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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers
Autoren: Horst Biernath
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sie wahnsinnig geworden sei.«
    Ich sah im Winkel des Auges, daß Hansi sich aus ihrer gekrümmten Haltung aufrichtete und sich halb zu mir drehte.
    »Und daraus willst du schließen, daß es Sofie war, die Manueli erschossen hat?« fragte sie, als schäme sie sich, diesen ungeheuerlichen Verdacht auszusprechen.
    »Wer sonst sollte Manueli getötet haben?« rief ich heftig. »Wenn dein Vater und deine Mutter ihn nicht erschossen haben, dann bleibt niemand anderer als Sofie übrig!«
    »Sei mir nicht böse, Paul«, murmelte sie verzagt, »aber ich glaube wirklich, daß du ein ganz klein wenig verrückt bist. Wie soll Sofie Manueli erschossen haben, wenn ich sie im Haus fand, als Vimmy sich auf den Weg nach Achenreuth machte?«
    »Du vergißt, daß der Zeitpunkt von Manuelis Tod niemals mit absoluter Genauigkeit festgestellt worden ist. Denn als man ihn auffand, waren seit der Tat mehrere Stunden vergangen. Der Gerichtsarzt konnte nur erklären, daß sein Tod zwischen zehn Uhr abends und Mitternacht eingetreten sein müsse. Als deine Mutter ihn entdeckte, war er bereits tot! Und jetzt will ich dir auch sagen, weshalb sie überhaupt nach Achenreuht gefahren ist. Sie vermißte nämlich die Pistole im Schreibtisch deines Vaters und bildete sich ein, er hätte sie mitgenommen, um Manueli zu erschießen. Und als sie Manueli dann tatsächlich erschossen auffand, da war ihr klar, daß niemand anderer als dein Vater ihn erschossen haben konnte. Das ist der Grund, weshalb sie gestern vor dem Staatsanwalt in Altenbrück ein Geständnis abgelegt hat, sie hätte Manueli getötet. Sie tat es, um deinen Vater zu schützen. Und dein Vater, der die Nachricht von Manuelis Tod in der Klinik erfuhr, lebte tagelang in dem Wahn, nur deine Mutter könne die Tat vollbracht haben — und stellte sich vor sie. Er diktierte mir gestern ein Geständnis, das ich auf seinen Wunsch noch am Abend Kriminalrat Wildermuth übergab. Vor dem lagen nun zwei Geständnisse, von denen jedes einzelne durchaus glaubwürdig erschien. Wildermuth aber stand vor der Frage, welches von beiden das richtige sei. Und zwischen Ernst und Scherz warf er vier Möglichkeiten ins Gespräch: beide konnten die Tat gemeinsam begangen haben, oder jeder von ihnen für sich oder keiner von beiden!«
    Hansi hatte mir atemlos zugehört, aber ich hatte das Gefühl, sie hätte mich noch immer nicht ganz verstanden oder es wäre mir nicht gelungen, sie restlos zu überzeugen.
    »Wenn du mir jetzt allerdings erklärst«, sagte ich ein wenig ungeduldig, »daß du vom Einbruch der Dunkelheit bis zu dem Augenblick, als deine Mutter Pertach verließ, mit Sofie in der Küche oder in irgendeinem andern Raum des Hauses zusammengewesen bist, dann bricht mein Verdacht natürlich zusammen und du hast das Recht, mich für verrückt zu halten!«
    »Oh, Paul, bitte verzeih mir... Ich habe es nicht so gemeint. Ich kann es nur nicht fassen, was du mir erzählt hast. Und ich finde es schrecklich, daß du mich so völlig ahnungslos gelassen hast. Daß Vimmy den Mord eingestanden hat — und Paps auch... Mein Gott!«
    Sie schlug die Hände vor das Gesicht und ließ die Schultern sinken, als würde sie von Zentnerlasten niedergedrückt.
    Ich zog sie empor und legte den Arm tröstend um ihre Schultern.
    »Nicht weinen, mein Herz. Du mußt dich jetzt zusammennehmen. Es hängt viel davon ab, was du mir auf meine Frage antworten wirst.«
    Ich nahm mein Taschentuch und trocknete ihre Augen und die feinen Schweißperlen, die auf ihrer Stirn standen.
    »Erzähl es mir ganz genau: Was geschah an jenem Abend?«
    »Paps verließ das Haus, nachdem es zwischen ihm und Vimmy ziemlich laut hergegangen war. Du weißt ja, wie er aufbrausen kann. Aber dieses Mal war er zorniger und heftiger als sonst. Er schrie, daß er den Kerl totschießen würde wie einen tollen Hund und daß er es überhaupt nicht verstände, weshalb Vimmy ihm diese Arbeit nicht abgenommen und den Kerl niedergeknallt hätte, als er den Fuß über die Schwelle des Hauses setzte.«
    »So ungefähr habe ich es mir vorgestellt.«
    »Wir haben kein Abendbrot gegessen. Vimmy war in ihrem Zimmer. Sofie hielt sich in der Küche oder in ihrer Kammer auf. Und ich lag im Bett und habe in die Kissen geheult, bis ich hörte, daß Vimmy den alten Wagen anließ. Die Batterie ist schon ziemlich schwach, und wenn der Motor kalt ist, dann muß man lange orgeln, bis er anspringt. Dieses Geräusch habe ich gehört.«
    »Sonst nichts? Nicht, daß jemand im Arbeitszimmer
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