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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin
Autoren: balzon
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Vermutung.«
    »Aber der Auswurf hier …«
    »Guter Gott, die Maus kann an allem Möglichen ve r reckt sein – vielleicht war sie bereits krank. Dafür spr ä che, dass Lars schnell genug war sie zu fangen. Oder sie hat vor Schreck Krämpfe bekommen. Jemand könnte sie sogar im Stall unbemerkt erschlagen haben.«
    »Dennoch – Descartes ’ Symptome sprachen nicht für eine Lungenentzündung. Und selbst wenn er erkältet g e wesen ist, könnte jemand seine geschwächte Konstitution ausgenutzt haben, um ihm das Gift in mehreren Dosen zu verabreichen. Sie waren nicht da, Majestät – aber seit seiner Erkrankung gaben sich die Gelehrten in der Bo t schaft seltsamerweise plötzlich die Klinke in die Hand.«
    »Nur weil es möglicherweise ein Motiv gibt, heißt das noch lange nicht, dass es auch eine Tat geben muss.«
    »Eben deshalb muss der Todesfall genauer untersucht werden«, beharrte Elin. »Ich habe bereits eine Liste der Gäste erstellt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl Monsieur Tervué als auch Herr Gesenbek …«
    Kristina hob abwehrend die Hand. Sie war noch bla s ser geworden und stützte sich mit der anderen Hand schwer auf die Lehne des Stuhls, neben dem sie stand. »Doktor van Wullen hat ein offizielles Kommunique ve r fasst und darin bestätigt, dass Monsieur Descartes an e i ner Lungenentzündung verschieden ist«, sagte sie mit Nachdruck. »Das ist auch mein letztes Wort.«
    Elin kam sich vor, als wäre sie soeben in vollem Lauf gegen eine Mauer geprallt. Benommen stand sie da und begriff nur langsam. In diesem Augenblick, als die En t täuschung sie überschwemmte wie eine kalte Woge, füh l te sie sich auf Tre Kronor nicht länger zu Hause. Sie hob das Kinn und warf der Königin einen herausfordernden Blick zu. Es wunderte sie, wie ruhig ihre Stimme klang.
    »Sie sprechen so mutig, Majestät, wenn es um Tugend und Freiheit und Gerechtigkeit geht – um die Pflichten eines Fürsten gegenüber seinem Volk. Aber wo sind die mutigen Taten, wenn es darum geht, einen Tod zu r ä chen?«
    »Ich handle damit durchaus zum Wohl meiner Unte r tanen«, erwiderte Kristin^ ebenso ruhig. »Ein Wisse n schaftler kommt in meine Obhut und wird vergiftet. B e greifst du denn nicht, was das bedeuten würde?«
    »Ich begreife sehr wohl.«
    »Nein, du begreifst es ganz und gar nicht. Ich werde nicht zulassen, dass mein Hof in Europa als Mördergrube bekannt wird. Nicht nur, dass es einen Skandal gäbe, es würde auch politische Verstrickungen nach sich ziehen, deren Konsequenzen wir uns besser nicht vorstellen.«
    »Sie schützen also den Ruf Ihrer Gelehrten zum Preis von Monsieur Descartes ’ Leben und nennen es Pflicht.«
    »Du bist nicht mein Richter!«, schrie die Königin sie mit einem Mal an.
    Ihre blauen Augen glühten vor Zorn. Mit einer blit z schnellen Handbewegung griff sie nach dem Tintenfass auf dem Tisch. Es geschah so schnell, dass Elin nicht reagieren konnte und erschrocken stehen blieb. Das Fass verfehlte ihre Schulter nur knapp, zerschellte an der Holztäfelung der Tür und hinterließ eine schwarz blute n de Wunde. Für ein paar Sekunden war Ruhe, dann richt e te sich Kristina sehr gerade auf und biss sich auf die Li p pen. Elin fühlte sich, als wäre gerade der letzte Faden, der sie beide noch verband, gerissen. Der Spiegel war zersplittert – und mit ihm Elins Spiegelbild. Sie betrac h tete Kristina und sah nur noch eine Fremde.
    »Ich verbiete dir, über diese Angelegenheit zu spr e chen«, sagte die Königin leise. »Schwöre es!«
    Elin senkte den Kopf und dachte an Doktor van Wu l lens verschlüsselten Brief.
    »Wenn ich das schwöre, kann ich unmöglich länger am Hof bleiben. Erlauben Sie mir, das Land zu verla s sen.«
    »Wo zur Hölle willst du hin?«
    »Nach Frankreich. Zu … Henri de Vaincourt.«
    »Sieh an.« Jetzt war es die Königin, die ihre Betro f fenheit kaum verbergen konnte. »Bedenke, er ist keine besonders gute Partie mehr, seit sein Vater ihn noch auf dem Sterbebett enterbt hat. Er kann von Glück sagen, dass ihm ein Onkel mütterlicherseits noch etwas hinte r lassen hat.«
    »Das ist mir gleichgültig, Majestät. Ich habe mich s o eben dazu entschlossen, sein Heiratsangebot anzune h men.«
    »Elin, du bist mein Mündel – und noch nicht einmal volljährig.«
    »Ich werde schweigen, aber ich will das Land verla s sen«, beharrte Elin. Die Königin erschien ihr mit einem Mal noch kleiner. Verletzlichkeit schimmerte durch die herrische Fassade. »Und was ist mit
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