Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis
Autoren: Morrin Alex
Vom Netzwerk:
Augen glitten für kaum mehr als den Bruchteil eines Atemzugs zu ihm hin. Aus Morgwens Kehle kam ein Knurren. Er spannte sich unmerklich.
    Er wird sie töten! Er wird sie beide töten!
    Königin Lyjadis machte einen weiteren Schritt auf ihn zu.
    »Nicht!« Cassim wusste nicht, wem ihr heiserer Ruf galt. Doch zumindest endete das Knurren. Auch die Eiskönigin blieb stehen und sah sie zornig an. Taumelnd kam Cassim auf die Beine. »Bitte! Ihr müsst … Er weiß es nicht! Er weiß nicht, dass alles eine Lüge war.«
    Reif und Flammen zogen sich zurück. Morgwen wandte sich ihr zu. »Was war eine Lüge?« Die Frage galt Cassim, als sei sie die Einzige im Raum.
    »Was erdreistest du dich, Mensch? Du hast kein Recht …« Feuer schlug jäh nach Königin Lyjadis. Mit einem angstvollen Laut wich sie zurück, starrte ihren Sohn an. Die Flammen vergingen
so plötzlich, wie sie aufgelodert waren, ohne eine Spur zu hinterlassen.
    »Sie hat jedes Recht!« Der Blick, der die Eiskönigin traf, war kalt genug, selbst sie erfrieren zu lassen. »Im Gegensatz zu dir! – Raus!«
    Noch ehe Königin Lyjadis zu einer Erwiderung ansetzen konnte, packte der Lord des Feuers seine Gemahlin beim Arm. »Wie du wünschst, Prinz. Wir überlassen dich deiner Retterin. Sie wird dir alles erklären.« Das empörte Luftholen der Eiskönigin beendete er mit einem zornigen Zischen, während er sie aus dem Raum zerrte. Ihre Schritte entfernten sich – seine energisch, ihre unwillig -, dann war es still.
    Schweigend standen Cassim und Morgwen sich gegenüber, mieden den Blick des anderen und suchten ihn zugleich.
    Schließlich nahm Cassim all ihren Mut zusammen. »Geht es dir gut?«
    »Willst du mir mit dem Ding wieder den Schädel einschlagen?« Morgwen sprach im selben Moment und wies auf ihre Hand.
    Erschrocken blickte Cassim nach unten. Sie hielt noch immer die silberne Bürste umklammert, ohne es gemerkt zu haben. »Nein!« Hastig warf sie sie beiseite.
    Das Schweigen kehrte zurück. Dauerte an.
    Wieder war es Cassim, die zuerst sprach. »Es gibt da ein paar Dinge, die du wissen musst. Deine Eltern …«
    »… interessieren mich nicht.« Betont langsam kam er auf sie zu, offenbar bereit, sofort stehenzubleiben, sollte sie vor ihm zurückweichen. Cassim rührte sich nicht. Feuer und Eis waren aus seinen Augen verschwunden, ebenso wie die Bestie, die sie in ihnen gesehen hatte. Sie schaute in helle, klare Aquamarine, in denen man ertrinken konnte. »Es tut mir leid.« Er streckte ihr die Hand hin.
    »Was?« Das Wort klang schärfer als beabsichtigt und ließ ihn zusammenzucken. Seine Hand fiel herab.

    »Du hast recht, da gibt es einiges.« Gequält glitt sein Blick durch den Raum. »Ich habe dich belogen, dich getäuscht, dich ge…«
    Er verstummte, als Cassim dicht vor ihn trat.
    »Wann hast du mich wirklich getäuscht?«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Wann hast du mich wirklich getäuscht? – Ich meine nicht solche Dinge wie deine Behauptung, nichts über den Spiegel von Feuer und Eis zu wissen, oder dass du nicht in den Diensten der Eiskönigin stehst. – Wann hast du mich wirklich getäuscht, was dich selbst betraf?« Die Verwirrung, mit der er sie ansah, entlockte ihr ein leises Lächeln. »Der Eisprinz war die Täuschung, oder? Nicht der ›Streuner‹, der die ganze Zeit da war, der mich aus dem See gezogen hat – gegen den Willen eines Nix oder der nach einer Schlitterpartie im Schnee lag und vor Lachen fast erstickt ist. Das war der wahre Morgwen, nicht wahr?« Sie verwob ihre Finger mit seinen. Seine Hand fühlte sich seltsam warm an. Menschlich.
    Langsam schüttelte er den Kopf. »Beide sind Seiten meines Wesens. Unter dem Streuner wird immer der Eisprinz sein und unter dem Eisprinz immer der Streuner.« Sein Daumen strich über ihre Handfläche. »Aber gewöhnlich bemüht sich der Streuner, den Eisprinzen an der kurzen Leine zu halten.« Er blickte auf ihre ineinanderverschränkten Hände. »Es tut mir leid«, murmelte er noch einmal. »Zu Anfang war es nur ein Befehl. Aber dann … dann musste ich wählen: – Ich habe mich für meine Bestimmung entschieden.«
    »Hast du nicht. – Sonst hättest du mich den Spiegel nicht zum zweiten Mal zusammensetzen lassen; richtig zusammensetzen lassen. – Hast du deshalb in Jarlaith den Kuss so plötzlich abgebrochen und bist davongelaufen?«
    »Ich bin nicht davongelaufen!« Abrupt hob er den Kopf und sah sie indigniert an.
    »Nicht? Und als was würdest du dein überhastetes Verlassen
des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher