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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm
Autoren: Brian W. Aldiss
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entwickelt, das neue Trommelfelle nachwachsen ließ ...
    Nur in zwei Punkten wich der Traum von der Wirklichkeit ab.
    Er hatte nie bewußt eine Mary gesehen oder nach ihr Ausschau gehalten. Aber der Traum war so wirklichkeitsnah und natürlich, daß er nun wußte, daß er sein Leben lang insgeheim nach einer Mary gesucht hatte. Und er erkannte, daß der Traum die Zukunft richtig vorausgesagt hatte: Solange dieser Krieg andauerte, würde es nie eine Mary für ihn geben. Genügend Frauen, aber keine Frau wie Mary.
    Der zweite Punkt paßte zum ersten. Daran war kein Zweifel möglich ...
    »Oder hast du dir vielleicht eingebildet, wieder an der Oberfläche zu sein und Soldat zu spielen, was?« meinte der andere im nächsten Bett.
    Sergeant Taylor lächelte verloren und nickte den Lippen zu, die sich bewegten. Er befand sich in einer eigenen Welt, und er war mit ihr zufrieden.
    Ja, der zweite Punkt stimmte mit dem ersten überein. In seinem Traum hatte er sich selbst befördert und war als Oberst aufgetreten. Das konnte größenwahnsinnige Selbstbefriedigung sein – aber vermutlich war es mehr: eine Voraussage, die ebenso wie die andere eintreffen würde.
    Sergeant Taylor war Soldat. Er war als Soldat geboren worden, aber erst jetzt hatte er diese Tatsache deutlich vor Augen. Das machte ihn zum überlegenen Soldaten. Mary war die zartere Seite seines Lebens, die sich jetzt nicht mehr auswirken konnte; folglich würde er nur noch härter, zäher, verbitterter und brutaler werden. Er würde ein hervorragender Soldat sein.
    Keine Liebe – aber rasche Beförderungen!
    Sergeant Taylor hatte nun alles klar vor Augen. Er war sehr mit sich zufrieden, weil er diese sentimentalen Ideen in einem Traum abreagiert hatte. Dann lachte er so seltsam, daß der Mann im nächsten Bett ihn wieder anstarrte.
    Für einen stocktauben Mann gab es bestimmt recht merkwürdige Aufträge, die nur er richtig durchführen konnte ...

3

     
    SEKTOR VIOLETT

     

     
    Die Durchsage ertönte aus tausend Lautsprechern an Bord des Raumschiffs und war trotzdem kaum mehr als ein Flüstern:
    »Die Einwanderer von Istinogurzibeshilaha gehen als erste auf Dansson an Land. Die Einwanderer von Istinogurzibeshilaha halten sich bitte in der Nähe ihrer Schleuse zur Fahrt ins Immunisationszentrum bereit. Ihr Gepäck wird später ausgeladen. Ende der Durchsage.«

     
    Der Mann, an dessen Kehle nur ein schwacher Puls klopfte, blieb auf dem Rücken liegen und hörte sich die Wiederholung der Durchsage an, ohne die wimpernlosen Augenlider zu bewegen. Die sanfte Stimme rief ihn ins Leben zurück. Als er sich wieder orientiert hatte, öffnete er langsam die Augen.
    Seine Gefährtin Corbis hockte zitternd an der Kabinentür.
    Er richtete sich langsam auf, denn die Temperatur der Kammer war noch immer zu niedrig, um seine Lebensgeister zu erwecken. Aber Corbis war weniger kälteempfindlich als er; sie stand auf, kam auf ihn zu und legte ihm einen Arm um die Schultern, bevor er sich aufgerichtet hatte.
    »Ich habe Angst, Saton«, flüsterte sie.
    Die Wörter bewirkten keine vernünftige Reaktion, obwohl er kurz an die Befürchtungen dachte, die er gelegentlich gehabt hatte, wenn er durch die dichten Wälder seines Heimatplaneten schlich.
    »Wir sind angekommen, Saton. Wir sind endlich auf Dansson gelandet und sollen aussteigen. Aber ich habe jetzt Angst. Ich fürchte mich, seitdem ich aus dem Tiefschlaf erwacht bin. Sie haben uns hohe Temperaturen zur Wiederbelebung versprochen, aber hier ist es nicht wärmer als fünf Grad. Sie wissen, daß wir praktisch hilflos sind, solange es so kalt bleibt.«
    Saton reagierte nicht. Er ließ sich in die Koje zurücksinken und bewegte nur die Augen.
    »Was wird aus uns, wenn Dansson nicht das Paradies ist, von dem wir immer gehört haben?« fragte Corbis ängstlich. »Es könnte sich doch um einen Trick handeln, nicht wahr? Ich meine, alle Tests und Untersuchungen auf Istinogurzibeshilaha könnten doch nur den Zweck gehabt haben, uns hierher zu locken ... Oh, wir haben gehört, daß Dansson so herrlich ist – aber haben wir je gehört, daß irgend jemand von dort zurückgekommen ist? Falls uns das gleiche Schicksal bevorsteht, sind wir ... einfach hilflos!«
    Sie horchte nach draußen, wo fremde Schritte im Korridor ertönten und wieder verklangen. Auch sie hatte auf dem langen interstellaren Flug schreckliche Träume gehabt.
    Sie hatte den Tag vor vierzig Jahren miterlebt, an dem ihre Mutter als kleines Mädchen die Landung der
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