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Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden
Autoren: Jason Dark
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Fäuste eines Riesen gegen die Häuser geschlagen. Es war für keinen ein Trost, auch für den Reverend nicht, aber der Konstabler war von den vier Toten als einziger auf ›natürliche‹ Art und Weise ums Leben gekommen, die drei anderen nicht. Man hatte sie umgebracht!
    Aus dem Nichts waren die Gestalten der Wikinger erschienen und über den kleinen Ort an der Küste hergefallen. Der Angriff hatte kaum eine Minute gedauert, drei Menschenleben gekostet und zahlreiche Verletzte gefordert. Dann waren sie ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen waren. Sie hatten ihr mächtiges Drachenschiff geentert und sich von den mächtigen Windstößen hinforttragen lassen. Für Reverend Castor war dieser Vorgang ebenso unbegreiflich gewesen wie für die anderen Menschen im Ort. Sicher, er hatte nach einer Erklärung gesucht, aber keine gefunden. Sein Job war es, die Menschen zu Gott zu führen. Er war erst dreißig Jahre, neu im Ort und glaubte nicht an Spukgeschichten oder an die Hölle, wie sie so oft dargestellt wurde. Im Gegensatz zu den Bewohnern. Sie lebten verhältnismäßig einsam und glaubten noch an die Kräfte der Natur, vor allen Dingen an die des Meeres, das ihr ständiger Begleiter war. Von der Geburt an bis hin zum Tod.
    Was war von diesem Überfall zu halten? Gab es tatsächlich eine Hölle, die Pforten geöffnet und Tote zu Lebenden gemacht hatte, um normale Menschen heimtückisch zu überfallen?
    Reverend Castor wußte es nicht. Er war ebenso hilflos wie die anderen. Eine Lösung konnte er nicht bieten.
    Er hatte dafür gesorgt, daß die vier Särge geschlossen wurden, denn der Anblick der Toten war einfach furchtbar.
    Die Wikinger hatten die zwei Männer und die Frau mit Schwert und Streitaxt getötet. Da waren die Chancen zu überleben gleich Null gewesen.
    Noch einmal überprüfte der Reverend das Schloß der Kirchentür. Er hatte den Schlüssel zweimal gedreht. Wer jetzt die Kirche auf dem normalen Weg betreten wollte, mußte die Tür schon aufbrechen. Immer noch heulte und tobte der Orkan. Selbst die dicken Mauern des Gotteshauses konnten die Geräusche kaum mildern. Der Wind fegte um die Ecken, schüttelte die nahe an der Kirche stehenden Bäume und schlug deren Äste gegen das Mauerwerk, an die sie wie mit langen Totenfingern kratzten.
    Es gab noch einen zweiten Ausgang. Da mußte der Reverend durch die Sakristei gehen. Sie befand sich in einem kleinen Anbau an der Westseite der Kirche.
    Dort hing auch der dicke Mantel des Pfarrers. Er zog ihn sich an, band sich den Schal um und streifte seine Wollmütze über den Kopf. So gerüstet hoffte er, dem Sturm widerstehen zu können. Er sah es einfach als seine Pflicht an, durch den Ort zu gehen und den Bewohnern - wenn nötig - Trost zu spenden.
    Der scharfe Wind riß ihm fast die Tür aus der Hand. Er hatte Mühe, die Klinke zu umklammern, die Tür wieder zu schließen und den Schlüssel zweimal zu drehen.
    Über ihm klapperte das kahle Geäst der Bäume, Zweige schlugen gegeneinander. Er hörte auch das morsche Knarren und sprang instinktiv zurück, damit er sich mit dem Rücken gegen die Kirchenmauer pressen konnte.
    Das war sein Glück, denn ein wütender Windstoß hatte einige Äste gelöst und zu Boden geschleudert. Nicht weit von Pfarrer Castor entfernt waren sie gelandet.
    Die hätten ihn nicht nur ankratzen, sondern auch verletzen können. Der Reverend wartete die nächste Minute noch ab. Als sich nichts getan hatte, verließ er seinen Platz.
    Er hatte vorgehabt, schnell durch das Dorf zu gehen. Leider war es nicht möglich. Auf dem Kirchplatz bekam er den Orkan zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren, denn er konnte dem heranfauchenden Wind nichts mehr entgegensetzen. Der Schwall riß ihn einfach von den Beinen.
    Castor fiel zu Boden, wo ihn ein erneuter Windstoß erwischte und um die eigene Achse schleuderte. So rollte er weiter bis an die Mauer des Kirchplatzes, wo der Sturm schon einen Haufen Äste und Zweige hingeweht hatte. Bis auf ein paar wenige Kratzer im Gesicht war dem Geistlichen nichts geschehen. Es hätte ihn auch schlimmer erwischen können. Mühsam stemmte er sich auf die Beine und blieb im Windschatten der Kirchplatzmauer, weil er hier mehr Schutz fand als auf der freien Fläche. Langsam und sich gegen den scharfen Wind anstemmend, ging er weiter. Der Sturm konnte einem Menschen den Atem rauben. Manchmal wuchteten die Böen derart stark heran, als wollten sie alles hinwegfegen. Der Sturm steckte mit dem Teufel und seinen
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