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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen
Autoren: Svende Merian
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Angebot macht: nachts halb zwölf einen Tee... dann hat der mit großer Wahrscheinlichkeit auch das Klischee in der Birne: Wenn Mann und Frau die Nacht in einem Bett verbringen, dann muß «es» auch passieren. Wenn er mich offen gefragt hätte, hätte ich vielleicht gesagt: Ich habe Lust, mit dir in einem Bett zu liegen, aber ich hab keine Lust, mit dir zu schlafen. — Aber wenn die Kommunikation so verklemmt über Tee und ähnliches laufen muß, dann weiß ich nicht, woher plötzlich im Bett die Vertrautheit kommen soll, daß man wirklich schön miteinander schlafen kann.
    Ich gehe nach Hause. Als ich alleine im Bett liege, wird mir bewußt, daß ich ja auch öfter mal was für eine Nacht haben könnte. Das wäre ganz einfach gewesen heute. Und ich fand ihn wirklich nett! Aber es ist nicht das, was ich will. Es ist wirklich nicht das, was ich will! — Als ich das Brigitte erzähle, lacht sie sich halbtot über den «Tee».
    «Ja. So was kenn ich auch von früher. Aber irgendwann wird das dann auch fade. Schon die Mühe, sich am nächsten Morgen mit verquollenen Augen aus einem fremden Bett hochzuquälen und in seine Sachen zu steigen. Mehr bleibt da doch wirklich nicht von über. Und in meiner Jungmädchenzeit hab ich dann natürlich auch immer gedacht, daß da mehr bei rauskommt als dieser eine Abend. Und die Typen haben dann auch noch die Unverschämtheit besessen, nach meiner Telefonnummer zu fragen. , und dann haben die natürlich nicht angerufen. Die ersten Male hab ich mich dann gewundert. Hab gedacht: das ist ja komisch! Bis ich geschnallt hab: das läuft so! Meine Freundin hat das auch grad neulich gesagt: Was willst du da eigentlich in so ’m fremden Bett. Du hast zu Hause dein eignes. Schön warm. Und du mußt morgen sowieso früh raus. Was willst du denn von dem Typen. Die macht das jetzt auch nicht mehr.»
    Brigitte und ich lachen. Ich bin nicht die einzige Frau, die keinen Bock mehr auf one-night-shows hat. Die das fade findet. Fade! Fade ist der richtige Ausdruck. Aber dieser Ausdruck zeigt auch, daß andere Frauen das auch zur Genüge mitgemacht haben. Daß die auch wissen, wovon sie reden. Neulich hat mal eine Frau zu mir gesagt: «Ich bin inzwischen auch so weit, daß ich nicht mit einem Mann ins Bett gehe, wenn ich vorher absehen kann, daß es langweilig wird.» Langweilig! Langweilig und fade. Es ist wirklich interessanter, mit einem guten Buch im eigenen Bett zu liegen. Ich habe wirklich mehr davon, mir abends noch ’n schönen Kakao zu kochen und ein Märchen zu lesen, als mit einem Typen zu schlafen, mit dem ich am nächsten Tag nicht mehr viel zu tun habe. Auf dem nächsten Termin sagt man sich dann ganz locker verkrampft: «Hallo!» Es ist ja nichts Besonderes, eine Nacht miteinander verbracht zu haben. Fade und langweilig. Diese Worte zeigen doch, daß andere Frauen das auch länger mitgemacht haben, als sie eigentlich wollten. Das heißt doch, daß die sich auch was anderes davon erhofft haben. Auch wenn es «klar» war, daß es nur für eine Nacht war. Ich habe auch keinen Bock mehr, mit einem Typen ins Bett zu gehen, mit dem ich mich «mal gut unterhalten» habe. Mir reicht das nicht. Ich möchte menschliche Wärme und echte Zuneigung spüren. Auch am Morgen danach noch. Es kann immer mal sein, daß so was dann doch nicht länger dauert. Sicher. Das kann immer mal sein. Aber diese Dinger, die von vornherein auf eine Nacht gebucht sind... «Es ist doch nichts Besonderes...» Nein danke! — Ich koche mir noch einen Kakao, putze Zähne und gehe ins Bett. In mein eigenes. Als ich am nächsten Morgen aus meinem Zimmer komme, läuft Jan ganz geschäftig auf dem Flur rum. Warum ist er denn am frühen Morgen schon so emsig? Und was guckt er mich so böse an?
    «Warum stinkt es denn hier so?» frage ich.
    «Ja, guck mal in die Küche», kriege ich zur Antwort. Oh! Da stehen ja die Reste von meinem Kakao. Der ganze Herd ist heiß, und den Topf können wir wohl wegschmeißen. Muß ich müde gewesen sein gestern abend ! Ich hätte mich wirklich auf keine Briefmarkensammlung mehr konzentrieren können.

    1. Mai. Demo. Ich habe unheimlich gute Laune. Kurz vor der Abschlußkundgebung ertönt vom Lautsprecherwagen Musik von den «bots». Gleich hinter dem Lautsprecherwagen geht der Frauenblock. Wir tanzen mit einer Schlange von zehn Frauen nach vorne, und plötzlich kommt uns die Idee, den Bullenwagen einzukreisen, der ganz vorne langsam fährt. Die Musik ist dufte, wir haben
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