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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin
Autoren: Agatha Christie
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Schauspieler – nicht mehr Zuschauer.
    »Meiner Ansicht nach aus folgenden Gründen«, sagte er leise und bescheiden. »Sie… mochte Derek Capel. Sie war, glaube ich, eine gute Frau – und hatte ihn abgewiesen. Als ihr Mann dann… starb, ahnte sie die Wahrheit. Und um den Mann, den sie liebte, zu retten, versuchte sie, alle Beweise, die für seine Täterschaft sprachen, zu beseitigen. Später gelang es ihm, wie ich annehme, sie zu überzeugen, dass ihr Verdacht unbegründet sei, und sie erklärte sich einverstanden, ihn zu heiraten. Aber selbst dann zögerte sie noch. Frauen haben, glaube ich, sehr viel Instinkt.«
    Mr Sattersway hatte seine Rolle gesprochen.
    Plötzlich erfüllte ein langer zitternder Seufzer die Luft.
    »Mein Gott!«, rief Evesham und fuhr zusammen. »Was war das?«
    Mr Sattersway hätte ihm sagen können, dass dieser Seufzer von Eleanor Portal kam, die oben am Geländer kauerte; er war jedoch zu sehr Künstler, um einen guten Effekt zu zerstören.
    Mr Quin lächelte.
    »Mein Wagen wird wieder in Ordnung sein. Ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft, Mr Evesham. Ich habe, wie ich hoffe, für meinen Freund etwas tun können.«
    In offensichtlicher Verwirrung starrten sie ihn an.
    »Ist Ihnen diese Seite der Angelegenheit wirklich noch nicht klar geworden? Sie wissen, er liebte diese Frau. Er liebte sie so sehr, dass er um ihretwillen sogar Selbstmord verübte. Als die Vergeltung ihn – wie er irrtümlich annahm – erreichte, nahm er sich das Leben. Ohne es zu wollen, überließ er es so jedoch ihr, die Folgen auf sich zu nehmen.«
    »Sie wurde freigesprochen«, murmelte Evesham.
    »Aber doch nur, weil man ihr nichts nachweisen konnte. Und ich kann mir vorstellen – es ist allerdings nur eine reine Überlegung –, dass sie selbst heute noch an den Folgen zu tragen hat.«
    Portal war in einen Sessel gesunken, das Gesicht in den Händen verborgen.
    Quin wandte sich an Mr Sattersway.
    »Auf Wiedersehen, Mr Sattersway. Das Drama hat Sie sehr interessiert, nicht wahr?«
    Mr Sattersway nickte überrascht.
    »Eigentlich sollte ich die Harlekinade Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen. Die Posse stirbt heutzutage zwar langsam aus, aber wenn man sich mit ihr beschäftigt, dann lohnt es sich. Das können Sie mir glauben. Ihre Symbolik ist manchmal etwas schwer zu begreifen aber die Unsterblichen sind immer unsterblich, wissen Sie. Ich wünsche Ihnen allen eine Gute Nacht.«
    Sie sahen, wie er in die Dunkelheit hinaustrat. Wie bei seinem Eintritt hatte das bunte Glas die Wirkung, dass er ein Narrengewand zu tragen schien…
    Mr Sattersway ging nach oben. Er hatte die Absicht, sein Fenster zu schließen, denn die Luft war kalt. Mr Quin ging gerade die Auffahrt entlang, und aus einer Nebentür erschien plötzlich die Gestalt einer Frau. Sie rannte. Für einen Augenblick sprachen sie miteinander; dann kehrte die Frau auf demselben Weg zum Haus zurück. Unmittelbar unter seinem Fenster kam sie entlang, und Mr Sattersway war wiederum von der Lebendigkeit ihres Gesichts überrascht. Ihre Bewegungen glichen jetzt allerdings einer Frau, die sich in einem glücklichen Traum befindet.
    »Eleanor!« Alex Portal war plötzlich bei ihr. »Eleanor, verzeih mir! Verzeih mir… Du hast die Wahrheit gesagt, aber ich habe an dir gezweifelt…«
    Mr Sattersway interessierte sich sehr für die Angelegenheiten anderer Leute. Außerdem war er jedoch ein Gentleman. Und deshalb war es für ihn selbstverständlich, dass er das Fenster schloss.
    Allerdings dauerte es etwas länger, bis er es geschlossen hatte. Er hörte noch Mrs Portal mir ihrer schönen Stimme sagen:
    »Ich weiß, ich weiß! Es muss die Hölle für dich gewesen sein! So etwas habe ich auch einmal erlebt. Man liebt und möchte glauben, und immer wieder zweifelt man… dann versucht man, die Zweifel zu unterdrücken, doch sie erheben immer wieder ihr böses Gesicht – ich kenne das, Alex! Aber es gibt noch eine größere Hölle: die Hölle, in der ich mit dir gelebt habe! Ich habe deine Zweifel genau gesehen… deine Angst vor mir… unsere Liebe war davon vergiftet. Jener Mann, der Unbekannte, der zufällig vorbeikam, hat mich gerettet. Ich hätte es nicht mehr länger ausgehalten, verstehst du, Alex? Heute Abend – heute Abend wollte ich mich umbringen…«

Der Kavalier am Fenster
     
    » H ören Sie sich das an!«, sagte Lady Cynthia Drage.
    Sie las laut aus der Zeitung vor, die sie in der Hand hielt.
     
    »Mr und Mrs Unkerton geben diese Woche in Greenways
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