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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts
Autoren: James G. Ballard
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schwang die Beine aus dem Bett, setzte die Füße auf den Boden und blickte erstaunt hinunter. Er sah nur Wasser – es ging ihm bis an die Knöchel.
    »Lanyon! Waring!« schrie er. Während die anderen widerwillig den Schlaf abzuschütteln versuchten, sprang er auf und zog die Lederstiefel an. Waring spähte in den verstummten Ventilationsschacht hinein, aus dem nun ein richtiges Rinnsal auf den Boden hinunterfloß.
    »Kommt keine Luft mehr durch!« rief Waring den anderen zu. »Muß irgendwo oben geplatzt sein.«
    Lanyon und Maitland liefen zur Tür und schlugen mit den Fäusten dagegen, während sie aus vollem Hals nach den Wachen riefen. Über ihnen, irgendwo auf der Treppe, hörten sie wirre Rufe und den Klang eiliger Schritte.
    Jetzt drang schwarzes, öliges Wasser unter der Tür hindurch und stieg an den Wänden hoch. Pat Olsen sprang auf Maitlands Bett und hockte sich auf das Fußende. Draußen im Gang stand das Wasser anscheinend schon vier Zoll hoch, und immer mehr kam die Treppe heruntergerauscht. Als Maitland und Lanyon gemeinsam die Schultern gegen die Stahltür stemmten, schoß plötzlich eine ganze Fontäne aus dem Ventilator und durchnäßte sie von oben bis unten.
    Lanyon zog Maitland fort und deutete auf eines der Betten. »Helfen Sie mir, das auseinanderzunehmen. Vielleicht können wir die Stangen als Brecheisen benutzen.«
    Rasch zogen sie die Matratze vom Bett und lösten mit Mühe zwei Stangen aus dem Gestell. Sie zwangen die scharfen Enden der Winkeleisen in die schmale Öffnung zwischen Tür und Betonwand und stemmten langsam die obere Hälfte der Stahlplatte aus den Angeln. Dann griff Lanyon hinauf, packte die Platte und zog sie langsam nach unten, bis eine Öffnung von einem Fuß entstanden war.
    Draußen im Gang brannte nur die rote Notbeleuchtung. Als Lanyon sich daranmachte, durch die Öffnung zu klettern, ging in ihrem Raum das Licht aus, und nur noch das rote Glühen der Notlampe schimmerte düster im Wasserspiegel.
    Im Gang reichte Lanyon das Wasser bis an die Knie, und immer mehr davon kam in reißendem Strom die Treppe herunter Lanyon half Patricia Olsen herauszuklettern, dann folgten Waring und Maitland. Als alle den Raum verlassen hatten, stand das Wasser bis über den Betten, und zwei Matratzen schwammen träge im Kreise.
    Rasch wateten sie den Gang entlang zur Treppe, Lanyon voraus. Das Wasser spülte um ihre Hüften, und als sich Maitland an der ersten Biegung umsah, betrug der Abstand zur Decke nur noch zwei Fuß.
    In der nächsthöheren Etage verschnauften sie in einer Nische, die von zwei sich kreuzenden Gängen gebildet wurde. Das hereinströmende Wasser floß nach rechts ab, durch die geborstenen Türen einer Reihe hoher Lagerräume.
    Lanyon zeigte nach links, wo ein halbes Dutzend Wachen mit Sandsäcken den Korridor verbarrikadierten, bevor sie ihn mit einem schweren Schott verschlossen.
    »Halt! Noch nicht zumachen!« schrie er.
    Er rannte auf sie zu, doch die Männer beachteten ihn nicht. Als er das Schott erreichte, schoben sie die Riegel vor, und der Amerikaner hämmerte hilflos an die massiven Stahlplatten.
    Maitland kletterte auf die Sandsäcke, die mit schnelltrocknendem Beton gefüllt waren und schon erstarrten, während das Wasser an ihnen emporstieg. Er packte Lanyons Schulter. »Kommen Sie, wir wollen sehen, daß wir schnell nach oben kommen.«
    Sie zogen sich die Treppe hoch, an den nächsten zwei Stockwerken vorbei. Allmählich ließ der Zustrom des Wassers nach, und als sie oben angekommen waren, versiegte er ganz. Auf jedem der vier Stockwerke hatten sich die Bewohner durch Schotts vor dem Wasser geschützt und ihren Bunkerteil vom Treppenhaus und den abgesoffenen Lagerräumen abgeschlossen.
    Waring und Patricia Olsen lehnten sich gegenüber der Treppe an die Wand und versuchten, ihre nassen Kleider auszuwringen, doch Lanyon schrie sie an: »Los, weiter! Hier können wir nicht bleiben! Wir müssen durchkommen zu Hardoons Pyramide!«
    Einer nach dem anderen betraten sie den Verbindungstunnel und tasteten sich in der totalen Dunkelheit an den Wänden entlang weiter. Die Wände neigten sich, als drehte sich der ganze Tunnel um seine Längsachse. An der linken Wand hatte sich etwa drei Fuß Wasser angesammelt. Riesige Hohlräume hatten sich in dem umgebenden Kiesbett gebildet, als die unterirdische Quelle Unmengen von Kies fortspülte, und hatten den massiven Bunkern den Boden entzogen.
    Sie erreichten das andere Tunnelende und stiegen eine kurze Treppe hinauf
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