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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt
Autoren: Robert Lyndon
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geglaubt, Ihr könntet Seine Exzellenz überlisten?» Er schnippte mit den Fingern. «Gebt es mir.»
    «Es ist nur ein Buch, das mir Hero abends zum Zeitvertreib vorliest.»
    «Gebt es mir.»
    Hero reichte ihm das Buch. Faruq blätterte darin. «Was ist das?»
    «Ich habe es Euch schon gesagt – ein Buch mit Geschichten, das einem in den Stunden der Dunkelheit die Langeweile vertreibt.»
    Chinua half Faruq vom Pferd. Der Hofmeister hielt das Evangelium über die Glut des Lagerfeuers. «Dann verliert Ihr nichts weiter als müßige Unterhaltung, wenn ich es verbrenne.»
    Hero und Vallon schwiegen.
    Faruq ließ das Buch in die Glut fallen. Hero warf sich nach vorn, griff nach dem Buch und wischte die Funken von ihm ab. Chinua richtete sein Schwert auf Heros Kehle, riss ihm das Evangelium aus der Hand und gab es an Faruq zurück.
    «Soso, Geschichten», sagte Faruq. «Seine Exzellenz weiß, dass jedenfalls Ihr ihm nicht die ganze Geschichte erzählt habt.» Er schlug mit dem Buch in seine Handfläche. «Ich frage Euch zum letzten Mal – was ist es? Warum ist es so wichtig?»
    Vallon warf Hero einen Blick zu, mit dem er ihre Niederlage eingestand. «Es ist ein verlorenes Evangelium. Das Evangelium des Thomas, der einer der Jünger Jesu war. Walter ist in Armenien darangekommen und hat versprochen, es Cosmas zu geben, sollte er das Lösegeld beschaffen.»
    Faruq hielt das Buch zu den Sternen hoch. «Ihr seid in das Reich Seiner Exzellenz gekommen, um ein Buch der Christen zu stehlen.» Er schüttelte den Kopf. «Das ist ein sehr schweres Vergehen. Sehr schwer.»
    Hero sprang auf die Füße. «Vallon wusste nichts von dem Evangelium, als er sich mit mir auf den Weg gemacht hat. Cosmas hatte mir davon erzählt, aber ich habe Vallon das Geheimnis erst verraten, als wir schon lange unterwegs waren. Wenn irgendwer bestraft werden soll, dann lasst es mich sein.»
    Faruq ließ seinen Blick auf ihnen ruhen. «Was habt Ihr noch aus dem Turm geholt?»
    Vallon starrte in die Glut. «Nichts.» Faruq nickte Chinua zu. «Durchsuch sie.»
    Chinua nahm Heros Kasten und reichte ihn Faruq. Dieser betrachtete seinen Inhalt, fuhr über die Deckelschnitzereien, klopfte auf die Seiten. Hero verfolgte seine Bewegungen mit angehaltenem Atem, er war sich sicher, dass ein Mann von Faruqs Erfahrung ein Geheimfach in dem Kasten vermuten würde. Doch Faruq sah ihn an. «Sonst habt Ihr nichts genommen?»
    «Nur das Evangelium.»
    Faruq stellte den Kasten auf den Boden. Seine Männer halfen ihm wieder in den Sattel. Er hob den Zeigefinger. «Der Emir wird enttäuscht sein, dass Ihr ihn belogen habt.»
    Hero und Vallon warteten auf die Verkündung der Strafe. Der Mond stand hoch am Himmel mitten über dem See, sein marmoriertes Angesicht spiegelte sich auf dem glatten Wasser.
    Vallon zuckte mit den Schultern. «Seine Exzellenz wird entzückt sein zu erfahren, dass er recht gehabt hat.»
    Faruq lächelte. «Es wäre zu viel Aufwand, Euch zum Emir zu bringen, damit er persönlich über Euch urteilt.» Er klemmte sich das Evangelium unter den Arm. «Ich werde das behalten, und Ihr könnt nach Konstantinopel gehen.» Er wendete sein Pferd und zügelte es dann noch einmal. «Das hätte ich fast vergessen. Mein Rubinring. Er war ein Geschenk des Emirs. Er bedeutet mir sehr viel.»
    Vallon klaubte ihn aus einem Beutel und hielt ihn wortlos in die Höhe. Faruq schob den Ring über seinen Finger und gab einen Befehl, woraufhin die Seldschuken zu Bokes Lager hinüberritten.
    Vallon kauerte sich an ihr eigenes erbärmliches Feuer und versuchte, mit der rechten Hand die Decke über seine linke Schulter zu ziehen. Eine Eule schrie oben im Turm, und draußen auf der Hochebene jaulten Schakale.
    Hero stand auf und deckte ihn sorgfältig zu. Vallon hob die Augen und sah seine eigenen zerstörten Hoffnungen in Heros Blick. Er vergrub das Gesicht in den Händen und schüttelte den Kopf. «Sag nichts. Lass uns einfach still hier zusammensitzen.»

LIV
    A ls sie am nächsten Morgen aufwachten, waren sie allein, das Seldschukenlager und die Straße in beiden Richtungen verlassen. Sie frühstückten in dem bedrückten Schweigen, in dem sie den Vorabend verbracht hatten. Dann machte sich Vallon an das mühselige Vorhaben, in den Sattel zu kommen.
    Auch Hero stieg auf. «Wohin?»
    Vallon richtete sein Pferd nach Norden.
    «Was ist mit Caitlin? Sie wartet auf uns.»
    Vallon ritt los. «Worauf sollte sie noch warten? Sieh mich an. Ein hilfloser Krüppel. Sogar mein Plan, in die
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