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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts
Autoren: James G. Ballard
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Zauberfensterchen klopft. Der ist ja verrückt.«
    »Da bin ich nicht so sicher«, fiel Bill Waring, der andere Reporter, ein. »Sein Selbsterhaltungstrieb ist vielleicht sogar stärker, als wir glauben. Dies ist der bestorganisierte Apparat, den ich je gesehen habe. Drei-, vierhundert ausgebildete Männer, ein halbes Dutzend Superfahrzeuge, eine Funkstation, Agenten im ganzen Land – wie eine gutgeführte Militäreinheit. Der moralische Widerstand ist vermutlich nur die Würze. Nach meiner Meinung sollten wir einen Blick vorauswerfen ins nächste Stadium, nämlich, wenn der Wind sich legt und Hardoon tatsächlich die Fäden in der Hand hat und machen kann, was er will.«
    Patricia Olsen nickte zustimmend. »Selbstverständlich wird er dann irgendein anderes moralisches Anliegen finden. Könnt ihr euch unseren Freund Kroll als Vizepräsidenten vorstellen?«
    Lanyon lächelte ihr zu. »Du brauchst keine Angst zu haben. Solange Hardoon eine attraktive Journalistin braucht, hast du nichts zu fürchten.« Er wandte sich an Maitland, warf einen vorsichtigen Blick zur Tür und fuhr leiser fort: »Im Ernst, ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, wie wir hier herauskommen.«
    »Das frage ich mich auch«, sagte Maitland. »Haben Sie eine Idee?«
    »Nun, wie ich eben Pat und Bill erklärte, wäre es für die beiden das Einfachste, Hardoon den Gefallen zu tun und ein Heldenepos über den einsamen Kämpfer gegen den Wind anzufertigen. Wenn er sicher ist, daß wir es ernst meinen, können wir ihm bestimmt einreden, daß die Geschichte sofort publiziert werden müsse.«
    »Um die ganze Menschheit zu ermutigen«, schloß Bill Waring. »Ja, ich glaube, das ist unsere beste Chance.«
    Auch Pat Olsen nickte. »Das dürfte nicht schwer sein. Wenn er eine Kamera hat, können wir ihn auch vor seinem Ausguck fotografieren.«
    »Wo sind der Funker und der Fahrer?« fragte Maitland.
    »Haben sich zu den Haustruppen geschlagen«, sagte Lanyon. Lächelnd fügte er hinzu: »Machen Sie kein so entsetztes Gesicht, Maitland. Das ist militärischer Brauch. Mir hat Kroll sogar angeboten, mich zum Korporal zu machen.«
    Fünf Tage lang blieben sie im Bunker eingeschlossen. Die Tür zum Korridor blieb zugesperrt. Zweimal am Tag brachten ihnen zwei Wachleute etwas zu essen, sonst blieben sie bis auf gelegentliche Kontrollen sich selbst überlassen. Die Wachen waren kurz angebunden und einsilbig und ließen durchblicken, daß weiter oben das meiste Personal Tag und Nacht irgendeiner geheimnisvollen Beschäftigung nachgehe.
    Ihr Bunker lag auf der tiefsten Sohle der Anlage, etwa zweihundert Fuß unter der Erde. Der Gang führte an einem kleinen Waschraum vorbei zu einer Wendeltreppe, und Maitland hatte den Eindruck, daß von der Hauptgruppe der Bunker eine große Anzahl ähnlicher Anbauten ausging.
    Die Luft, die ihnen ein kleiner Ventilator zuführte, war feucht und durch untermischten Dieselqualm oft beißend.
    Während Pat Olsen und Waring ihre Geschichte von Hardoons Kampf gegen den Wind ausbrüteten, versuchten sich Maitland und Lanyon an einem Fluchtplan. Mehrmals bat Maitland um eine Unterredung mit Hardoon, doch nie erfolgte etwas darauf. Gleichfalls unmöglich schien es, Neues über Andrew Symington zu erfahren.
     
    Kurz nach Mitternacht erwachte Maitland. Vergeblich versuchte er, wieder einzuschlafen. Er lag im rötlichen Schein der Sturmlampe auf dem Rücken und lauschte auf die Schlafgeräusche seiner Gefährten. Sein Bett stand neben der Tür, Lanyon lag zu seinen Füßen, Waring und Pat Olsen entlang der Wand unter dem Ventilator.
    Draußen im Gang ertönten nächtliche Geräusche – Dampfrohre zischten, Befehle wurden gerufen, im oberen Stockwerk Fracht entladen.
    Einige Zeit später erwachte er noch einmal, schweißüberströmt. Um ihn herum war es ungewöhnlich still; die Atemzüge seiner Gefährten klangen schwer und mühsam.
    Dann merkte er, daß der Ventilator nicht mehr arbeitete. Statt des alles untermalenden Rauschens hörte er jetzt nur noch das Ping-ping-ping eines tropfenden Wasserhahnes ganz in seiner Nähe. Die Tropfen fielen in ein gefülltes Becken.
    Als er den Kopf drehte, sah Maitland plötzlich einen Tropfen fallen. Sekundenlang hatte er das rote Licht der Sturmlampe reflektiert.
    Maitland stützte sich auf einen Ellbogen und schlug die Zeltbahn zurück, die ihm als Decke diente.
    Das Tropfen kam aus dem Ventilator! Die Tropfen fielen in Abständen von einer halben Sekunde und wurden immer schneller.
    Maitland
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