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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster
Autoren: Amanda Cross
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Studentenzeitung hat sie ja bis ins kleinste Detail wiedergegeben.
    Abgesehen von Ihrem eigenen ist jedoch keines unangreifbar. Was heißt: Hätten wir einen Verdächtigen, könnte möglicherweise bewiesen werden, daß er – oder sie – die Gelegenheit hatte, sich für eine Weile unbemerkt davonzuschleichen. Nur Sie saßen volle drei Stunden lang auf Ihrem Platz, sogar während der Pausen. Offenbar halten Sie nichts von Pausen und bleiben immer auf Ihrem Platz.« Kate nickte, sah kurz auf und vertiefte sich dann wieder in den Anblick ihrer Hände. Sie hielt sie still. Sie dachte weder daran, diesem Dummkopf ihre Abneigung gegen Pausen auseinanderzusetzen noch war sie bereit, ihm zu erklären, daß sie nur in allerhöchster Not den Versuch wagte, während irgendeiner Vorstellungspause irgendeines Theaters in New York auf die Damentoilette zu gelangen.
    »Es ist schon fast ein Gemeinplatz«, fuhr Matthew Noble fort,
    »daß die Polizei sich für Motive nicht interessiert. In unserem Fall scheint es aber das einzige zu sein, wofür sie sich interessieren sollte.
    Aber die Polizei wird die Motive an einer Universität kaum verstehen oder richtig einschätzen können. Mit einigen Mitgliedern seines Fachbereichs war Adams so zerstritten, daß sie kaum mehr mit ihm sprachen. Ein paar haben ihn so erbittert gehaßt, daß ich oft erschrocken darüber war. Aber wie wir alle wissen, bedeutet das an einer Universität noch lange nicht Mord. Bisher zumindest nicht. Ich habe Leute sagen hören, den perfekten Mord begehe man am besten, indem man in einer Menschenmenge einem völlig Fremden über den Kopf haue und dann in der Masse untertauche. Bei der Masse von Verdächtigen im Fall Adams fürchten wir allmählich, diese Situation vor uns zu haben. Kurz, der Fall ist ungeklärt. Deshalb wenden wir 13

    uns an Sie.«
    »Ich könnte Ihnen die Gründe für meine Ablehnung aufzählen«, sagte Kate. »Es gibt viele. Aber wer viele Gründe aufzählt, dem werden leicht Zweifel oder Schuldgefühle unterstellt. Lassen Sie mich also schlicht und einfach Nein sagen.«
    »Nein, das können wir nicht zulassen«, sagte der Rektor. »Sie sind unsere einzige Hoffnung in dieser Sache.«
    »Dann lassen Sie sie doch unaufgeklärt. Natürlich verstehe ich, daß, wenn der schuldige Einzelne gefunden ist, der Rest der Gemeinschaft seine Unschuld wiedererlangt. Aber diese idyllischen Tage der Agatha Christie haben wir hinter uns gelassen. Wir sind alle schuldig. So viel hat Mr. Noble ja schon zugegeben. Außerdem hat er zugegeben, daß diese Universität froh ist, Adams los zu sein. Warum also nicht einfach verkünden, die zähesten, unablässigen Bemühungen der Polizei etcetera etcetera seien ergebnislos verlaufen? Dann könnten wir alle uns daran machen, diese Universität – ohne Adams
    – in einen besseren Ort zu verwandeln, eine weit verlockendere Aufgabe.«
    Die Dekanin der Berufsakademien, die Edna Hoskins hieß und ihre Kollegen mit dem Samthandschuh mütterlicher Nachsicht anzu-fassen schien, unter dem sich jedoch die eiserne Faust der Entschlossenheit verbarg, sprach als nächste.
    »Ich habe den Herren hier gleich gesagt, daß du einen so heiklen Job auf dieser Basis niemals annehmen würdest. Aber meine Kollegen meinen eben, Informationen preisgeben hieße Macht preisgeben.
    Ich dagegen glaube an Institutionen, wo geteilte Information zu geteilter Macht und Verantwortlichkeit führt. In diesem Punkt werden wir uns wohl nie einig werden, aber dieses eine Mal müssen die Herren wohl einsehen, daß sie mit ihrer Strategie nicht weiterkom-men. Oder irre ich mich?« Sie sah in die Runde, und alle nickten resigniert.
    »Es gibt zwei Gründe, die dich vielleicht doch noch bewegen könnten, uns zu helfen. Erstens: Die Polizei hat einen Verdächtigen und wird alles dransetzen, ihm den Mord anzuhängen. Welche Katastrophe das wäre, wirst du sofort verstehen, wenn ich dir seinen Namen sage: Humphrey Edgerton. Er hat kein Alibi, außerdem hat er Adams einmal in aller Öffentlichkeit bedroht, und als einziger in der ganzen Universität, abgesehen von der Wachmannschaft, besitzt er einen Schlüssel zur Levy Hall, den er sich mit einigen Studenten teilte.«
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    »Warum um alles in der Welt?« fragte Kate entsetzt. Edgerton war schwarz, kämpfte vehement gegen Rassendiskriminierung an der Universität und hatte einmal in aller Öffentlichkeit einen Zusammen-stoß mit Adams gehabt. Damals hatte er sich erst in dem Moment bezähmt, als Adams, der viel
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