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Der sterbende Stern

Der sterbende Stern

Titel: Der sterbende Stern
Autoren: Leigh Brackett
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war es weg, und er hörte es nicht mehr. Er war eben eine Reihe Stufen hinabgelaufen. Die lagen hinter ihm. Er konnte rechts und links Wände spüren und mußte sich also in einem Gang befinden, von dessen Ende das Geräusch gekommen war. Er tastete sich weiter, blieb ab und zu stehen, hielt den Atem an und lauschte.
    Da war das Geräusch wieder. Unmißverständlich Musik. Irgend jemand machte in diesen finsteren, uralten, staubigen Katakomben Musik, zirpende, schwankende Musik. Die schönste Musik, die Stark je gehört hatte.
    Die Musik verstummte noch zweimal, als ärgerte sich der Spieler wegen einer falschen Note. Dann setzte das Instrument wieder ein. Stark sah ein Licht schimmern und schlich sich geräuschlos näher.
    Hinter einem behauenen Eingang lag eine gut beleuchtete Kammer. Eins der Kinder der Mutter Skaith, ein alter Mann mit knochigem Körper, war über ein merkwürdig geformtes Instrument mit mehreren Saiten gebeugt. Neben ihm stand ein alter Tisch, auf dem sich Bücher und Pergamente stapelten, zwischen ihnen ein Teller Essen und ein Krug. Die Finger des Alten streichelten die Saiten, als liebkosten sie ein Kind.
    Stark trat ein. Der alte Mann sah auf. Stark sah, wie sich langsam Entsetzen auf dem Gesicht ausbreitete.
    »Die Außenwelt ist in das Haus der Mutter gekommen«, sagte er. »Das ist das Ende.« Und er setzte das Instrument vorsichtig auf den Boden.
    »Noch nicht«, sagte Stark. »Ich möchte das Haus der Mutter nur verlassen. Gibt es ein nördliches Tor?«
    »Ja, aber dort kann ich dich nicht hinbringen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil mir jetzt etwas einfällt. Uns wurde gesagt, daß ein Feind von draußen in das Haus der Mutter eingedrungen sei und daß wir aufpassen sollten. Wenn wir ihn sehen, müssen wir Alarm geben.«
    »Alter«, sagte Stark, »du wirst keinen Alarm geben und du wirst mich zum nördlichen Tor bringen.« Er legte seine kräftigen Hände auf das Instrument.
    Der alte Mann stand auf. Mit leiser, verzweifelter Stimme sagte er: »Ich versuche, die Musik Tlavias wieder zu erwecken. Tlavia war vor den großen Wanderungen die königliche Hauptstadt des hohen Nordens. Es ist meine Lebensarbeit. Das hier ist das einzige bekannte Instrument aus Tlavia. Die anderen sind irgendwo in den Höhlen verschollen. Wenn es zerstört würde …«
    »Du selbst bist für seine Sicherheit verantwortlich«, sagte Stark. »Wenn du machst, was ich dir sage …« Er nahm die Hände von dem zerbrechlichen Instrument.
    Der alte Mann überlegte. »Nun gut«, sagte er. »Es geht um das Instrument.«
    Stark reichte ihm Hammer und Meißel. »Hier.« Er legte seine Handgelenke auf die Marmorplatte des Tisches. »Befreie mich von diesen Fesseln.«
    Der alte Mann war ungeschickt, und die Tischplatte trug beträchtlichen Schaden davon, aber schließlich fielen die Handschellen. Stark rieb sich die Gelenke. Hunger und Durst schmerzten fast schon. Er trank aus dem Steinkrug. Er enthielt einen Wein, der ein wenig nach Staub schmeckte. Wasser wäre ihm lieber gewesen, aber es war besser als nichts. Die Speisen schob er in seine Taschen, um sie unterwegs zu essen. Der Alte wartete geduldig. Irgendwie hatte er sich zu rasch mit allem einverstanden erklärt. Stark fragte sich, was er wohl in seinem Kopf ausbrüten mochte.
    »Gehen wir«, sagte er und nahm das Instrument. Der alte Mann nahm eine Lampe und ging auf den Korridor hinaus. Bald hatten sie bewohnte Gegenden erreicht. Stark packte das Gewand des Alten. »Wenn uns jemand sieht, ist die Musik von Tlavia gestorben.«
    Und der alte Mann führte ihn geschickt um die Stockwerke herum, in denen sich die Werkstätten und Wohnkammern, die Schulen und tief in den Berg gegrabenen Gärten befanden, in denen eßbare Pilze wucherten. Die Tiefe war deutlich wärmer, und der alte Mann erklärte ihm, daß sich das Gebiet der heißen Quellen bis unter das Haus der Mutter erstreckte und daß sie sogar heißes Badewasser hätten.
    Er erzählte Stark noch andere Dinge.
    Der Pfad, den die Harsenyi benutzten, lief von dem Paß der Hexenfeuer zu einem Paß der Rauhen Berge. Er lag im westlichen Teil der Ebene des Herzens der Welt. Stark mußte an Gelmars Karawane denken. Die Harsenyi waren auf dem Pfad sicher, solange sie ihn nicht verließen, und sie hatten in den Vorbergen ein festes Dorf. Näher ließ man sie nicht an die Zitadelle. Der alte Mann hatte sie nie gesehen. Er hatte nie einen Nordhund gesehen. Er meinte, sie entfernten sich nie sehr weit von der Zitadelle, es sei
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