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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant
Autoren: Chuck Palahniuk
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könnte dich retten …
    Betrachte das bitte als die letzte Warnung.

2
    Es ist dunkel, und es fängt an zu regnen, als ich zur Kirche komme, und Nico, frierend die Arme vor der Brust verschränkt, wartet auf jemanden, der endlich die Nebentür aufschließt.
    »Bewahr das bitte für mich auf«, sagt sie und drückt mir ein seidiges Knäuel in die Hand.
    »Nur für ein paar Stunden«, sagt sie. »Ich hab keine Tasche.« Sie trägt eine Jacke aus rötlich gelbem Wil d lederimitat mit grellrotem Pelzkragen. Der Rock ihres Blümchenkleids hängt unten heraus. Keine Strumpfh o se. Mit vorsichtigen Schritten, die Füße in den schwa r zen Stöckelschuhen seitlich gestellt, steigt sie die St u fen zur Kirchentür hoch.
    Was sie mir gegeben hat, ist warm und feucht.
    Ihr Höschen. Sie lächelt.
    Hinter der Glastür wischt eine Frau den Boden. Nico klopft an, zeigt auf ihre Armbanduhr. Die Frau taucht den Mopp in einen Eimer. Sie hebt den Mopp und drückt ihn aus. Sie lehnt den Stiel neben den Eingang und angelt einen Schlüsselbund aus ihrem Kittel. Wä h rend sie aufschließt, ruft sie etwas durch die Glastür.
    »Sie sind heute in Zimmer 234«, sagt die Frau. »Das ist der Raum von der Sonntagsschule.«
    Inzwischen sind noch mehr Leute auf dem Parkplatz angekommen. Sie kommen die Treppe rauf, sagen hallo, und ich lasse Nicos Höschen in meiner Tasche verschwinden. Hinter mir springen weitere Leute die letzten Stufen hoch und schnappen nach der Tür, b e vor sie zufällt. Kaum zu glauben, aber man kennt j e den Einzelnen hier.
    Diese Leute sind Legenden. Von jedem dieser Männer und Frauen hast du schon jahrelang gehört.
    In den Fünfzigerjahren wurde von einem Staubsa u gerhersteller eine kleine technische Neuerung eing e führt, ein winziger, rasiermesserscharfer Propeller, der, ins vordere Ende des Schlauchs eingebaut, von der einströmenden Luft in Rotation versetzt wurde und Flusen, Fäden oder Haustierhaare zerkleinern sollte, die sonst den Schlauch verstopfen könnten.
    So jedenfalls war es gedacht gewesen.
    Aber viele dieser Männer hier sind mit zerfleischtem Schwanz in die Unfallstationen der Krankenhäuser gekommen.
    Jedenfalls den Gerüchten nach.
    Oder nehmen wir die alte Stadtlegende von der Übe r raschungsparty für die hübsche Hausfrau: Ihre Freu n de und Angehörigen verstecken sich in einem Zimmer, und als sie rausplatzen und »Glückwunsch zum G e burtstag« rufen, liegt die Frau auf dem Sofa und lässt sich von ihrem Hund gerade Erdnussbutter zwischen den Beinen weglecken …
    Tja, diese Frau gibt es wirklich.
    Oder die sagenumwobene Frau, die ihrem Freund beim Fahren einen bläst; plötzlich verliert er die Kontrolle über den Wagen und tritt so hart auf die Bremse, dass sie ihm ein Stück abbeißt. Ich kenne die beiden.
    Diese Männer und Frauen sind alle hier.
    Diese Leute sind der Grund, warum es auf jeder No t station einen Bohrer mit Diamantspitze gibt. Damit werden die dicken Böden von Sekt-und Seltersfl a schen angebohrt. Um den Unterdruck aufzuheben.
    Das hier sind die Leute, die nachts ins Krankenhaus wanken und behaupten, sie seien ausgerutscht und auf eine Zucchini gefallen, auf eine Glühbirne, eine Barbiepuppe, auf Billardkugeln, auf eine Wüste n springmaus.
    Siehe auch: Billardstock.
    Siehe auch: Kuschelhamster.
    Sie sind in der Dusche ausgerutscht und haargenau auf eine glitschige Shampooflasche gestürzt. Ständig fallen irgendwelche Unbekannten über sie her und attackieren sie mit Kerzen, Basebällen, hart gekochten Eiern, Taschenlampen und Schraubenziehern, die dann entfernt werden müssen. Hier sind sie, die Männer, die in der Zulaufdüse ihres Whirlpools stecken bleiben.
    Auf dem Flur zu Zimmer 234 zieht Nico mich an die Wand. Sie wartet, bis ein paar Leute an uns vorbeig e gangen sind, und sagt dann: »Ich weiß was, wo wir hingehen können.«
    Die anderen gehen alle in den pastellfarben gestrich e nen Sonntagsschulraum, und Nico lächelt ihnen nach. Sie wedelt sich mit dem Zeigefinger ums Ohr, das i n ternationale Zeichen für verrückt, und sagt: »Alles Versager.« Sie zieht mich in die andere Richtung, zu einem Schild, auf dem Damen steht.
    Unter den Leuten in Zimmer 234 ist der Mann, der sich als Amtsarzt ausgibt, um vierzehnjährige Mä d chen danach zu untersuchen, ob ihre Vagina auch in Ordnung sei.
    Und die Cheerleaderin, aus der man, als man ihr den Magen auspumpt, ein Pfund Sperma zu Tage fördert. Sie heißt Lou Ann.
    Der Mann, der im Kino seinen Schwanz durch den
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