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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen
Autoren: Svende Merian
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ich Arne kennenlernte. Aber er richtete sich nicht in jugendlicher Schönheit wieder auf. Er ging immer mehr in Verwesung über. Er war tot, und er blieb tot. Aber er war doch meine einzige Hoffnung gewesen. Immer wenn ich unter der «Sinnlosigkeit» meines Lebens gelitten habe, hatte ich die Perspektive vor Augen: Eines Tages wird er kommen. Und die Zeit bis dahin gilt es nur zu überbrücken. Die Hoffnung auf den Märchenprinzen war der Boden, auf dem ich jahrelang gewandelt bin. Auf einem zerfallenden Kadaver werden die Schritte wacklig. Der Boden brach mir unter den Füßen weg.

    abgründe
    tun sich auf. ich falle

    zu neuen höhen.

    Der Boden, auf dem ich jetzt die ersten Schritte mache, ist neu und ungewohnt. Ich begehe ihn barfuß. Habe die passenden Schuhe noch nicht gefunden. Überall liegen spitze Steine, und ich muß aufpassen, wo ich hintrete.
    Aber er ist fest. Unheimlich fest. Kein bißchen schwankend. Ich habe Halt. Stehe wirklich mit meinen eigenen Füßen auf dem Boden. Brauche den Märchenprinzen mit seinem Pferd nicht mehr.
    Wenn da mal wieder einer ankommt, zu Fuß, und zufällig in die gleiche Richtung will wie ich, dann können wir ja vielleicht zusammen gehen. Aber ich werde nicht mehr stehenbleiben, um auf einen zu warten. Ich gehe meinen Weg.

meine mauern
    schützen
    vor dem kalten
    wind, sind
    fest und brüchig und

    hauchdünn, staub nur
    in deinen erstaunten
    händen.

Was ist da eigentlich passiert im letzten halben Jahr? In den ersten Monaten habe ich alle meine Kraft darauf verwandt zurückzuschlagen, damit er sieht, daß ich mir das nicht gefallen lasse, wie er mich behandelt. Erst als ich mir und ihm das gezeigt hatte, konnte ich meine Gedanken darauf ver(sch)wenden, wie sein Verhalten wohl zustande kommt. Wie frau ihn wohl am sinnvollsten dabei unterstützen könnte, sich mit sich selber auseinanderzusetzen. Habe gedacht, daß das mein folgenschwerster Fehler war, daß ich seine Ausgangsbedingungen zu wenig im Auge hatte. Es reicht scheinbar nicht, wenn er zum wiederholtenmal von einer Frau zu hören kriegt, daß seine Unzuverlässigkeit menschenverachtend ist. Daß seine Unoffenheit jede Beziehung tötet. Daß seine Probleme nicht weg sind, wenn er sie erst mal in der großen schwarzen Kiste verstaut hat. Daß er sie dadurch nur besser verpackt mit sich herumschleppt. Daß die Kiste ihm selber auf den Schultern drückt. Auch wenn er selber mit markiger Handbewegung abwehrt und behauptet, sie sei ganz leicht zu tragen. Ganz offensichtlich reicht es nicht, wenn ihm sein Verhalten immer wieder vor Augen geführt wird. Er findet keinen Zugang, sich damit auseinanderzusetzen. Wie kann ich ihm dabei helfen, den Zugang zu finden?
    In diese Phase meines Verständnisses hinein kam dann meine Verunsicherung. Selbst wenn Arne wieder mit mir Zusammensein wollte: was könnte mir diese Beziehung denn geben? Ich habe es doch selbst gesehen, als er noch wollte. Ich habe es doch selbst gesehen, wie wenig er in der Lage ist, auf mich einzugehen. Selbst bei gutem Willen. Er ist gar nicht in der Lage, sich mit einem anderen Menschen so auseinanderzusetzen, daß eine intensive Beziehung daraus werden kann. Mit Arne ist eine Beziehung möglich, wie ich sie früher hatte: zum Ausquatschen ist die Freundin da. Körperliche Nähe zwischen Frau und Mann. Verbale Nähe nur zwischen Frau und Frau. Er hat sich weder mit Anke noch mit Sabine, noch mit mir als umfassende Persönlichkeit auseinandergesetzt. Und das ist doch die Grundlage jeder intensiven Beziehung. Was könnte mir eine Beziehung mit Arne schon geben? Was nützt mir die schönste Sexualität mit ihm, wenn das die einzige Ebene ist, auf der er mir Wärme und Geborgenheit geben könnte? Wann habe ich in Gesprächen mit Arne Wärme und Geborgenheit erfahren? Wirkliches Verständnis und Eingehen auf das, was ich sage? Wann habe ich das von Arne erfahren? Wann hat Sabine das von ihm erfahren? Was nützt es mir, wenn ich mich zwar in der Sexualität mit ihm wohl fühle, aber auf allen anderen Ebenen gegen seine Ignoranz und Unsensibilität ankämpfen muß?
    Aber genau das ist es wahrscheinlich. Auf der Ebene, wo ich mich am schlechtesten wehren kann, unterdrückt Arne mich nicht. Auf allen anderen Ebenen habe ich viel mehr Kraft zu kämpfen. Deshalb wäre ich bereit, diesen Kampf aufzunehmen.
    Arne braucht eigentlich eine Therapie. Das hat selbst Anke gesagt, die er ja nun noch mehr an sich ranläßt als mich. Mir ist klar, daß ein Partner kein
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