Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin
Autoren: balzon
Vom Netzwerk:
Arbeit! Hol neues Wasser!«
    Elin wusste, dass sie gemeint war. Auch ohne hinz u sehen, konnte sie Gretas feindseligen Blick spüren. I m mer wenn die Köchin Elin anschaute, bekam sie Augen wie ein Drache.
    »Na, hat es dir die Sprache verschlagen ? «
    Elin presste die Lippen aufeinander und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Dann nahm sie ihr dickes Wolltuch, wickelte es sich um Hals und Schultern und griff nach zwei Eimern. Ohne zu antworten verließ sie die Küche. Es machte keinen Unterschied, ob sie höflich oder unhöflich war. Seit einer Woche hatte Elin kaum etwas anderes als Ja oder Nein gesagt, was Greta dazu veranlasste, überall herumzulamentieren, dass Elin nicht nur stur, sondern auch verstockt sei. Der Bluterguss, der seit einer Woche auf Elins Wange prangte und nur lan g sam verblasste, schien dagegen niemanden zu interessi e ren.
    Es war eine undankbare Aufgabe, bei dem eisigen Wind hinausgehen zu müssen. Eine weitere von Gretas Gemeinheiten. Da der Hofbrunnen eingefroren war, wü r de Elin Schnee holen müssen. Das bedeutete allerdings, dass sie ein ganzes Stück vor die Burg laufen musste, denn der Schnee durfte nicht verschmutzt sein.
    War es in der Küche noch verhältnismäßig warm, zi t terte sie jetzt vor Kälte am ganzen Körper. Elin besaß keine Winterkleidung, sondern trug wie alle anderen K ü chenmädchen eine geknöpfte Jacke, einen knöchellangen Rock mit einer Saumborte und eine Schürze.
    Auf dem Hof herrschte ungewöhnliche Geschäftigkeit. Gerade war einer der königlichen Schlitten eingefahren. Schnee hing in den Mähnen der Pferde. Wer aus dem Schlitten stieg, k onnte Elin nicht erkennen; hinter dem Vorhang aus fallenden Flocken sah sie nur einen dunke l roten Sam t rock und einen Mantel, dessen Saum über die Treppe schleifte. Wenig später waren die adligen Gäste im Schloss verschwunden. Elin hob den Kopf und bli n zelte sehnsuchtsvoll zu den Fenstern hinauf. Gegen das triste Grau des Himmels sah das Kerzenlicht, das durch das Glas leuchtete, noch viel wärmer und einladender aus. Für einen Augenblick zeigte sich eine Gestalt am Fe n ster. Durch den wirbelnden Schnee konnte Elin nur ein blaues Kleid erahnen. Vielleicht war es Ebba Sparre – Olof erzählte oft, wie gern die Kammerfrau der Königin diese Farbe trug, die ihre Augen betonte. So nah schien die Welt des Hofes zu sein – und doch war sie für Elin weiter entfernt als die Sterne.
    Sie seufzte und betrat den Fußweg, der ein Stück a b seits von den Spuren der Schlittenkufen und Pferdehufe lag. Erstaunlicherweise hatte ihn jemand sorgfältig vom Schnee befreit. Als die ersten unberührten Schneehügel in Sicht kamen, verlangsamte Elin ihren Schritt. Ein gr o ßer Mann stand mitten auf dem Weg. Behutsam, als wü r de er eine Schar Küken hin und her treiben, schob er mit einem Besen den Schnee beiseite, bückte sich nach j e dem Schritt und strich mit den Fingern über den Boden. Dass er kein Bediensteter war, konnte Elin sofort an se i nem Mantel erkennen, der teuer und sehr gut gearbeitet war. Seine Handschuhe waren aus hellgrauem, feinem Leder und hatten mit Goldstickerei verzierte Stulpen. Der junge Adlige bemerkte Elin und richtete sich auf. Sie sah in ein kantiges, gerötetes Gesicht ohne Bart und erkannte einen der Studenten. Soweit sie sich erinnerte, hieß e r Erik und trieb sich gern in der Nähe der Küche he r um. Ida und Maditt waren verliebt in ihn, weil er gerne scherzte und lachte. Auch jetzt grinste er und klopfte sich dabei den Schnee von den Handschuhen.
    »Da siehst du mal!«, rief er ihr zu. »Die Hunde dürfen sich ihre Wänste schön gemütlich vor dem Kamin wä r men, uns aber jagt man vor die Tür, um Schmuck zu s u chen. Und, was führt dich zu mir?«
    Elin senkte den Blick.
    »Nichts«, gab sie leise zurück. »Ich hole nur Schnee für die Küche.« Eriks Lächeln verschwand .
    »Ich hatte gehofft, du bringst mir die Nachricht, dass sie das Medaillon endlich gefunden haben.«
    »Ist es wieder da?« Ein zweiter Student tauchte auf, nicht ganz so gut gekleidet. In seinem hageren Gesicht leuchteten die Wangen vor Kälte. Rotbraunes Haar fiel ihm in die Stirn. Erik schüttelte den Kopf und brachte missmutig den Besen wieder in Position. Der zweite St u dent zögerte. Elin wusste, dass er ihre Wange betrachtete. Rasch zog sie ihre Haube noch ein Stück tiefer in die Stirn.
    »Bist du die Treppe hinuntergefallen ? «
    Elin schüttelte den Kopf. Die Anteilnahme, die in se i ner Stimme
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher