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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden
Autoren: Marcia Muller
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Sakrileg.«
    »Los, erledigen Sie das.«
    Mir drehte sich der Magen um. Ruhig
Blut, Elena, sagte ich mir. Krieg jetzt nur keinen Wutanfall.
    »Ist das klar?« fragte Frank zum
zweitenmal.
    Ich ballte die Fäuste. Ich knirschte
mit den Zähnen.
    »Nun, Miss Oliverez?« Widerlich
selbstgefällig stand er vor mir.
    »Sie Schwein!« zischte ich. »Hijo de
puta! Woher nehmen Sie das Recht, sich in meine Arbeit zu mischen?«
    Frank wich einen Schritt zurück.
    »Wochenlang liegen Sie praktisch auf
der faulen Haut, machen höchstens mal mit Ihren Pflanzen herum. Sie lassen uns
schuften, während Sie das große Wort führen. Und jetzt, wo alles fertig ist, wo
jedes Stück an seinem Platz steht, verlangen Sie, daß alles umgestoßen werden
soll.«
    Ich spürte Jesses Hand an meinem Arm,
aber zur Vorsicht war es zu spät.
    »Und weswegen?« fragte ich laut,
während ich auf Frank zuging. »Wozu? Sagen Sie mir das mal.« Mit wilder Gebärde
deutete ich auf den Riesenbaum. »Für dieses Prachtexemplar von Kitsch. Wenn wir
das in unser Museum stellen, wird es aussehen wie in einem Souvenirladen. Dann
können wir auch gleich ein paar von diesen auf Samt gemalten Stierkampfbildern
aufhängen. Ja, wollen wir das tun, Frank? Wollen Sie uns zum Spott machen?«
    Frank trat noch einen Schritt zurück,
aber er blieb hart.
    »Ich sagte, erledigen Sie die Sache,
Miss Oliverez.«
    »Hijo de puta ! Umbringen sollte man Sie!«
    Ich wirbelte herum und rannte die
Stufen zur Laderampe hinauf.
     
     
     

2
     
    Sonderbarerweise regte mein Ausbruch
alle zur Mithilfe an. Vielleicht aus Genugtuung darüber, daß endlich einmal
jemand Frank die Meinung gesagt hatte; vielleicht aus Angst, daß die
Einweihungsfeier ein Fiasko werden würde. Wahrscheinlich steckte beides
dahinter. Ganz gleich, plötzlich stürzten sich alle — außer Frank natürlich — in
hektische Aktivität.
    Vic und Jesse kamen zu mir ins Büro und
beschwichtigten mich mit guten Worten und einem Bier vom Laden an der Ecke.
Isabel verkündete, sie habe im Saal für Volkskunst genau den richtigen Platz
für den árbol gefunden, und sauste davon, um Farbe zu besorgen. Selbst
Tony wischte sich sein dümmliches Grinsen vom Gesicht und machte sich mit
Sperrholz, Hammer und Nägeln an die Arbeit. Maria nutzte die Zeit, um Jesse
betörende Blicke zuzuwerfen.
    Frank marschierte zweimal durchs Büro,
wobei er mich demonstrativ ignorierte, dafür mein Bier mit einem mißbilligenden
Stirnrunzeln bedachte. Schließlich verzog er sich in sein eigenes Büro und
machte die Tür zu. Ich vermutete, daß er in den Hof gegangen war, um mit seinen
Pflanzen zu spielen, und war froh, nichts mit ihm zu tun haben zu müssen.
    Als Jesse und Vic sicher waren, daß ich
meiner Mordlust nicht nachgeben würde, gingen sie in den Saal für Volkskunst,
um Tony beim Bau der Sockel zu helfen. Isabel kam mit der Farbe zurück und
begann zum allgemeinen Unmut, die Arbeiten zu beaufsichtigen. Ich schickte
Maria in den Laden, um noch ein paar Dosen Bier zu besorgen, und ging zur
Laderampe hinaus, um mir den Lebensbaum noch einmal anzusehen.
    Er war leider immer noch da — so groß
und häßlich wie zuvor. Der Fahrer hockte im Wagen, die Füße zum Fenster
hinausgestreckt, und hörte Country Music. Die Verzögerung schien ihm nichts
auszumachen. Wahrscheinlich, dachte ich, war dies eine seiner interessanteren
Fuhren. Nachdem ich dem Baum einen letzten mißmutigen Blick zugeworfen hatte,
ging ich nach drinnen, um den anderen zu helfen. Wenn dieses Monstrum schon
aufgestellt werden mußte, dann wenigstens fachmännisch.
    Die Sockel waren fertig. Ich ging in
die Damentoilette und schlüpfte in den Arbeitskittel, den ich dort deponiert
hatte. Dann nahm ich mir einen Pinsel und machte mich an die Arbeit.
Netterweise hatte Isabel rasch trocknende Latexfarbe gekauft.
    Bei der gemeinsamen Arbeit mit Jesse,
Vic und Maria — Tony war wegen Schlamperei des Saales verwiesen worden und
Isabel hatte einen Termin — löste sich allmählich meine innere Spannung. Der
Nachmittag wurde heiß, und wir legten häufige Pausen ein. Jesse unterhielt uns
mit mehr oder weniger frechen Witzen aus seinem anscheinend unerschöpflichen
Repertoire. Maria kicherte und sang uns auf Jesses Drängen hin einige
mexikanische Volkslieder vor. Ich war überrascht, was für eine hübsche Stimme
sie hatte. Vic war recht still, aber auf seinem sonst meist schwermütigen
Gesicht lag ein Lächeln. Er kannte, das war wenigstens mein Eindruck, wohl
wenige
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