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Der Tod steht ins Haus

Der Tod steht ins Haus

Titel: Der Tod steht ins Haus
Autoren: Carter Brown
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Mikes
Gesicht gewichen, es schien nur noch eine bleiche schwammige Maske zu sein. Die
Hände sackten ihm herab, und sein Körper begann sich langsam vorwärts zu
neigen. Eddie stemmte ihm die flache Hand entgegen und drückte ihn seitwärts
weg, so daß er an ihm vorbei zu Boden fiel.
    Danach war sekundenlang nur
Eddies rauher, keuchender Atem zu hören, während er, den Kopf in die Hände
gestützt, an der Bartheke lehnte.
    »Wissen Sie«, sagte Dolores mit
zitternder Stimme, »im Augenblick hätte ich nichts dagegen, wenn man mich ins
Gefängnis stecken würde. Es wäre bestimmt sicherer dort.«
    »Ich würde mich Ihnen
anschließen«, erwiderte ich. »Eine Erholungspause in einer hübsch
verschlossenen Zelle könnte mich momentan mehr reizen als eine Woche in
Waikiki.«
    Eddie hob langsam den Kopf und
blickte mich so ausdruckslos an, als hätte er mich noch niemals gesehen. Dann
senkte er den Blick und beugte sich hinunter, bis sein Kopf völlig hinter der
Bartheke verschwand. Es schien mir eine kleine Ewigkeit, bis er wieder zum
Vorschein kam.
    »Er ist tot«, sagte er mit
brüchiger Stimme. »Ich muß wohl ein bißchen zu stark zugeschlagen haben.«
    »Sind Sie sicher?« fragte Sam
ängstlich.
    »Seine Schädeldecke ist Brei«,
erwiderte Eddie eisig, »mit kleinen Knochenstückchen drin. Überzeugt Sie das?«
    »Natürlich«, sagte Sam. »Ich
dachte nur...«
    »Sie müssen heute nacht
überhaupt eine Menge nachgedacht haben«, fauchte Eddie. »Die ganze Zeit haben
Sie doch nur hier herumgestanden und nichts anderes getan. Auf wessen Seite
waren Sie übrigens?«
    »Ich... Ich habe es schon Mavis
zu erklären versucht.« Sams Gesicht war krebsrot vor Verlegenheit. »Ich kann
mich einfach nicht zum Handeln zwingen — physische Gewalt lähmt mich. Ich
erstarre auf der Stelle, kann keinen Muskel rühren, sosehr ich mich auch
bemühe... Ich...«
    »Darüber würde ich mir keine
allzu großen Sorgen machen«, unterbrach Eddie ihn schroff. »Es gibt viele
Männer, die keinen Mumm in den Knochen haben.«
    Sam kniff die Lippen zusammen.
»Ich glaube, ich sollte jetzt die Polizei benachrichtigen«, sagte er hölzern.
    »Das wollten Sie doch die ganze
Zeit schon tun«, sagte Eddie. »Ich halte das für eine großartige Idee bevor wir
unserer Kollektion noch ein paar Leichen zufügen.«
    Sam ging zum Telefon und hob
den Hörer ab. Ich trat an die Bar und legte die Pistole auf die Theke.
    »Hebst du die bitte für mich
auf, Eddie?« sagte ich. »Es macht mich ganz nervös, so ein Ding in der Hand zu
halten.«
    »Du warst ganz große Klasse,
Mavis«, sagte er mit warm vibrierender Stimme, die mir eine Gänsehaut über den
Rücken jagte. »Wenn du nicht auf die Flasche geschossen hättest, wäre ich jetzt
tot.«
    »Eigentlich wollte ich ja Mike
English treffen«, gestand ich, »aber es hat auch so geklappt, nicht wahr?«
    »Einfach großartig«, sagte er.
    Dolores stellte sich neben
mich. »Ich weiß zwar nicht, was ihr davon haltet«, sagte sie entschlossen,
»aber ich brauche jetzt unbedingt einen Drink.«
    »Sie haben recht«, sagte Eddie.
»Wo steht noch eine heile Flasche?«
    Es klickte, als Sam den Hörer
auflegte. Er schaute mit derartigem Armsünderblick zu uns herüber, daß ich vor
Mitleid dahinschmolz.
    »Leutnant Gerassi hält mich
zwar für restlos übergeschnappt«, sagte er ausdruckslos, »aber er will trotzdem
für alle Fälle in fünfzehn Minuten hier sein.«
    »Ich bin gleich wieder da«,
sagte ich zu Eddie. Dann ging ich zu Sam hinüber und drückte ihm sanft den Arm.
    »Ich weiß selbst nicht, was das
ist«, stieß er in hilflosem Zorn hervor. »Aber ich kann nicht dagegen an. Sie
haben ja gehört, was Howard gerade gesagt hat — er hält mich für einen
ausgemachten Feigling, und vielleicht hat er sogar recht. Aber...«
    »Sam«, sagte ich sanft, »wissen
Sie, wo das Problem bei Ihnen liegt?«
    »Natürlich«, brummte er erregt,
»ich bin ein Feigling.«
    »Unsinn«, widersprach ich. »Sie
sind lediglich ein netter, anständiger Kerl, der zwischen ein paar Ganoven und
Mörder geraten ist, das ist alles. Es gibt Hunderte und Tausende von Männern,
die ganz genauso reagieren würden. Gute redliche Staatsbürger...«
    »Mavis!« unterbrach er mich mit
fast drohendem Unterton, »hören Sie auf und lassen Sie mich in Ruhe! Sie wissen
nicht, was Sie sagen!« Er riß sich von mir los, ging zum Fenster hinüber und
starrte mit vorgebeugten Schultern, die Hände tief in den Hosentaschen
vergraben, in die
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