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Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester
Autoren: Diane Chamberlain
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übernehmen.”
    Sie seufzte nachdenklich auf. “Vermutlich musst du das”, sagte sie. “Hast du mit Lucy darüber gesprochen?”
    “Noch nicht”, erwiderte ich. Ich hatte meine Schwester gerade anrufen wollen, als Shannon gekommen war. Ich musste mit jemandem sprechen, der meine Gefühle verstand.
    Shannon erhob sich. “Nun”, sagte sie etwas unbehaglich, “ich muss zurück zum Laden. Ich wollte dir nur sagen … du weißt schon, dass ich zu Dad ziehe. Tut mir leid wegen des blöden Zeitpunkts und dass daraus so eine große Sache wurde wie dieser Streit.”
    Ich nickte. “Wann wirst du gehen?”
    “In ein paar Tagen. Ist das okay?” Sie wollte unbedingt meinen Segen.
    “Okay.” Was sonst konnte ich schon sagen?
    Sie reichte mir die leere Coke-Dose. “Könntest du die bitte in den Recycling-Müll geben?”, bat sie.
    Ich nahm die Dose und hielt sie zusammen mit dem Brief in meinem Schoß. “Viel Spaß bei der Arbeit”, wünschte ich.
    “Danke.” Sie sprang die Verandastufen mit einer Leichtfüßigkeit hinab, wie man sie nur von Jugendlichen kennt.
    “Shannon?”, rief ich, als sie den Weg zur Straße hinunterging.
    “Was?” Sie machte sich nicht einmal die Mühe, sich umzudrehen.
    “Wenn du mit Nana sprichst, erzähl ihr bitte nichts von dem hier.” Nach einem ungeschriebenen Gesetz in unserer Familie durfte niemand mit meiner Mutter über den Sommer 1962 reden.
    “Werde ich nicht”, versprach sie und winkte zum Abschied.
    Ich stand mit dem Brief und der Dose in meinen Händen auf und ging ins Haus, um meine Schwester anzurufen.

3. KAPITEL
    L
ucy
    Gerade als ich auf dem McDonald’s-Parkplatz in Garwood aus dem Wagen stieg, klingelte mein Handy. Auf dem Display sah ich, dass es Julie war, und ging ran. Kaum hatte ich ein “Hallo, Schwesterherz” über die Lippen gebracht, erzählte sie mir auch schon von dem Gespräch, das sie mit Ethan Chapmans Tochter geführt hatte. Ich lehnte mich an den Wagen, während ich ihr zuhörte, und versuchte erfolglos, ein zusammenhängendes Bild von Ethan und Ned heraufzubeschwören. An Ned hatte ich kaum eine Erinnerung, und Ethan war zwölf und irgendwie verschwommen. Der Grund, warum seine Tochter vor Julies Tür aufgetaucht war, gefiel mir kein bisschen.
    “Weißt du was, Julie?”, sagte ich, nachdem sie ihren Bericht beendet hatte.
    “Was?”
    “Ich gebe zu, dass diese ganze Sache beunruhigend ist”, sagte ich. “Doch ich finde, Ethan Chapmans Tochter sollte das Geheimnis allein lösen und dich aus der Sache heraushalten. Du kannst das wirklich nicht gebrauchen.”
    “Das sagte Shannon auch.”
    “Ich habe eben eine sehr kluge Nichte”, bemerkte ich grinsend.
    Julie schwieg.
    “Was denkst du?” Ich holte die Sonnenbrille aus meiner Schultertasche und setzte sie auf. Wer wusste schon, wie lange ich noch hier draußen stand und mit ihr sprach? Ich konnte während des Gesprächs nicht ins McDonald’s gehen: Meine Mutter arbeitete dort.
    “Wenn George Lewis es nicht getan hat”, sagte Julie, “kann ich mich nicht einfach zurücklehnen und die Welt glauben lassen, dass er es getan hat.”
    “Doch, das kannst du”, erwiderte ich, obwohl mein Gerechtigkeitssinn womöglich noch stärker war als Julies. “Lass doch Ethans Tochter den Brief zur Polizei bringen. Wenn sie das tut, sehe ich keinen Grund, warum du überhaupt mit hineingezogen werden solltest.” Ich war selbst überrascht, wie viel Zorn in mir aufwallte. Meine kreative, sensible Schwester hatte sowieso schon Schwierigkeiten, Shannon – Isabels Ebenbild – aus ihrer Obhut zu geben und aufs College gehen zu lassen. Ich wollte nicht, dass ihr Stress noch verstärkt wurde, und war ärgerlich auf Abby Chapman, dass sie sie in etwas hineinzog, das sie eigentlich nichts anging.
    “Das ist der Punkt”, sagte Julie. “Ich glaube nicht, dass sie irgendetwas unternimmt ohne seine Zustimmung. Ich muss mit ihm sprechen. Ich sitze in der Klemme.”
    Ich wusste, dass sie ihren Entschluss bereits gefasst hatte. “Okay”, gab ich nach. “Wenn du es tun musst, dann tu’s.”
    Ein paar Kinder liefen an mir vorbei, und ihr lautes Gelächter klang mir im Ohr.
    “Wo bist du?”, fragte Julie.
    “Ich bin auf dem Parkplatz vom McDonald’s.”
    “Erzähl Mom nichts von der Sache.”
    “Glaubst du, ich bin verrückt?” Die Warnung wäre nicht nötig gewesen.
    “Und ich habe heute noch weitere gute Neuigkeiten erhalten.” Julies Stimme troff fast vor Sarkasmus.
    “Und zwar?”, fragte
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