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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser
Autoren: Harper Paul
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zwischen beiden Affären fasziniert«, nahm sie ihren Faden wieder auf. » Doch eigentlich hatte ich erwartet, dass sich Lores Situation irgendwann in eine eigene Geschichte weiterentwickeln würde. Aber das geschah nicht. Stattdessen wurden die Ähnlichkeiten immer deutlicher. Es gab Details über sein sexuelles Verhalten, das identisch mit dem war, das Elise beschrieben hatte. Ich war erstaunt.«
    Noch ein Schluck Wasser.
    » Bald konnte ich mich der Schlussfolgerung nicht verwehren, dass Elise und Lore sich mit dem gleichen Mann trafen«, sagte sie. » Nun gut, es kann vorkommen, dass zwei Frauen, die sich nicht kennen, mit dem gleichen Mann eine Affäre haben. Aber dass beide auch noch die gleiche Psychoanalytikerin haben, belastete meinen Glauben an den Zufall doch stark. Ich bekam Angst.«
    » Sind Sie absolut sicher, dass die beiden sich nicht kennen?«, fragte Fane.
    » Absolut sicher bin ich nicht. Aber dennoch, es ist einfach zu unwahrscheinlich. Ich habe mir schon den Kopf darüber zerbrochen, wie es zu der Situation gekommen sein könnte. Hat der Mann Zugang zu meinen Akten? Ich kann mir keine andere Erklärung vorstellen. Ich entschloss mich, etwas zu tun, was rückwirkend betrachtet wahrscheinlich dumm gewesen ist. Ich habe in meine Aufzeichnungen der nächsten beiden Sitzungen mit Elise und Lore einige falsche Informationen aufgenommen– Sachen, von denen ich annahm, dass er sie bei Gelegenheit ihnen gegenüber erwähnen würde, falls er wirklich ihre Akten las. Natürlich gab es keine Garantie, dass sie es an mich weitergeben würden, falls er wirklich darauf hereinfiele.«
    Sie hielt inne, um auf ihre nächsten Worte besondere Betonung zu legen.
    » Innerhalb der nächsten Wochen erzählten mir beide Frauen über eine seltsame Unterhaltung, die sie mit ihrem Liebhaber gehabt hatten. Er hatte mit ihnen über etwas sprechen wollen, was für beide völlig verrückt klang. Beide fanden sie die Situation bizarr.«
    » Und das waren die eingeschmuggelten Informationen.«
    » Ja.«
    » Alles andere kann ausgeschlossen werden?«
    » Ja. Dieser Mann hat Zugriff auf meine Akten und verwendet meine Notizen, um sich in ihre Seelen hineinzuversetzen.«

Kapitel 3
    Fane betrachtete sie, wie sie das Glas in ihrem Schoß hielt. Er merkte, dass das, was er vorher an ihrer Körperhaltung für » präzise« gehalten hatte, mehr war. Es war beinahe nicht zu unterdrückende Panik.
    » Sie haben gesagt, dass keine der Frauen Ihnen den Namen des Mannes gesagt hat. Haben Sie danach gefragt?«
    » Nein. Am Anfang war es nicht wichtig. Beide haben bewusst versucht, einen Namen zu vermeiden, und natürlich habe ich das respektiert. Daraus wurde ein Standard für unsere Gespräche, wenn wir über die Affären redeten.«
    » Haben Sie irgendeine Idee, wie er diese Informationen benutzt?«, fragte er. » Oder was er damit vorhaben könnte?«
    » Nun, es ist offensichtlich, dass er die Informationen benutzt, um die Frauen zu manipulieren«, sagte sie. » Da ist natürlich der Sex, und vielleicht ist es auch nur das und sonst nichts. Aber… ich weiß nicht warum, doch irgendwas sagt mir, dass es nicht beim Sex aufhört.«
    » Haben Sie Sicherheitsmaßnahmen ergriffen?«
    » Das habe ich nicht gewagt. Ich hatte das Gefühl, mein Glück schon überstrapaziert zu haben, als ich ihm die falschen Informationen zugespielt habe. Es wird ihn gewundert haben, dass Elise und Lore mit seinen Anspielungen nichts anfangen konnten, aber mehr nicht. Aber wenn er darüber hinaus plötzlich noch vor der Problematik neuer Sicherheitsmaßnahmen stände… Ich hatte Angst, dass er dann merkte, dass ich ihm auf die Schliche gekommen bin.«
    » Gut. Das war die richtige Entscheidung. Wie lange sind Sie sich jetzt schon sicher?«
    » Nur ein paar Tage. Drei Tage, um exakt zu sein.«
    Fane blickte aus dem Fenster. Der Regen, der von den Straßenlampen unten angeleuchtet wurde, fiel wie ein glitzernder Perlenvorhhang. Als er seine Augen wieder auf sie richtete, merkte er, dass sie ihn anstarrte.
    » Sie wollen damit nicht zur Polizei gehen«, sagte er, » weil dann die Möglichkeit bestände, dass alles an die Öffentlichkeit gerät.«
    » Genau. Es stehen Dinge in meinen Akten, durch die das Leben dieser Frauen zerstört werden kann. Es ist für mich undenkbar, absichtlich eine Situation herbeizuführen, in der diese Akten öffentlich einsehbar und in einem Gerichtsverfahren benützt würden.«
    Sie überprüfte ihre Körperhaltung unmerklich.
    »
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