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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt
Autoren: Robert Lyndon
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und durch ausreichend viele Wüsten gezogen?»
    «Wenn nur ein Zehntel der Behauptungen von Priester Johannes stimmen, wären sie die Reise wert.»
    «Du siehst so aus, als würdest du sie schon planen.»
    Hero schüttelte den Kopf. «Vielleicht eines Tages.»
    «Bitte mich nicht, dich zu begleiten. Diese Expedition hat mich von jeder Wanderlust geheilt.»
    Hero lächelte. «An dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind, habt Ihr gesagt, dass eine Reise nichts weiter ist als ein anstrengender Weg zwischen einem Ort und einem anderen.»
    «Damit habe ich ja nicht falschgelegen, oder? Du kannst nicht bestreiten, dass das letzte Jahr das unbequemste, leidvollste und brotloseste deines Lebens gewesen ist.»
    «Und das lehrreichste und aufregendste. Gebt es zu, Herr, es ist sehr befriedigend, eine Reise abgeschlossen zu haben, die noch kein Mensch zuvor unternommen hat.»
    Vallon nickte zurückhaltend. «Das stimmt. Wir beide haben einen Vorrat an Geschichten gesammelt, aus dem wir schöpfen können, bis wir alt und grau sind.»
    Sie ritten weiter. Immer wieder ließ Vallon seinen Blick mit der Wachsamkeit des Soldaten über die einsamen Hügelrücken schweifen. «Nicht alle Flüsse münden ins Meer.»
    Hero war mit den Gedanken weit fort gewesen. Er blinzelte. Vallon deutete auf den See.
    «Wir haben uns einmal abends in England darüber unterhalten, dass ein Menschenleben seinen Lauf nimmt wie ein Fluss, um schließlich schwach und müde im Meer zu enden.»
    «Ja, ich erinnere mich daran.»
    «Dieser See hat keinen Abfluss. Die Flüsse, die in den See münden, werden das Meer niemals erreichen.»
    Erneut sah Hero Richards Leiche vor sich, wie sie auf die weite Mündung des Dnjepr hinausgetrieben wurde. «Richards Reise hat aber im Meer geendet. Er war erst siebzehn. Seine Reise hatte kaum begonnen.»
    «Jede Reise, sei sie kurz oder lang, hat einen Anfang und ein Ende. Einige Reisende machen sich auf und sterben zufrieden, auch wenn sie ihr Ziel nicht erreicht haben. Andere kämpfen sich jahrelang zu einem schillernden Ziel durch, nur um bei der Ankunft feststellen zu müssen, dass es doch nicht der Ort war, nach dem sie gesucht haben.»
    Hero stiegen Tränen in die Augen. «Ich wünschte, sie wären alle hier. Ich wünschte, die Reise wäre nicht vorüber.»
    Vallon legte ihm sanft die Hand auf den Arm. «Jetzt komm. Du hast noch einen sehr langen Weg vor dir.»
     
    Sie kamen ans Nordufer des Salzsees, wandten sich westwärts über eine Hochebene und folgten ihren eigenen Schatten durch das menschenleere Land. Vallon warf einen Blick zurück. Dort lagen die Zwillingsgipfel, die mit dem sanften Schmelz eines Feueropals schimmerten, derselben Farbe, die sein Wetterring hatte. Weit hinter ihnen entdeckte Vallon eine Staubwolke, die vorher nicht da gewesen war. Er hielt sein Pferd an, sein Mund war vor Hoffnung und Angst wie ausgetrocknet.
    Doch Meilen, bevor die Reiter sie erreicht hätten, wandte sich die Staubwolke nach Norden und wurde zusehends kleiner. Unbekannte Reisende auf ihren eigenen Pfaden.
    Vallon lenkte sein Pferd nach Westen.
    Hero aber rührte sich nicht. «Ihr habt gehofft, sie wäre es.»
    «Sie war es nicht. Reiten wir weiter.»
    «Ihr könnt immer noch umkehren. Morgen ist es zu spät, dann könnt Ihr Eure Entscheidung nur noch bereuen.»
    Ein Zucken lief über Vallons Gesicht. «Was weißt du denn schon von Herzensangelegenheiten.»
    Hero sagte ruhig: «Ich kenne die Liebe.»
    Vallon hob entschuldigend die Hand. «Verzeih mir. Natürlich tust du das.»
    «Herr, Ihr dürft nicht darauf warten, dass sie Euch folgt. Das ist nicht ritterlich. Wenn Ihr sie liebt, müsst Ihr umkehren.»
    «Als wir uns kennengelernt haben, hast du gesagt, ich würde an der Liebeskrankheit leiden.» «Und das war kein Irrtum. Auch jetzt irre ich mich nicht. Wenn Ihr sie nicht wiederfindet, werdet Ihr nie mehr glücklich.»
    Vallons gequälte Miene verriet seine Unentschlossenheit. «Ich kann dich nicht allein nach Konstantinopel reiten lassen.»
    «Ich bin nicht derjenige, der Hilfe braucht. Ihr aber kommt ohne meine Hilfe nicht einmal vom Pferd. Vom Aufsteigen ganz zu schweigen.»
    Vallon sah auf. «Also würde es dir nichts ausmachen, diesen ganzen elenden Weg zurückzureiten?»
    Hero verdrehte die Augen. «Schließlich bin ich derjenige, der Euch ständig dazu überreden will.»
    Vallon prüfte den Sonnenstand. Aufregung machte sich in ihm breit. «Wenn wir uns beeilen, können wir vorm Dunkelwerden bei dem Turm
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