zu. »Also, womit kann ich behilflich sein?«
    »Smoky«, stelle ich mich vor. »Smoky Barrett. Und das hier ist Bonnie. Wir wollten uns nur ein wenig umsehen. Sie haben uns bereits sehr geholfen, danke.«
    »Dann wünsche ich viel Vergnügen, und lassen Sie mich wissen, wenn Sie mich brauchen.«
    Ein letztes Lächeln, ein Zwinkern, und weg ist sie. Ihre Freundlichkeit leuchtet ihr nach wie das Glitzern einer Zauberfee.
    Wir verbringen gut zwanzig Minuten in dem Geschäft und beladen uns mit Firlefanz. Die Hälfte werden wir wahrscheinlich niemals benutzen, aber das Einkaufen hat Riesenspaß gemacht. Judith bedient uns an der Kasse, und ich sage: »Wiedersehen«, und wir stolpern mit unserer Beute nach draußen. Vor dem Laden werfe ich einen Blick auf die Uhr.
    »Wir sollten nach Hause, Schatz. Tante Callie kommt in einer Stunde.«
    Bonnie lächelt, nickt und nimmt meine Hand. Wir verlassen die Mall und gehen hinaus in einen perfekten Tag und den kalifornischen Sonnenschein. Es ist, als würden wir eine Postkarte betreten. Ich muss an Judith denken und schaue auf Bonnie hinunter. Sie bemerkt es nicht. Sie scheint frei von Sorgen, so wie ein Kind sein sollte.
    Es ist wirklich ein großartiger Tag. Der beste seit langer, langer Zeit. Vielleicht ist es ein gutes Omen. Ich befreie das Haus von Geistern, und das Leben wird besser. Es gibt mir die Gewissheit, das Richtige zu tun.
    Doch ich weiß, woran ich mich sofort erinnern werde, wenn ich wieder ins Büro zurückkehre: Da draußen lauern Raubtiere. Vergewaltiger, Mörder und Schlimmeres. Sie wandeln unter dem gleichen blauen Himmel wie wir, baden sich in der Wärme der gleichen gelben Sonne, stets auf der Lauer, stets aufmerksam beobachtend, während
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