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Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden
Autoren: Sarah Eden
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Entfernung nicht als das erkannte, was es wirklich war: eine Grimasse der Hilflosigkeit.
    Verdammt, dachte sie. Der Besuch Storms, sein mysteriöses Verschwinden und der Auftritt des Sheriffs hatten sie völlig durcheinandergebracht.
    Sie wartete, bis Fisher wieder in dem Holzverschlag verschwunden war. Dann kehrte sie ins Haus zurück und forschte zunächst dort nach Taylors Verbleib.
    Es war immerhin möglich, dass sich das kleine Herzchen irgendwo versteckte, um irgendein Spiel, dessen Regeln nur sie kannte, mit ihrer Mutter zu spielen.
    Wenn es so war, hatte sie gewonnen, denn Carol fand sie nicht.
    Dafür fiel ihr etwas anderes in die Hände.
    In Taylors verlassenem Zimmer.
    Eine riesige, blutrot verschmierte Feder...

    Entsetzt starrte Carol auf ihren Fund, und ein kalter Schauer jagte ihr über den Rücken. Sie wusste nicht, warum, aber die Feder erinnerte sie auf eine nicht zu erklärende Weise an das seltsame Ding, das sich in Taylors Besitz befand. An diesen Stein, der irgendeine geheime Macht zu haben schien. Carol hätte das Ding am liebsten weggeworfen, hatte sich aber bislang noch nicht dazu durchringen können, es ihrer Tochter abzunehmen.
    Warum nicht?
    War das, was dem Stein innewohnte, stärker als sie...?
    Sie hatte noch nie so ernsthaft darüber nachgedacht, doch nun, da sie es tat, stellte sie zu ihrem Erstaunen fest, dass es wahrscheinlich wirklich so war.
    Unsinn! meldete sich jedoch sogleich ihr gesunder Menschenverstand. Du bist auf dem besten Weg, die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum zu verwischen!
    Manchmal war ihre ausgeprägte Phantasie fast ein Fluch, auch wenn sie es sich ungern eingestand.
    Sie betrachtete die Feder genauer.
    Etwas Bedrohliches ging von ihr aus. Und das hatte seinen Grund. Sie wirkte nicht nur rotgefärbt - es hatte vielmehr den Anschein, als hätte sie jemand in warmes Blut getaucht und anschließend in der Hitze trocken lassen...!
    Kaum hatte sich diese Erkenntnis in Carol durchgesetzt, da ließ die junge Frau die Feder auch schon fallen und stürmte in Panik aus dem Zimmer.
    Wie gehetzt rannte sie aus dem Haus und beruhigte sich erst wieder etwas, als sie Fisher von ihrem Fund unterrichtet hatte.
    Gemeinsam machten sie sich dann auf die Suche nach Taylor.

    Wenn es etwas Positives gab, das bei der Suche herauskam, dann war es die Erkenntnis, wie groß Big Johns Hinterlassenschaft tatsächlich war.
    Das Anwesen hatte, schon allein seiner Ausmaße wegen, etwas
    Beängstigendes. Es ließ sich kaum überblicken. Schuppen reihte sich an Schuppen, und ein jeder bot sich an als ideales Versteck für Kinder, die der Aufsicht ihrer Eltern für geraume Zeit entfliehen wollten.
    Taylor reagierte auf keinerlei Rufe. Und je länger die Suche dauerte, desto unruhiger wurde auch Fisher.
    Zunächst hatte er Carols Verhalten als etwas übertrieben eingestuft, doch nach und nach wurde er noch ängstlicher als seine Frau.
    »Wo kann sie nur' stecken?« fragte er, als sie alle Bauten durchsucht hatten.
    Carol wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als ihr etwas einfiel.
    »Komm mit!« sagte sie nur und eilte auf den alten Ziehbrunnen zu, der hinter dem ehemaligen Mannschaftshaus aufragte.
    Sie beugte sich über den gemauerten Brunnenrand und versuchte, in der feuchten Tiefe etwas auszumachen.
    »Du glaubst doch nicht«, setzte Fisher an, verschluckte aber den Rest. Ein Blick in Carols Augen genügte, um ihn wissen zu lassen, dass ihr nicht nach spaßen zumute war.
    Plötzlich ertönte von unten ein Geräusch, das ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Es konnte nicht Taylor sein, die diesen Laut verursachte.
    Es war nichts Menschliches...
    »Was... was war... das?« fragte Carol mit zitternder Stimme.
    Fisher hatte das Gefühl, als schwanke der Boden unter seinen Füßen.
    »Keine Ahnung...«
    Carols Augen weiteten sich noch etwas mehr.
    Die Tatsache, dass selbst Fisher nicht weiter wusste, verstärkte ihre eigene Angst. Er, der sonst auf fast alles eine Antwort wusste...
    Die dunkle Tiefe ließ sich mit Blicken nicht ausloten. Der Brunnen musste sehr tief sein.
    Carol bückte sich, hob einen Stein auf und ließ ihn in den Schacht fallen. Schon nach wenigen Metern verschwand er, als hätte ihn ein körperloses Wesen verschluckt.
    Es dauerte Sekunden, ehe von weit her ein dumpfes Gluckern erklang.
    »Der Brunnen hat noch Wasser«, murmelte Fisher überrascht.
    Gleichzeitig wiederholte sich der langgezogene Ton, der sich wie ein jenseitiges Klagen anhörte...
    Carol
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