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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden
Autoren: Marcia Muller
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glückliche Momente und würde diesen freundschaftlichen Nachmittag
gemeinsamer Tätigkeit sicher in guter Erinnerung behalten.
    Um vier Uhr war die Farbe trocken.
Isabel kam zurück, und wir gingen daran, den Baum hineinzubringen. Der
Lastwagenfahrer vergaß auf einen Zwanzigdollarschein von Isabel hin seinen
Auftrag und half uns gutmütig. Er wollte wahrscheinlich sehen, ob es noch
einmal zum Krachen kommen würde. Als der Baum stand, traten wir alle zurück und
betrachteten unser Werk. Einen Moment war Stille.
    Dann seufzte Isabel. »Perfekt.«
    Wir anderen sagten nichts.
    »Oder nicht?« Sie sah mich ängstlich
an.
    »Er ist — ja, perfekt.«
    Jesse räusperte sich. »Durch das Lila
und Grün der Sockel kommen die Farben der Blüten so richtig zur Geltung.«
Isabel nickte, alle Zweifel für immer gestillt. Jesse war Künstler, er kannte
sich in solchen Dingen aus.
    »Vielleicht sollten wir Frank mal
herholen, damit er es sich ansieht«, meinte Isabel. »Ich rufe ihn.« Sie wollte
zur Tür gehen und blieb stehen. »Nein, Moment mal. Was ist mit den kleinen
Lebensbäumen?«
    »Richtig.« Jesse schnalzte mit den
Fingern. »Ich hole sie.«
    »Und den Todesbaum.«
    »Isabel«, sagte ich, »da muß ich
wirklich mein Veto einlegen.«
    »Aber Elena, wir haben doch extra einen
Sockel für ihn gebaut. Das ganze Arrangement ist verpatzt, wenn wir ihn jetzt
nicht aufstellen, und Frank — «
    Ich schloß die Augen, als ich den
ersten Anflug heftiger Kopfschmerzen spürte.
    »Okay, okay. Kommen Sie, Jesse. Ich
helfe Ihnen.«
    Wir gingen aus dem Saal durch den
großen Mittelhof und den Bürotrakt zu dem dunklen Flur, der zu unseren
Lagerräumen im Keller führte. Dort nahm Jesse mich beim Arm und blieb stehen.
    »Elena«, sagte er, »ich kann mir
vorstellen, wie Ihnen zumute ist, aber im Interesse des Museums sollten wir uns
jetzt nicht herumstreiten.«
    »Finden Sie denn, daß dieses
Arrangement im Interesse des Museums ist?«
    »Es wird jedenfalls nicht weiter
schaden. Sie wissen doch, wie es auf solchen Eröffnungsfeierlichkeiten zugeht.
Die Leute interessieren sich mehr für Essen und Trinken als für Kunst. Wir
brauchen nur morgen die Presseleute am Volkskunstsaal vorbeilotsen, dann ist
alles gelaufen.«
    »Und Ihre camaleónes ? Die werden
in den Zeitungen überhaupt nicht erwähnt werden, wenn ich das tue!«
    »So dringend brauche ich die Reklame
auch wieder nicht.«
    »Und was tun wir hinterher mit dem
Monstrum, wenn die Leute wirklich kommen, um sich unsere Sachen anzusehen?«
    Jesse grinste. »Vielleicht geht der árbol in die Brüche.«
    »Was sagen Sie da, Señor Herrera?«
    Er breitete die Hände aus.
    »Wer weiß, was die Zukunft bringt, mi
amiga. «
    Ich lachte. »Sie haben recht. Sie haben
ja so recht, Jesse.«
    Wir gingen weiter durch den Flur bis
zur Kellertür und stiegen die kalten Steinstufen in die Finsternis hinunter.
Jesse tastete nach dem Lichtschalter. Eine trübe gelbliche Birne flammte auf.
Der Keller hatte Ähnlichkeit mit einem Labyrinth, Stapel von Kisten und
Kartons, die bis in die tiefen Schatten am anderen Ende des Raumes reichten.
Manche Kisten waren leer, manche nicht; in der Hektik der Vorbereitungen für die
Eröffnung hatte ich keine Zeit gehabt, auch die Gegenstände auszupacken, die
wir zunächst nicht verwenden wollten.
    »Sobald der Trubel der Eröffnung vorbei
ist«, bemerkte ich, »werde ich mir diesen Keller vornehmen.«
    Jesse sah sich um. »Als Lagerraum ist
der gar nicht übel. Es bleibt immer schön kühl, so daß man sich wegen der
Temperatur keine Sorgen zu machen braucht, und Platz ist auch genug da. Er
braucht natürlich bessere Beleuchtung.«
    Die eine Glühbirne war die einzige
Lichtquelle. Hoch oben waren zwar ein paar kleine Fenster, aber sie gingen in
knapp unterhalb der Bodenhöhe befindliche Schächte hinaus, durch deren
Eisengitter nicht viel Licht hereindrang. »Leuchtstoffröhren«, sagte ich. »So
bald wie möglich. Wenn der Verwaltungsrat Franks Pflanzen genehmigen kann, wird
er sich hoffentlich wegen ein paar Leuchtstoffröhren nicht lumpen lassen.
Kommen Sie. Ich glaube, ich weiß, wo die árboles sind.«
    Wir schoben ein paar Kisten herum und
fanden schließlich die árboles. Die beiden kleinen Bäume waren geschmackvoller
als Isabels kitschiger Riesenbaum, doch für meinen Geschmack immer noch zu
grell; das war auch der Grund, warum ich sie ursprünglich nicht für die
Ausstellung vorgesehen hatte. Der Todesbaum war im Vergleich dazu sehr
schlicht, 60
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