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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin
Autoren: Agatha Christie
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vermutlich wird sie früher oder später eine liebe Freundin aufklären. Ah, da ist ja Jimmy Allenson. So ein netter Junge! Letzten Winter hat er mir in Ägypten das Leben gerettet… ich habe mich so gelangweilt, wissen Sie. Hallo, Jimmy, kommen Sie sofort her!«
    Captain Allenson gehorchte und ließ sich neben ihr auf den Rasen nieder. Er war ein gut aussehender junger Mann von etwa dreißig Jahren, mit weißen Zähnen und einem ansteckenden Lächeln.
    »Ich bin froh, dass ich jemandem Gesellschaft leisten kann«, bemerkte er. »Die Scotts ziehen die Schau mit den Turteltauben ab, Porter verschlingt die Zeitung, und es bestand die tödliche Gefahr, dass unsere Gastgeberin sich mit mir unterhalten wollte.«
    Er lachte. Lady Cynthia stimmte ein. Mr Sattersway, der in gewisser Weise etwas altmodisch war und selten über seine Gastgeber spottete, solange er in ihrem Haus weilte, blieb ernst.
    »Armer Jimmy!«, sagte Lady Cynthia.
    »Ich bin geflüchtet. Um ein Haar hätte sie mir die Geschichte von dem Familiengeist erzählt.«
    »Der Geist der Unkertons«, rief Lady Cynthia. »Zum Totlachen!«
    »Nein, kein Geist der Unkertons«, sagte Mr Sattersway. »Er gehört zu Greenways. Sie haben ihn mit dem Haus zusammen gekauft.«
    »Natürlich«, erwiderte Lady Cynthia. »Ich erinnere mich. Aber er rasselt nicht mit den Ketten, nicht wahr? Es hat irgendetwas mit einem Fenster zu tun.«
    Jimmy Allenson blickte auf. »Mit einem Fenster?«
    Aber Mr Sattersway antwortete nicht. Er blickte über Jimmys Kopf hinweg auf die Gestalten, die aus der Richtung des Hauses auf sie zuschritten – eine schlanke Frau zwischen zwei Männern. Oberflächlich betrachtet schienen sich die Männer zu gleichen, beide waren groß und dunkelhaarig, mit gebräunten Gesichtern und scharfen Augen, doch bei genauerer Betrachtung verschwand diese Ähnlichkeit.
    Richard Scott, Jäger und Forscher, war eine sehr energisch wirkende Persönlichkeit. Sein Wesen strahlte eine große Anziehungskraft aus. John Porter, sein Freund und Begleiter, war untersetzter, mit einem ruhigen, eher verschlossenen Gesicht und sehr nachdenklichen grauen Augen – ein schweigsamer Mann, der es zufrieden war, stets die zweite Geige zu spielen.
    Zwischen ihnen ging Moira Scott, die vor drei Monaten noch Moira O’Connell geheißen hatte, eine schlanke Frau mit großen, sehnsuchtsvollen braunen Augen und goldrotem Haar, das ihr schmales Gesicht wie ein Heiligenschein umgab.
    Diesem Kind darf man nicht wehtun, dachte Mr Sattersway im Stillen. Es wäre schrecklich, wenn einem Kind wie ihr wehgetan würde.
    Lady Cynthia begrüßte die Ankömmlinge, indem sie das neueste Modell eines Sonnenschirms schwenkte. »Setzen Sie sich und unterbrechen Sie uns nicht«, sagte sie. »Mr Sattersway erzählt gerade eine Geistergeschichte.«
    »Ich liebe Geistergeschichten«, antwortete Moira Scott und ließ sich ins Gras sinken.
    »Handelt es sich um den Geist von Greenways Ho u se?«, fragte Richard Scott.
    »Ja. Wissen Sie über ihn Bescheid?«
    Scott nickte. »Früher war ich oft hier«, erklärte er. »Bevor die Elliots verkaufen mussten. Er heißt ›Der Kavalier am Fenster.‹«
    »›Der Kavalier am Fenster‹«, sagte seine Frau leise. »Das gefällt mir. Es klingt sehr interessant. Bitte, erzählen Sie doch, Mr Sattersway!«
    Aber Mr Sattersway schien aus irgendwelchen Gründen keine Lust zu haben. Er versicherte ihr, dass die ganze Geschichte gar nicht so spannend sei.
    »Jetzt ist es um Sie geschehen, Sattersway«, meinte Scott spöttisch. »Mit Ihrem Zögern haben Sie sich nur noch mehr hineingeritten.«
    Alle baten ihn jetzt so eindringlich, dass sich Mr Sattersway nicht länger weigern konnte.
    »Es ist wirklich nicht besonders interessant«, begann er entschuldigend. »Ich glaube, in der Originalversion handelte es sich um einen Edelmann der Familie Elliot, dessen Frau einen Puritaner zum Liebhaber hatte. Es spielt zuzeiten Karls I. Der Liebhaber tötete den Ehemann in einem Zimmer im ersten Stock, und das Pärchen floh. Doch sie wandten sich noch einmal zum Haus um und sahen das Gesicht des Toten am Fenster, wie er ihnen nachblickte. So ist die Legende, aber in der Geistergeschichte geht es eigentlich nur um eine Scheibe in einem Fenster dieses Zimmers, auf der sich ein unregelmäßig geformter Fleck befindet. Aus der Nähe betrachtet fällt er fast nicht auf, doch wenn man ihn von Weitem sieht, gleicht er einem menschlichen Gesicht.«
    »Welches Fenster ist es?«, fragte Mrs Scott
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