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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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gesprochen. Das ist noch ein traditionelles Viertel mit ein paar sehr alten Leuten, die sich an alles erinnern. Und, wie gesagt, diese Leute haben mich zum Sterberegister geführt, und von dort zu einem einsamen Grab, auf dem immer frische Blumen stehen. Ein Kinderspiel.«
    »Nun, man wird Sie bestimmt bald befördern, Señor Méndez.«
    »Mich befördert niemand. Außerdem ist der Fall noch nicht abgeschlossen, denn ohne Beweise kann ich den Verdächtigen nicht festnageln, es sei denn, ich versuche es aufs Geratewohl. Meine Vorgesetzten haben mir gesagt, ich solle ihm folgen und alles über ihn herausfinden. Es ist mir gleich, wenn er davon erfährt. Vielleicht ist es sogar besser.«
    »Natürlich wird er davon erfahren. Auf jeden Fall, danke für das Vertrauen.«
    »Dazu gibt es keinen Grund. Ich rede immer in den Kneipen, und die Kneipen sprechen mit mir, und so finde ich Dinge heraus. Aber die guten alten Zeiten sind vorbei, die Leute reden nicht mehr an der Theke, es sei denn über Fußball. Manchmal nicht einmal das. Die ganz jungen Kerle kratzen sich am Sack, die Familienväter rechnen ihre Hypotheken durch, und die Alten stieren in die Glotze. Jedenfalls hat sich einer von den Alten, die sich noch an Omedes erinnern konnten, auch an das Grab erinnert. Das Grab eines Dreijährigen, auf dem immer frische Blumen stehen. Und ich habe es besucht. Sie hätten sehen sollen, was auf dem Stein stand. Ich erzähle es Ihnen, weil es sich um eine öffentlich zugängliche Information handelt. Zumindest solange noch kein Multikonzern die Grabsteine der Friedhöfe privatisiert.«
    »Na dann schießen Sie mal los, Señor Méndez.«
    »Ganz oben stand der Name: Juan Miralles Cuesta. Und darunter: ›Gestorben im Alter von drei Jahren‹. Und darunter, in Großbuchstaben: › WEISE ‹. Stellen Sie sich das mal vor, Herr Frührentner, weise, im Alter von drei. Das soll einer verstehen.«
    Méndez trank seinen Schnaps aus – gewiss hatte man ihn zu Fuß aus Galicien auf der Route der romanischen Kirchen bis hierher transportiert – und fuhr fort: »Wenn Omedes also an dem Überfall, bei dem ein dreijähriges Kind starb, beteiligt war, haben wir das Motiv – Rache. Und der Rächer ist der Vater, ein gewisser Miralles. Denn die Jahre mögen vergehen, aber der Hass bleibt. Und sticht. Ich muss diesen Miralles verfolgen. Aber nicht nur ihn. Ich lasse nicht locker, bis ich ihn habe, auch ohne Dienstanweisung.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Dieser blutige Überfall wurde von zwei Leuten begangen. Also gibt es noch einen Komplizen.«

7
    Von dem Zimmer aus, das auf einen schmalen Innenhof hinausging, konnte man nur eine weiße Wand und ein paar Rohrleitungen erkennen. Ein Stuhl, ein Tisch mit Papieren, ein Radio, ein Regal mit Büchern, ein stets ausgeschaltetes Heizöfchen und vier gerahmte Fotografien. Von den vier Fotos zeigten drei einen kleinen Jungen: ein Junge, der mit einem Jahr zu laufen anfängt, ein Junge, der zum ersten Mal auf ein Kinderfahrrad klettert, ein Junge, der etwas auf eine Tafel kritzelt und sich dabei kaputtlacht.
    Das letzte Foto zeigte einen Mann, nicht mehr jung, aber ein Personalchef würde sagen, im leistungsfähigen Alter. Er trug die Uniform eines Security-Mannes, eine tadellos gebundene Krawatte, eine ordentlich sitzende Mütze, und er trug ein Halfter, Handschellen und eine Pistole.
    Als sich die Zimmertür öffnete, wanderte der Blick zu den Fotografien. Auf dem perfekten Foto trug der uniformierte Mann einen 38-er Star-Revolver am Gürtel. Die Hände mit den Handschuhen trugen eine andere Pistole, eine Tokarev, auf der man nicht die geringste Spur finden würde. Es handelte sich nicht um eine gewöhnliche Dienstwaffe, doch sie hatte dasselbe Kaliber. Die Hände nahmen das Magazin heraus, und die Augen sahen, dass noch drei Kugeln übrig waren.
    Mit einem leisen Schnappen wurde das Magazin wieder eingelegt. Dann öffneten die Hände das einzige Fenster – von dem aus man auf eine weiße Wand und Rohrleitungen blickte – und hoben die rechte Seite des in zwei gleich große Hälften geteilten, sauber gestrichenen Fensterbretts an. Darunter befand sich ein Hohlraum, eine Plastiktüte lag darin. Die Hände packten die Pistole ein und schoben sie in die maßgefertigte Öffnung. Dann legten sie das Stück Holz wieder an seinen Platz, kein Spalt war zu sehen. Fenster zu, und alles war in bester Ordnung.
    Drei Kugeln. Es waren einmal vier gewesen, eine hatte einem Mann namens Omedes den Nacken
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