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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Autoren: Alexander Lohmann
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eines Berges so langsam, so ohne fühlbaren Willen, dass ein Sterblicher sehr gut darauf leben konnte. Man konnte Minen in die Flanken eines Berges treiben und ihn ausbeuten, man erduldete die Regungen des Gesteins und blieb dennoch Herr.
    Das war es, was Aldungan gedacht hatte, als er sich mit dem Blut der Erde vereinigte. Doch jetzt spürte er Leuchmadan in seinem Inneren und war sich nicht mehr so sicher. War er Aldungan, der sich Leuchmadans Macht zu eigen gemacht hatte? Oder war er Leuchmadan, der Aldungans Persönlichkeit verschlungen hatte und nun glaubte, Aldungan zu sein? Der nur für eine kleine Weile glaubte, Aldungan zu sein, während er tatsächlich immer mehr nur Leuchmadan wurde und immer weniger vom ursprünglichen Aldungan an sich hatte?
    Das Blut der Erde war Leuchmadan, und es pulsierte jetzt in Aldungans Leib, hatte die schwächliche Lebenskraft des Nachtalbs längst verzehrt, war längst in dessen Formen geflossen, hatte sein Wesen nachgebildet … und er war Leuchmadan.
    Leuchmadan-Aldungan. Oder der Aldungan-Leuchmadan. Sie waren eins. Er war nicht mehr der Aldungan, der er gewesen war, bevor er sein magisches Herz an das Blut des Lebens gebunden hatte, um dann gefahrlos in der Quelle baden und den sterblichen Leib erneuern zu können. Aber er war auch nicht derselbe Leuchmadan wie in seiner letzten Verkörperung. Der Leuchmadan, der von einer Faen-Persönlichkeit geprägt worden war.
    Aldungan erinnerte sich an diesen Leuchmadan, an all seine Taten und Gedanken, denn das Blut der Erde vergaß nie. Aber er war anders.
    Aufseiten der Feinde hatte er einen würdigen, einen neuen Gegner gefunden. Gulbert, den Vorsitzenden des Freien Rates. Aldungans fliegende Spione berichteten regelmäßig aus den Landen des Lichts. Sie hatten ihm zugetragen, dass Gulbert bereits zurückgekehrt war mit den ersten Boten der Bitaner, die von der Niederlage ihres Heeres kündeten.
    Und wie Aldungan von einer Woge des Triumphs auf den Thron getragen wurde, so lenkte Gulbert eine Woge von Furcht und Entsetzen, damit sie alle Dämme fortriss, die zwischen ihm und der Macht standen. Der alte Leuchmadan hatte seine Heere in die Lande seiner Feinde geschickt, wo sie möglichst viele Gegner erschlagen sollten, damit Leuchmadan neues Land und neues Volk gewann. Gulbert hingegen schickte seine Heere in die Länder seiner Feinde und opferte sie dort, damit er mehr Macht und mehr Einfluss in seinen eigenen Ländern errang, mehr Unterstützung, damit er seine inneren Feinde niederwerfen konnte und statt des verlorenen Heeres ein umso mächtigeres bekam.
    Der alte Leuchmadan hatte Freund wie Feind in Angst und Schrecken versetzt, bis niemand sich ihm mehr zu widersetzen wagte. Doch Gulbert verbreitete nichts als Freundlichkeit und guten Willen. Er brachte denen, die ihm im Weg standen, den Tod, aber auf eine Weise, dass die Schuld daran seinen Feinden zufiel.
    Es war gut, dass es einen neuen Leuchmadan gab. Denn Leuchmadan stand auch einem neuen Feind gegenüber, und er würde von ihm lernen. Der neue Leuchmadan würde nicht mehr mit den groben Methoden kämpfen, die ein Fae ihn vor tausend Jahren gelehrt hatte, mit Magie und Gewalt. Der neue Leuchmadan würde von Gulbert lernen und Magie und Gewalt für Intrige und Politik nutzen.
    Aldungan schloss die Hand um das Kästchen aus unzerstörbarem Silber. Es zerknitterte unter seinem Griff wie Pergament. Er presste es zu einer faltigen, glänzenden Kugel zusammen und warf sie achtlos in eine Ecke, jeder Magie entleert. Dann erhob er sich, verließ das geheime Gelass und stieg hinauf in das höchste Turmzimmer, Leuchmadans Sitz … früher und jetzt.
    Als er oben an das Fenster trat, hörte er das Volk auf der Straße. Sie feierten immer noch ihren neuen König. Und ein neuer Klang mischte sich darunter. Die Feinsinnigeren spürten die Woge von Leben, die in das Land zurückgeflutet war. Und die Wachen auf den Mauern konnten es auch sehen. Der Ruf verbreitete sich von den Wällen und Türmen bis in die entlegensten Gassen.
    Aldungan-Leuchmadan lächelte. Hier oben waren die Worte nicht zu vernehmen. Aber er wusste, was dort unten vor sich ging. Bei seiner Rückkehr hatte Aldungan Grün gebracht und die verdorrten Pflanzungen belebt. Aber jetzt entspross ein Urwald dort. Pflanzen wucherten zu übernatürlicher Größe. Die Bäume schossen empor, beladen mit Früchten. Die Grauen Lande erblühten als üppiger Garten, fruchtbarer denn je durch die gesammelte Lebenskraft eines
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