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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm
Autoren: Brian W. Aldiss
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sich nicht aufhalten. Sie rannten schneller. Sie liefen geduckt zwischen den Bäumen weiter. Im Morgengrauen sahen sie besser. Der Gegner war völlig unvorbereitet. Sie rannten unaufhörlich weiter. Sie liefen an getarnten Fahrzeugen, Panzern und Zelten mit schlafenden Männern vorbei. Niemand konnte sie aufhalten. Sie schossen auf jede Bewegung. Sie reagierten um die Hälfte schneller und waren deshalb Supermänner.
    Der Oberst war erstaunlich ruhig und gelassen. Er bewegte sich mit der Präzision einer tödlichen Maschine; er sah und hörte übernatürlich gut, schien Bewegungen zu erkennen, bevor sie tatsächlich ausgeführt wurden, und nahm Geräusche auf, die er früher nie wahrgenommen hätte.
    Er hörte sein Herz rasend schnell schlagen, seinen Atem, die Atemzüge seines Nebenmannes, das Rascheln ihrer Arme und Beine unter den Kampfanzügen. Er hörte Zweige unter ihren Füßen knacken, leise Rufe im Wald, entfernte Schüsse – vermutlich die Position einer anderen Gruppe. Er schien alles zu hören.
    Sie legten die erste Meile in fünf Minuten zurück und brauchten weniger als vier für die zweite. Der Oberst sah nur gelegentlich auf seinen Kompaß und verließ sich meist auf seinen erstaunlichen neuen Richtungssinn.
    Als ein Feuerüberfall von rechts einen Mann der Gruppe tötete, rannten die anderen vier ohne Pause weiter. Sie hatten das Gefühl, nie wieder stillstehen zu können. Die zweite und dritte Meile waren nicht schwieriger als die erste. Der Gegner war auf alle Möglichkeiten vorbereitet – aber er rechnete nicht mit einer Handvoll rennender Männer. Dieser Gedanke war zu lächerlich, um ernstgenommen zu werden. Der Oberst und seine Männer kamen nur durch, weil ein Angriff dieser Art für unmöglich galt.
    Dann hatten sie ihr Ziel fast erreicht. Der Gegner war offenbar gewarnt, denn er hatte Drahthindernisse aufgebaut und Maschinenwaffen in Stellung gebracht. Die zunehmende Tageshelle begünstigte die feindlichen Schützen.
    »Ausschwärmen!« brüllte der Oberst, als vor ihnen ein Maschinengewehr zu bellen begann.
    Seine Männer verteilten sich, hielten aber Sichtverbindung zueinander. Sie bewegten sich nun wie lautlose Schatten; sie rannten, ohne zu schießen.
    Der Gegner begann aus allen Rohren zu schießen. Da er die vier geisterhaften Schemen nicht traf, schoß er weiter Sperrfeuer, um das Vordringen der feindlichen Hauptstreitmacht zu unterbinden, die aber nie kam. Die vier Gestalten rannten weiter und litten vor allem unter dem Lärm, der sich wie Säure durch ihre Trommelfelle fraß.
    Dann ragte vor ihnen ein hölzerner Turm zwischen den Bäumen auf – das Ziel war erreicht!
    Die vier schlossen sich zusammen, als die Wachmannschaft aus ihrer Unterkunft stürzte. Sie erschossen einen MG-Schützen, der seine Waffe in Stellung brachte. Sie warfen Handgranaten in einen mit Sandsäcken befestigten Schützengraben. Dann drangen sie in die Wetterstation ein.
    Alles war wie erwartet. Sie rannten die knarrende Wendeltreppe hinauf, der Oberst noch immer an der Spitze seiner Männer. Vor ihnen wurden Türen aufgestoßen. Aber der Gegner bewegte sich im Zeitlupentempo und starb, ohne einen Schuß abgegeben zu haben. Sekunden später erreichte die Gruppe das oberste Stockwerk.
    Der Oberst riß die einzige Tür auf und blieb an der Schwelle stehen.
    Vor ihm lag der Wetterraum.
    Überall standen Apparate unordentlich aufgestapelt und zeigten, daß die Station noch nicht lange in Betrieb war. Aber die großen Wetterkarten an den Wänden waren unverkennbar.
    Einige feindliche Soldaten hielten sich hier auf. Die Schüsse ganz in der Nähe hatten sie alarmiert. Von den Fenstern aus hatte man einen weiten Blick auf Klippen und das Meer. Ein Mann telefonierte; die anderen standen an den Fenstern und diskutierten erregt miteinander. Der Mann am Telefon sah die Gefahr zuerst.
    Er ließ den Hörer fallen, öffnete verblüfft den Mund, als wolle er die anderen warnen, und brachte doch kein Wort heraus. Er beugte sich langsam nach vorn und wollte nach der Pistole auf seinem Schreibtisch greifen. Der Oberst hatte den Eindruck, der andere bewege sich in Zeitlupe, während die anderen sich ebenso langsam nach ihm umdrehten.
    Der Oberst stieß einen lauten Schrei aus und krümmte den rechten Zeigefinger. Er sah die Kugel einschlagen. Der Mann warf die Arme hoch, rutschte vom Stuhl und blieb neben seinem Schreibtisch liegen.
    Einer der Männer des Obersten warf eine Brandhandgranate in den Raum. Als sie detonierte,
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