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Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden
Autoren: Jason Dark
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Schergen im Bunde. Langsam glaubte auch Castor daran.
    Die Straße vor dem Kirchplatz führte in südlicher Richtung direkt bis zum Strand. Gesäumt wurden sie von kleinen Häusern, wobei jeder Bau unter dem Orkan gelitten hatte. Auch die Kirche war nicht verschont geblieben. Von ihr fehlte ein Stück des Turms. Die Trümmer hatten glücklicherweise keinen Menschen verletzt und verteilten sich in einem großen Garten. Wieder wurde es Nacht. Die mächtigen Wolken legten einen dunklen Vorhang über den Himmel.
    Castor wußte Bescheid, was folgen mußte, da er es schon zweimal erlebt hatte. Und es geschah auch diesmal. Urplötzlich öffnete der Himmel seine Schleusen. Tonnenweise stürzten die Wassermassen herab. Der Wind packte sie, schleuderte die Wasserwand waagerecht über das Land, so daß sie aussah wie ein gewaltiger Vorhang, der einfach nicht abreißen wollte.
    Der Reverend ärgerte sich, nicht in der Kirche geblieben zu sein. Er mußte Schutz finden, rutschte das nasse Kopfsteinpflaster der Straße hinab und erreichte schon bald die Uferstraße, die ein Bild des Chaos bot, denn der Orkan hatte einige Bäume gefällt und die mächtigen Riesen quer über die Fahrbahn geschleudert.
    Die Häuser in Strandnähe litten am meisten. Ihre Fronten waren dem Orkan schutzlos ausgeliefert und zeigten an den Hauswänden auch Beschädigungen von umgestürzten Bäumen, deren Äste sich durch die immense Wucht wie Messerstiche in das Mauerwerk gebohrt hatten. So etwas war eigentlich unvorstellbar, aber geschehen. Der Reverend gab nicht auf. Sein Mantel war längst naß und zu einem Lappen geworden. Castor kämpfte sich bis zu einem bestimmten Haus hin durch, das ebenfalls an der Uferstraße stand, aber nicht so stark beschädigt war wie andere. Bei ihm fehlten nur einige Stücke aus dem Dach.
    Der Ire Logan führte dort das Regime. Er hatte sich mal aus Spaß als Pubier bezeichnet, weil ihm der Begriff Kneipenwirt nicht so zusagte. Seitdem hieß er nur noch Pubicr.
    Man hatte den Reverend schon kommen sehen. Logan persönlich, ein rothaariger Riese, half ihm beim Öffnen der schweren Holztür, und Castor stolperte in den von Kerzen erhellten Raum, denn der elektrische Strom war ausgefallen.
    Die Kerzen standen auf einem Wagenrad, das von der Decke hing. Einige flackerten noch, und Castor atmete tief durch, bevor er sich nahe der Theke auf einen Stuhl fallen ließ.
    Einige Gäste hockten zusammen. »Sie haben Gottvertrauen, Reverend«, sagte jemand, der als reich galt, weil er drei Boote sein eigen nannte — bis der Orkan sie zertrümmert hatte.
    »Ich kann mich ja nicht nur verstecken.«
    »Stimmt.«
    Die Männer hoben ihre Gläser. Frauen saßen nicht im Pub. Logan brachte dem Mann ein Bier. »Oder wollen Sie lieber einen Gin, Reverend?«
    »Den zuerst.«
    »All right.« Logan stieß hörbar auf. »Noch kann ich das Bier durch Eis kühlen, das wird bald auch vorbei sein.«
    »Dann gib noch mal 'ne Runde!« rief jemand. »Vielleicht ist es unsere letzte. Wenn die Horde zurückkehrt, sind wir alle geliefert, das schwöre ich euch.« Der Mann, der gesprochen hatte, trug eine Schirmmütze. Sein Gesicht sah aus wie die furchige Oberfläche des Mondes. Er war mal Bürgermeister gewesen.
    »Du solltest nicht spotten«, rief der Reverend.
    »Das mache ich auch nicht. Ich sehe die Dinge sogar ziemlich gelassen. Aber was ich sagte, ist eine Tatsache.«
    Castor konnte nicht widersprechen, kippte den Gin und ließ seine Blicke durch die verräucherte Kneipe wandern, in der das Holz an den Wänden und die Balken unter der Decke schon eine schwarze Patina angesetzt hatten. Die Hinterlassenschaft des Tabaks.
    Seufzend stellte er das Glas zur Seite. Mit einem Taschentuch wischte er die letzten Tropfen aus dem Gesicht. »Vielleicht haben wir noch eine Chance, gegen die Wikinger-Brut anzugehen.«
    Zahlreiche Augenpaare starrten ihn an. Auch der Pubier hinter der Theke wirkte wie mit dem Zapfhahn verwachsen.
    »Sagen Sie das noch mal, Reverend.«
    »Es haben alle verstanden.« Castor wirkte im Vergleich zu den kernigen Bewohnern schmal und schüchtern.
    »Aber uns fehlt der Glaube«, meldete sich ein weiterer.
    »Wir konnten noch eine Nachricht nach London absetzen und um Hilfe bitten.«
    Nach diesen Worten erdröhnte der Raum unter Gelächter. Keiner wollte es glauben.
    »Laßt mich ausreden. Ich weiß, was ihr denkt. London kümmert sich nicht um uns. Die haben ihre eigenen Probleme. Wahrscheinlich wissen die Menschen dort nicht einmal, wo
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