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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster
Autoren: Amanda Cross
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für sich bean-spruchen. Daß es zum Zeitpunkt, als dieser Fachbereich das Gebäude mit Beschlag belegte, keinen Lehrstuhl für Hebräisch gab oder irgendwelche Seminare, die mit Israel zu tun hatten, schien zumindest etwas problematisch. Aber ein alter emeritierter Professor, der Levy gekannt hatte, erinnerte sich, daß dieser kein Zionist gewesen sei, womit die Peinlichkeit aus der Welt geschafft war. Adams hatte einen Lehrstuhl für Geschichte des Islam. Neben den Leuten aus seinem eigenen Fachbereich gab es nicht wenige aus anderen Fakultäten, denen er verhaßt war, von den Leuten aus der Verwaltung ganz zu schweigen.
    Wenigstens, dachte Matthew Noble und fand doch noch einen kleinen Trost, werden wir es nicht mit dem Aufschrei der Studenten-schaft und liberalen Professoren zu tun bekommen. Kein geliebtes Mitglied unserer Gemeinschaft ist in den Tod getrieben worden.
    Adams war ungefähr so beliebt gewesen wie Giftsumach. Verdammt.
    Endlich kam die Polizei; außerdem der Präsident und viele andere Leute. Innerhalb mehrerer Tage einigte man sich darauf, daß Adams irgendwann zwischen acht und elf Uhr an jenem Samstagabend gestorben war. Und innerhalb mehrerer Wochen stellte sich heraus, daß fast alle vierzig Leute auf Matthew Nobles Liste Alibis hatten.
    Diese waren zwar alle mehr oder weniger privater Natur, aber trotzdem glaubwürdig. Wie an einem Thanksgiving-Wochenende nicht anders zu erwarten, beruhten die Alibis zum Großteil auf Aussagen von Verwandten oder langjährigen Freunden. Eine Handvoll konnte lediglich Ehemann oder Ehefrau, oder, wie man heute allerorts sagt, einen bedeutungsvollen Dritten aufbieten. Ein paar standfeste Seelen, die von den Thanksgiving-Festivitäten die Nase voll hatten, waren allein gewesen. Zweifellos war zwar keines der Alibis narren-sicher, aber die meisten waren doch mehr als glaubwürdig.
    Die Frage, was Adams in jener Nacht in der verlassenen Universität in seinem Büro zu tun hatte, wurde von seiner Frau präzise beantwortet, sobald man vernünftigerweise wieder präzises Denken von ihr erwarten konnte. Adams hatte Probleme mit einer Arbeit, an der er saß; seine Unterlagen befanden sich in seinem Büro, also war er hingegangen. Sie war verreist gewesen und konnte nur seine Ge-wohnheiten schildern. Daß er das Wochenende im Büro verbrachte, war nichts Ungewöhnliches. Sollte er vorgehabt haben, sich mit 8

    jemandem dort zu treffen, so hatte er es ihr gegenüber am Telefon jedenfalls nicht erwähnt.
    Die Polizei kam schnell, wenn auch widerstrebend, zu dem Schluß, daß Adams nicht freiwillig aus dem Fenster gesprungen war.
    Aber konnte er gefallen sein? Er war um die sechzig; vielleicht hatte er sich hinausgelehnt und einen Schwindelanfall bekommen? Eine solch tröstliche Lösung konnte nicht ausgeschlossen werden, wurde aber immer unwahrscheinlicher, je sorgfältiger sie überprüft wurde.
    Erstens verlief vor dem Fenster ein breiter Sims, und zweitens gab es keinen Grund, an einem so kalten Abend das Fenster sperrangelweit zu öffnen, wenn er nur frische Luft schnappen wollte oder ihm schwindlig war. Aber wie war er ans offene Fenster gelockt und dann hinausgestoßen worden? Die Antwort darauf war einfach: Zwar hatte der Aufprall seinen Kopf zerschmettert und so ihm möglicherweise zuvor zugefügte Verletzungen verschwinden lassen, aber die Polizei ging davon aus, daß man ihn vor dem Sturz bewußtlos geschlagen oder ihm eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt hatte.
    Deutete das nicht auf einen starken Mann als Mörder hin? Nicht unbedingt; eine kräftige Frau hätte kaum Schwierigkeiten gehabt.
    Adams war ein zierlicher Mann, und heutzutage trainierten Frauen ihre Muskeln in Fitness-Centern oder gar auf noch despektierlichere Weise.
    Weil Professor Adams vor kurzem zusammen mit Frau Professor Fansler in einem Komitee gesessen hatte und weil schon bei der oberflächlichsten Befragung schnell zutage trat, daß er und Kate seit langem eine tiefe Abneigung gegeneinander hegten, die sich intensi-vierte, je öfter sie miteinander zu tun hatten, wurde Kate – zusammen mit anderen Professoren, deren Beziehung zu Adams ähnlich geartet war – aufgefordert, ein Alibi beizubringen. Wie sich herausstellte, hatte die Polizei Kate Fansler zur Favoritin unter den Verdächtigen auserkoren.
    Die Tatsache, daß sie als Detektivin einen gewissen Ruf hatte, reichte für sich genommen schon aus, sie wunderbar verdächtig erscheinen zu lassen. Die zusätzliche Tatsache jedoch,
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