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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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dachte, du hättest mich an Joe verraten zum Beispiel. Ich weiß, du tust so etwas nicht. Keine Ahnung, wie ich das vergessen konnte. Und dann …« Monica zögert und zieht an ihren Ärmeln. »Und dann all die schrecklichen Sachen, die ich dir damals in der Küche gesagt habe. Das ist unverzeihlich, und ich habe es seitdem auch immer bereut.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Ich hätte dich nicht so hart angehen dürfen, zumal es ja gar nicht stimmt …«
    »Oh? Höre ich da gleich die nächste Lüge?«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine, dass es stimmt. All das, was nach meiner Geburt mit Mum passiert ist, es stimmt einfach. So war es.«
    »Na ja«, sagte Monica mit einer hilflosen Geste. »Aber ich hätte es trotzdem nicht sagen dürfen. Die vergangenen drei Jahre ohne dich waren die Hölle.« Monica seufzt, und ihr wird schlagartig klar, dass diese Beschreibung nicht einmal übertrieben ist. Es war die Hölle, Gloucestershire war die Hölle, und sie weiß plötzlich, dass sie nie in diesen alten Kotten zurückkehren wird. Sie will dort keinen Tag länger leben. Sollten Jenny und die Kinder wieder einziehen, es war ohnehin nie Monicas Haus. Ganz ruhig fasst sie diese Möglichkeit ins Auge, die schon jetzt keine bloße Möglichkeit mehr ist, sondern eine ausgemachte Sache, die kein Zurück mehr zulässt. Dieses Kapitel war beendet. »Die Hölle, wirklich.«
    Aoife wendet sich zu ihr um. »Ist das so?«
    »Irgendwie treffe ich ohne dich immer die falschen Entscheidungen«, sagt Monica. »Nimm zum Beispiel das Kleid, das ich mir für die Hochzeit gekauft habe, eine Woche vor dem großen Tag. Ich wusste, der Rock war zu kurz, meine Knie sahen furchtbar darin aus, und es war auch nicht mein Stil. Aber die Verkäuferin meinte, es wäre ein Traum an mir, wie übrigens auch Mum, und ich wollte ihnen glauben. Aber als ich später die Fotos sah, dachte ich nur: Mit Aoife wäre das nicht passiert. Sie hätte gesagt: Wenn du das Teil da anziehst, bist du blöd. Du hättest mich davor bewahrt.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Ich meine, das Kleid war wirklich beschissen.«
    »Und?«
    »Türkisfarbenes Moiré, dazu ein Tüllrock. Und gepuffte Ärmel.«
    Inzwischen gehen sie – Seite an Seite und im selben Takt – zurück zum Cottage. Monica hat ganz vergessen, dass sie in vollkommener Harmonie nebeneinander gehen können, so etwas hat sie noch bei keinem anderen Menschen erlebt. Vermutlich ein Relikt aus früheren Zeiten, als noch alles gemeinsam erledigt wurde: Schule, Einkaufen, Bus, U-Bahn, Bücherei.
    »Hört sich ja scheußlich an.«
    »War es auch.«
    Aoife stoppt am Gartentor. »Du meinst, du hast bei deiner Hochzeit ausgesehen wie ein Lutscher in einer Klarsichthülle.«
    Monika lacht. Sie würde Aoife gerne sagen, dass damit jetzt Schluss war und dass sie nicht zu Peter zurückkehren würde. Sie ist überzeugt, Aoife würde es sofort verstehen und nicht allzu viele Fragen stellen. Aber dafür ist später auch noch Zeit. »Ich fürchte auch.«
    »Wenn ich einmal nicht da bin.«
    »Wenn du einmal nicht da bist.«
    »Na ja«, sagt Aoife, »wir alle machen Fehler.«
    Monica seufzt. Sie ergreift Aoifes Arm, und Aoife nimmt ihn nicht einmal weg. »Das ist wohl wahr«, sagt sie. »Aber da wir gerade von Fehlern sprechen …«
    »Was?«
    Monica beißt sich auf die Lippe. »Mammy sagt, sie hat den Eindruck …«
    Aoife macht sich sofort wieder los und zieht das bekannte Gesicht. »Diesen Eindruck kann ich mir vorstellen.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Ist es wahr? Bist du …« Monica findet es schwierig, das Wort »schwanger« auszusprechen, außerdem lenkt sie der auffrischende Wind ab. Doch letztlich haben sie beide wohl dasselbe Bild vor Augen, von zwei Menschen, die durch ein Krankenhausbett hinter einem Wandschirm für immer miteinander verbunden wurden.
    »Es ist wahr«, sagt Aoife, ohne sie anzusehen.
    »Ach, Aoife!«
    »Was soll das denn wieder heißen?«
    »Ich weiß nicht. Nur dass …« Ihr Stimme ist angespannt und will sich überschlagen. Doch dann schlingt sie nur die Arme um sie und ist wie immer verwundert, wie schmal und zerbrechlich sich ihre Schwester anfühlt, selbst jetzt noch. Es wäre ein Leichtes, ihr wehzutun. »Nur so, ich meine …«
    »Nur so?«
    Monica wirft hilflos die Arme hoch. Sie ärgert sich über die aufsteigenden Tränen und den Kloß im Hals. »Du kriegst ein Baby!«, ruft sie.
    Aoife nickt. Sie öffnet das Gartentor und geht zum Haus.
    »Und was ist mit dem Vater?«, fragt Monica hinter ihr. »Er steht
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