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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet
Autoren: Jean G. Goodhind
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Becherglas, das auf seinem Nachttischchen stand. Es war drei Uhr nachmittags. Kurz nach dem Mittagessen war er in London aufgebrochen, und die Reise hatte ihn ungefähr anderthalb Stunden gekostet. Das Mittagessen hatte er in einem italienischen Restaurant gleich um die Ecke vom Bahnhof eingenommen. Er hatte nicht sonderlich viel gegessen, aber schon drei Glas Whisky und eine Flasche Rotwein und einen kleinen Drambuie intus.
    Auch die Flasche Glenmorangie, die er mitgebracht hatte, war nur noch zu zwei Dritteln voll.
    Macht nichts, dachte er, während er lächelnd auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit schaute. Da waren ja immer noch die Flaschen im Hotelkühlschrank. Das Hotel verließ sich auf die Ehrlichkeit seiner Gäste. Man musste aufschreiben, was man getrunken hatte. Bei dem Gedanken musste er grinsen. Wer zum Teufel war blöd genug, so was zuzugeben? Er bestimmt nicht.
    C. A. Wright war darauf spezialisiert, Kritiken für den Reiseteil einer überregionalen Zeitung zu schreiben, und es gehörte zu seinen Aufgaben, über Hotels, Restaurants und Sehenswürdigkeiten in bestimmten Gegenden zu berichten.
    Das kleine Hotel am Laura Place war ein Juwel, und jeder ehrliche Mensch hätte es in den höchsten Tönen gepriesen. Aber C. A. Wright war kein ehrlicher Mensch. Und besonders nett war er auch nicht. Sogar seine Mutter bezeichnete ihn als Scheißkerl.
    Aber solche Worte prallten einfach an ihm ab. Er verdiente schließlich seinen Lebensunterhalt mit Worten, und es war einfach nicht seine Art, Lobeshymnen auf kleine Hotels zu verfassen, die von liebevollen, hart arbeitenden Ehepaaren geführt wurden. Wright wusste, wo sein Vorteil lag. Sein voller Name lautete Colin Alan Wright. Aber als Journalist wollte er lieber nur mit den Initialen bekannt werden. Manche Leute belegten ihn allerdings auch mit ganz anderen Namen. Doch das berührte ihn nicht. Er mochte es sogar, wenn man ihn beschimpfte. Das gefiel ihm besser, als wenn ihn alle von Herzen geliebt hätten. Wright hat immer recht. Das war sein Motto.
    C. A . Wright schrieb seine Kritiken, wie es ihm passte, und selten im nüchternen Zustand. Selbst die wahrheitsgemäßeren Berichte verfasste er stets in Gesellschaft einer Flasche Whisky und eines dickwandigen Glases.
    Bei einigen Kritiken veränderte er die Einzelheiten ein wenig, je nach dem, für wen er schrieb und wie sein Schmiergeld aussah. Große Hotels zahlten ihm dafür, dass er sie lobte. Kleine nicht.
    Obwohl das Schreiben über Reisen und Hotels seine Haupteinnahmequelle war, verfasste er auch Artikel über andere Dienstleistungen.
    Der Tonfall seiner Texte sollte den Eindruck erwecken, er befände sich auf einer Art Kreuzzug für den Verbraucher. Die Wahrheit sah ganz anders aus. Er liebte seinen Beruf. Er liebte es, zu manipulieren, zu schmeicheln, für sich so viel Vergnügen wie irgend möglich aus jedem Auftrag herauszuholen.Manchmal war er beinahe so weit, sich selbst einzugestehen, dass ihm die Macht des Kritikers so zusagte, dass er vielleicht sogar in Erwägung ziehen könnte, die Artikel auch umsonst zu schreiben – nicht, dass er das je tun würde. Alles hatte seine Grenzen.
    Er mochte es, wie die Besitzer der kleinen Hotels stramme Haltung annahmen, wenn er in die Rolle des schwierigen Gastes schlüpfte. Noch mehr mochte er es, wenn er ihnen enthüllte, wer er war. Manche taten dann alles, um eine gute Kritik zu bekommen. Dagegen hatte er nichts einzuwenden, und er ließ sie wissen, dass er Angeboten aufgeschlossen gegenüberstand. Er nahm, was er kriegen konnte.
    Das Problem war, dass er bei seiner Arbeit eine gewisse Balance einhalten, das heißt, die schlechten Kritiken mit guten aufwiegen musste. Er konnte ja nicht über alle Hotels schlecht schreiben. Und dann gab es ein paar offensichtliche Ausnahmen.
    Nie im Leben würde er es wagen, über ein Hotel herzuziehen, das zu einer der großen Ketten gehörte. Große Hotelketten waren sein Brotverdienst. Nachdem sie eine wohlwollende Kritik gelesen hatten, schickten ihm die meisten einen Scheck in einem braunen Umschlag. Manchmal luden sie ihn zu einem Mittagessen mit dem Hotelmanager ein. Bei derlei Gelegenheiten enthielt der braune Briefumschlag dann Bargeld. Die großen Ketten hatten für derlei Zahlungen eine schwarze Kasse, und weil er das wusste, tat er alles, was in seinen Möglichkeiten stand, um nett zu ihnen zu sein.
    In letzter Zeit war er jedoch ein wenig zu nett und zuckersüß gewesen, was wahrscheinlich daran lag, dass er
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