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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis
Autoren: Morrin Alex
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und verneigte sich ein wenig ungeschickt. »Ich danke Euch und Eurem Sohn, dass Ihr mich gerettet habt.« Höhnisches Gekicher kam auf, das auf einen scharfen Wink hin sofort wieder verstummte.
    »Du kannst mir deinen Dank beweisen, indem du mir einen Dienst erweist, Menschenmädchen. – Setz den Spiegel für mich zusammen!«
    »Aber ich dachte … Ihr sagtet doch …« Verwirrt trat Cassim einen Schritt zurück.
    Dieses Mal hieß ein Zischen sie schweigen. »Ich weiß, was ich sagte. Dennoch wünsche ich, dass du den Spiegel wieder zusammensetzt. So wie ich es sage!« Jede Freundlichkeit war aus dem Ton der Eiskönigin gewichen. Angst setzte sich in Cassims Magen fest.
    »Herrin, ich kann diesen Spiegel nicht zusammensetzen.« Ihre Stimme bebte.
    »Du hast das Auge des Feuers geheilt, du kannst auch den Spiegel heilen.« Eis klirrte in den Worten der Königin.
    »Aber ich weiß nicht, wie.« In ihrer Verzweiflung schrie Cassim fast. Sie wollte einen weiteren Schritt zurückweichen, prallte
aber gegen einen der hochgewachsenen Männer, der plötzlich hinter ihr stand.
    »Lügnerisches Gör! Du wirst tun, was ich dir sage!« Königin Lyjadis hatte sich auf ihrem Thron vorgebeugt. Ihre Finger schlossen sich um Cassims Handgelenk. Schmerz gefror unter diesem Griff und sie schrie gequält auf. Plötzlich waren Tränen auf ihren Wangen. Sie erstarrten zu glänzenden Tropfen. Ein Ruck und Cassim stolperte vorwärts und stürzte hart auf die Knie. Der Schmerz hatte ihre Knochen erreicht, verwandelte sie in Eis, raubte ihr den Atem. Genauso plötzlich wie sie gekommen war, verebbte die Qual. Ihre Hand war frei. Schwindlig vor Erleichterung, presste sie sie gegen die Brust. Die Haut hatte eine gräuliche Farbe angenommen. Zögernd hob Cassim den Blick, begegnete dem eisblauen der Königin, die ihr bedeutete aufzustehen. Wankend gehorchte sie.
    »Nun, Menschenmädchen, wie lautet deine Antwort?«
    »Ich lüge nicht! Ich weiß wirklich nicht, wie ich diesen Spiegel wieder zusammensetzen soll!« Cassim brachte nur ein Flüstern zustande.
    Mit schmalen Augen lehnte die Eiskönigin sich zurück. »Nun, dann rate ich dir, darüber nachzudenken. Denn du wirst mein Gast sein, bis es dir einfällt. Und ich will dir einen kleinen Anreiz geben, dich anzustrengen. – Bringt sie in den Kerker und legt sie in Ketten!«
    Hände packten sie, zerrten sie rücklings die Stufen hinab. »Nein!« Cassims hilfloser Schrei hallte von den Wänden wider. Sie versuchte, sich zu wehren. Ohne Erfolg.
    »Wartet!« Die Stimme der Königin gebot den Männern, die sie ergriffen hatten, Einhalt. »Wo ist das Auge des Feuers? Nehmt es ihr ab!«
    Einer der beiden Bewacher zerrte Cassims Hemd auf der Suche nach dem Anhänger auseinander. »Wo ist es?«, wurde sie angeknurrt.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht mehr. Karnan
hat es.« Die Worte kamen als Schluchzen aus ihrer Kehle. Der Mann sah zur Eiskönigin hin, wartete auf ihre Befehle. Ein Wink von ihr und Cassim wurde aus dem Saal geschleift.

    Schon vor Stunden waren die Feuerbecken bis auf einige wenige gelöscht worden. Der Thronsaal bestand nur noch aus Eis und Schatten. Eine Gestalt trat schließlich aus ihnen heraus, verharrte reglos zwischen den mächtigen Säulen, die das Deckengewölbe stützten, und blickte schweigend auf den Gefangenen. Irgendwann schien dieser zu spüren, dass er nicht mehr allein war, und hob schwach den Kopf.
    »Du bist gekommen.« Seine Stimme war nur ein heiseres Wispern.
    »Ich war neugierig, was die Eisdryaden und Centauren von dem Narren übrig gelassen haben, der so dumm war, hierherzukommen, Minotaure. – Weshalb?« Auch der Schatten sprach gedämpft.
    Ein fragender Laut antwortete ihm.
    »Weshalb bist du gekommen, Minotaure? Solltest du mich töten?«
    »Nein! Nein, ich … Er will … deinen Tod nicht. Er …«
    »Was? … liebt seinen einzigen Sohn über alles?« Ein beißendes Schnauben erklang. »Natürlich! Deshalb hat er auch versucht, mich in der Wiege zu ermorden. – Sag mir die Wahrheit, Minotaure, und ich sorge dafür, dass der Schmerz ein Ende hat. Warum bist du hier? Warum schickt er ausgerechnet General Haranas ältesten Sohn?«
    »Ich habe … eine Nachricht für dich. – Der Spiegel … Das Menschenmädchen darf ihn nicht …«
    »Wer ist da?« Die Stimme einer Wache schnitt durch den Saal. Das Klacken von Hufen verriet, dass ein Centaure langsam
näher kam. Von einem Atemzug auf den anderen war der Schatten wieder mit der Dunkelheit
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