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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Anwesenden lediglich auf einige Naturschönheiten hin, »wir müssen uns beeilen, wenn wir noch vor der Flut über den Damm kommen wollen.«
    Was sich als die einzig richtige Ansage erweist. Aoife staunt über die Wirkung. Gretta schlägt sofort die Augen auf und ist plötzlich wieder ganz da. Wie macht Monica das? Sie funktioniert wie eine Art Hirnstrommessgerät, das jede Stimmungsschwankung, jeden noch so absurden Wunsch bei Gretta exakt und in Echtzeit registriert.
    »Die Flut?«, sorgt sich Gretta und schaut sie alle an.
    »Nun ja«, sagt Monica mit eiserner Sachlichkeit, »das Niedrigwasser ist jedenfalls vorbei.«
    »Dann müssen wir sofort los!« Wie ein ungeduldiger Fahr lehrer schlägt sie mit der flachen Hand auf das Armaturen brett. »Los, beeil dich!«
    Michael Francis hat die Hand am Zündschlüssel. »Kommt Dad nun mit oder …?« Die Pause ist gewollt, und er vermeidet es, seine Mutter anzusehen.
    Die beschäftigt sich gerade mit ihren Schuhen. »Er war gar nicht da«, sagt sie spitz. »Die Schwester meinte, er kommt und geht, wie er will. Sie wissen nie, wo er gerade ist.«
    Schon hinter der letzten Kurve von Claddaghduff sehen sie die niedrige Erhebung im Meer.
    »Oh!«, ruft Gretta und fasst sich an die Brust. »Seht doch, da ist sie.«
    Davor liegt der Strand wie ein breiter Pfad zwischen gierig schäumenden Wellen.
    Hughie hat bereits auf der Fähre wissen lassen, dass er keine Erinnerung an die Insel hat, was Michael Francis gar nicht glauben konnte. Und natürlich musste Claire dem Jungen beispringen und sagen, er sei bei ihrem letzten Besuch ja auch erst fünf Jahre alt gewesen. Doch als der Wagen über die Betonrampe auf den Sand rollt, stellt er fest, dass er sich doch erinnert. Es ist genau dieses andersartige Gefühl, wenn die Reifen in den weichen Sand greifen, das und der Anblick der glitzernden Wasserfläche auf beiden Seiten, was die Erinnerung zurückbringt. Plötzlich ist ihm auch der verwilderte Garten wieder präsent, die alte Mauer, die gesprungenen Bodenplatten des Gartenwegs, das Plumpsklo mit den grauen Käfern, das Bett an der weiß gekalkten Wand, das Fenster mit Aussicht auf Wiese und Meer. Eigentlich will er es allen mitteilen, tut es aber nicht, er behält es für sich und drückt sich nur enger an die Koffer und Taschen, während sich die Insel wie ein Seeungeheuer aus dem Wasser erhebt.
    Große Betriebsamkeit, als sie schließlich in ihrem Cottage ankommen. Gretta dampft von Zimmer zu Zimmer, preist deren Vorzüge, beklagt deren Erscheinungsbild, die mangelnde Sauberkeit und den allgemein schlechten Erhaltungszustand. Mit Feuereifer macht sie sich an die Grundreinigung der Küche und räumt erst einmal sämtliche Schränke aus, gibt jedoch bald auf und stürmt in den Garten, um planlos an Unkrautstrünken zu rupfen. Und während ihre Laune sinkt, sagt sie jedem, der vorbeikommt, sie glaube ja nicht, dass Robert sich noch einmal blicken lasse, denn Robert habe sie abgeschrieben, er wolle sie nicht mehr. Derweil versucht Monica, den Boiler in Gang zu setzen und saugt danach (mit einem Taschentuch vor dem Mund) erst einmal durch. Michael Francis schleppt Kisten und Koffer aus dem Auto heran. Hughie und Vita rennen unentwegt von der Vordertür zur Hintertür und danach außen herum wieder zur Vordertür. Aoife macht Feuer im Kamin. Claire bezieht die Betten.
    Gretta stellt das Jäten ein und auch ihr Gejammer und geht mit den Kindern zum Strand. Sie müssten dort, sagt sie, bis zum Abend ein leeres Hai-Ei finden. Monica setzt sich auf die Türschwelle und schaut aufs Meer. Michael Francis hackt Holz und kommt durch die regelmäßige Bewegung zur Ruhe. Aoife hat plötzlich Hunger und macht Spiegelei mit Speck, und Claire deckt den Tisch, als der Essensduft durchs Haus zieht. Sie sagt nichts, als Aoife schon am Herd über die Eier herfällt und sie zusammen mit Brot in den Mund stopft. Sie enthält sich jeglichen Kommentars, reicht ihr lediglich Teller und Gabel.
    Nach dem Abendessen, als der Himmel hinter den schmalen Fenstern zu Indigo wird, bringt Michael Francis die salzverkrusteten Kinder ins Bett. Als er ins große Zimmer zurückkommt, haben sich seine Mutter, seine Schwestern und seine Frau schon vor dem Kamin versammelt.
    Zu Claire sagt er: »Hast du Lust, noch ein bisschen spazieren zu gehen?«
    Sie legt ihr Buch weg, steht wortlos auf und folgt ihm nach draußen.
    Monica und Aoife sehen sich an, Aoife hebt eine Braue.
    »Was gibt es denn da zu grinsen?«, sagt
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