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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman
Autoren: Roman Kessing
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das Unvermeidliche, kämpfte mit den Mächten der Tiefe, die auch diese Beute wollten.
    Ein letztes verzweifeltes Rucken; dann suchten die Wellen sich mit wachsender Geschwindigkeit einen Weg übers Deck, und der Indianer musste sich an der Reling festhalten, um nicht hinaus aufs Meer gerissen zu werden. Dann schlug auch schon das Wasser über seinem Kopf zusammen, und er spürte die letzte verzweifelte Gegenwehr des Schiffes, hinunter in die unbekannten Tiefen des Meeres gezogen zu werden.
    Mit einem letzten Blick durch das trübe Licht des Ozeans, ehe das in seine Lungen eindringende Salzwasser ihn erstickte, sah der Indianer das bleierne Bündel zur Mitte des sinkenden Schiffes rutschen, wo die geöffnete und zerschlagene Ladeluke war, und im dunklen Inneren der Galeone verschwinden.

2.
Zehn Tage später am Tejo-Ufer bei Lissabon
    Mit wachsender Sorge suchte der noch jugendlich wirkende Mann den scheinbar unendlichen Horizont des Meeres ab, des
Ocean Occidental
oder
Atlantique,
wie man ihn ebenfalls noch immer nannte. Dieses Meer hatte viele Namen. Und sicher noch viel mehr Geheimnisse in seinen dunklen Tiefen.
    Wo blieb die
Flor de la Mar?
Sie müsste doch längst mit stolz geblähten Segeln den Torre de Belem in der Mitte der breiten Tejomündung passiert haben! Wo war das Schiff abgeblieben?
    Amman Sachs konnte seine wachsende Unruhe nicht länger bändigen. Zu lange schon war er jeden Morgen bei Sonnenaufgang von seinem Quartier in der Fugger-Faktorei hinunter zum Flussufer gegangen, um nach dem kostbaren Schiff Ausschau zu halten. Wäre alles nach Plan verlaufen – nach dem von ihm, Amman Sachs, sorgfältig ausgearbeiteten Plan –, hätte die spanische Galeone längst im Hafen von Lissabon festgemacht haben müssen, wo kein Feind der spanischen Krone normalerweise eine spanische Goldgaleone vermutet hätte.
    Aber das Schiff kam und kam nicht. Düstere Ahnungen überfielen Amman Sachs. Das Ausbleiben des Schiffes und seiner unvorstellbar wertvollen Fracht erfüllte ihn mit tiefer Sorge. Sachs wollte sich gar nicht erst ausmalen, was es für ihn bedeutete, den für eine solche Aufgabe eigentlich noch zu unerfahrenen Agenten des Kaufmannshauses der Fugger.
    Amman Sachs kam ein plötzlicher Gedanke, und er blickte statt nach Westen auf die offene See nun nach Osten in den wie ein Binnenmeer wirkenden Flusslauf – in der Hoffnung, dass sein Schiff, getragen von einem günstigen Wind, vielleicht an Belem und Lissabon vorbei weiter den Strom hinauf getrieben wurde.
    Aber das war eine törichte Idee. Auch dort war das gesuchte Schiff nicht zu sehen – natürlich nicht.
    So schaute Sachs wieder nach Westen, in die Weiten des großen Meeres, das seit mehreren Jahrzehnten seine scheinbare Unendlichkeit eingebüßt hatte. Es war ein großes Meer, oh ja, mit vielen Gefahren – gewaltige Stürme, riesige Wellen und schreckliche Meeresungeheuer, größer noch als die größten Schiffe, die die Fugger in die Ferne schickten.
    Hatte die
Flor de la Mar
vielleicht den Weg einer solchen Kreatur gekreuzt und war an dem Ungeheuer gescheitert? Solche Katastrophen ließen sich nie voraussehen und bildeten eines der größten Risiken einer Handelsexpedition, da sie in ihrer Zufälligkeit nicht zu kalkulieren waren. Kein Kaufmann, kein noch so kluger Kopf war vor einem solchen Unglück gefeit.
    Oder ob es einer der Feinde war?
    Diese Feinde waren allerdings nicht so unberechenbar wie die schrecklichen Untiere des Meeres oder die Launenhaftigkeit des Wetters. Die Feinde waren durchschaubare Menschen, jedoch listig und schlau, sodass sie es erforderlich machten, dass man noch listiger und schlauer sein musste als sie, um den immerwährenden Kampf für sich zu entscheiden.
    Und das gewaltige Königreich Spanien, Kunde der Fugger für die gewagte Passage der
Flor de la Mar,
hatte viele Feinde, mächtige Feinde, in deren Reihen es gerissene Menschen gab, die unentwegt grübelten, wie sie Philipp, dem König von Spanien und verhassten Gegner, neuen Schaden zufügen konnten.
    Amman Sachs erschien es plötzlich absurd, dass er einmal geglaubt hatte, der gewaltigen Aufgabe gewachsen zu sein, die Passage einer großen Goldgaleone zu planen. Es gab so viele Gefahren, so viele Risiken, so viele unkalkulierbare Faktoren . . .
    Was war mit der
Flor de la Mar
passiert?
    Mittlerweile sah es danach aus, als wäre etwas Schlimmes mit dem Schiff geschehen. Und mit jedem verstreichenden Tag, den der Segler nicht in den Hafen von Lissabon einlief,
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