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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts
Autoren: James G. Ballard
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sich bog. Gleichzeitig hörten sie wieder das Brausen des Windes.
    Die Gänge am anderen Ende waren, wie Maitland angenommen hatte, wieder trocken, doch noch immer lagen die Schotts fest verschlossen hinter den Sandsackwällen.
    Als Maitland einen letzten Blick in den Tunnel zurückwarf, sah er, daß sich ein zwanzig Yards entferntes Tunnelstück plötzlich wie eine Zugbrücke hoch in die Luft hob. Betonbrocken und zerfetztes Stahlgeflecht regneten herunter. Dann fiel der ganze Tunnel zurück und ließ Tageslicht herein. Der Sog riß die Luft aus dem noch intakten, am Bunker hängenden Tunnelstück an Maitland vorbei nach draußen, und er wurde etwa zwölf Fuß weit mitgezogen, ehe er sich an einem Mauervorsprung festklammern konnte.
    Durch die Öffnung blickte er hinunter in den tiefen Abgrund. Staub- und Sandwolken verhüllten die Wände, doch über sich sah er die große Masse der Pyramide. Der Abgrund verlief direkt bis unter das Bauwerk, doch zu etwa zwei Dritteln ruhte die Pyramide noch auf festem Grund. Aus dem überhängenden Teil ragte tief unten das L-förmige Stück des Verbindungsstollens heraus. Die Pyramide besaß jetzt eine Schräglage von zehn Grad und hatte den Tunnel wie einen Strohhalm mitten durchgerissen.
    Maitland reckte den Hals, um oben in der Pyramide das Aussichtsfenster sehen zu können, doch es lag versteckt unter dunklen Wolken von grobem Sand.
    »Maitland!« hörte er hinter sich eine Stimme, doch er konnte sich nicht von dem Schauspiel losreißen. Wie ein verwundetes Mastodon stellte sich die Pyramide schräg in den Wind, während der unsichere Boden, auf dem sie stand, Yard um Yard hinweggerissen wurde. Der Abgrund vertiefte sich, das Wasserbett wurde breiter. Sekundenlang schwankte die Pyramide gefährlich, dann neigte sie sich ganz langsam hintenüber, um inmitten einer dicken Wolke von Staub und herumfliegenden Felsbrocken in den Abgrund zu stürzen. Einige Sekunden lang noch ragte der massive Körper über die Trümmer hinaus, die Spitze in schiefem Winkel nach unten gerichtet, dann begann der Wind die Pyramide zuzudecken, und er begrub sie unter riesigen Bergen aus Staub.
    Benommen starrte Maitland hinauf auf diese Szene der Zerstörung. Neben ihm stand Lanyon, den Arm um Patricia Olsen gelegt, und dahinter Waring. Gemeinsam blickten sie in den Abgrund hinunter, beobachteten die mit ungeheurer Gewalt vorbeibrausenden Staubwolken. Dann zog sich die kleine Gruppe wie betäubt in den kurzen Tunnel zurück und ging hinüber in den Korridor.
    Waring und Patricia Olsen setzten sich auf die oberste Treppenstufe. Lanyon lehnte an der Wand, und Maitland hockte auf dem Boden.
    »Tja, nun hast du doch noch deine Story, Pat«, bemerkte Lanyon.
    Sie nickte und zog die Kapuze fester um ihr eiskaltes Gesicht. »Ja, und jetzt kann ich vielleicht auch sogar daran glauben. Das Ende der Welt.«
    »Was tun wir jetzt, Commander?« fragte Waring. »Wir sind doch wohl kaum besser dran, wie? Es kann doch nur Stunden dauern, bis der Bau hier zusammenbricht.«
    Lanyon riß sich zusammen. Auf beiden Seiten riegelten dicke Schotts die von der Treppe ausgehenden Korridore ab, verstärkt durch Mauern aus zementgefüllten Sandsäcken. Lanyon und Maitland untersuchten die Risse in der Decke. Ohne die stützende Erde ringsum begannen die Bunker durch ihr eigenes Gewicht auseinanderzubrechen. Waring hatte recht, die Treppe und die Korridore würden sich bald lösen und ebenfalls in den Abgrund stürzen.
    »Ich versuch's mal mit der Treppe«, meinte Lanyon. »Möglich, daß es unten sicherer für uns ist.«
    An Pat Olsen vorbei begann er hinunterzusteigen, hatte aber kaum eine Runde vollendet, als er mit dem Fuß schon in Wasser trat. Der Treppenaufgang war bis obenhin vollgelaufen. Die drei Stockwerke unter ihnen standen unter Wasser.
    Er gesellte sich wieder zu den anderen. Sie hatten sich in den linken Korridor zurückgezogen und preßten sich an die zusammenrutschende Sandsackmauer. Maitland winkte Lanyon zu sich. Er blickte auf und sah, daß einer der Risse über der Treppe sich auf zwei Fuß verbreitert hatte. Der tiefe Spalt wurde zusehends größer.
    Und dann, eher als er erwartet hatte, drehte sich das ganze Bunkerstück mitsamt der Treppe und der Nische zwischen den Korridoren und glitt hinunter in den Abgrund. Nun schützte die kleine Menschengruppe nur noch ein schmales Stück überstehender Decke vor dem Sturmwind, und über den Schutzsuchenden hing in bedrohlichem Winkel ein riesiges Stück der
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