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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut
Autoren: Sabine Klewe
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sie?«, fragte Lydia ungeduldig. »Ich sehe hier keine junge Frau.«
    »Ich glaube, sie ist erst nach Hause gelaufen und hat von dort die Kollegen angerufen.«
    »Aha. Wer hat ihre Adresse?«
    »Ich weiß nicht.« Er zögerte. »Aber ich kümmere mich drum.« Er eilte davon.
    Lydia schaute zu Salomon. Der nahm die Hände aus der Jackentasche und streckte ihr die rechte entgegen.
    »Chris.«
    Lydia ignorierte die ausgestreckte Hand.
    »Ich werfe noch mal einen Blick auf die Leiche. Müsste ja inzwischen ausgegraben sein.«
    Sie wandte sich ab.
    »Lydia?«
    Sie fuhr herum.
    »Ich darf Sie doch Lydia nennen?«
    »Alle nennen mich Louis. Wäre nett, wenn Sie sich auch daran halten würden.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Kein Problem. Louis, also.«
    Wieder streckte er ihr die Hand entgegen. Diesmal lag etwas Silbernes darin.
    »Leider habe ich nichts, womit Sie das Zeug runterspülen können.«
    Lydia starrte auf die Tablettenpackung.
    »Woher …«, stammelte sie. Dann fasste sie sich. »Was soll das?«
    Er antwortete nicht, hielt ihr nur weiter die Tabletten hin.
    Schließlich griff sie danach, drückte zwei heraus und warf sie in den Mund. Danach gab sie ihm das Päckchen zurück.
    »Finden Sie raus, wie dieses Waldstück genutzt wird, Salomon. Jogger, Förster, Wandervereine. Der Killer hat die Lichtung nicht zufällig gefunden. Er kannte sie. Er wusste, dass sie ideal für sein Vorhaben war.«
    Sie drehte sich um und ging durch den Wald zurück zum Fundort. Die Leiche war jetzt freigelegt. Schweigend trat Lydia auf das Loch zu. Der weiße, vom Waldboden verschmutzte Körper lag leicht nach vorne gekrümmt in der Grube, fast so, als würde die Frau sitzen. Rechts und links türmten sich Wälle aus frisch ausgeworfener, feuchter Erde auf. Die Tote war nackt und schien auf den ersten Blick unversehrt. Abgesehen von dem zertrümmerten Schädel. Ihre Knöchel waren mit einer Wäscheleine zusammengebunden, und auch die Hände, die hinter dem Rücken verborgen waren, schienen gefesselt zu sein.
    Maren Lahnstein erhob sich gerade, als Lydia hinter sie trat.
    »Und?«, fragte Lydia.
    »Sie wurde eingegraben, bis nur noch der Kopf herausguckte, und dann so lange mit Steinen beworfen, bis der Tod eingetreten ist. So zumindest stellt es sich im Augenblick dar.«
    »Wie lange hat es gedauert, bis sie tot war?«
    »Ich weiß nicht. Das kann ich erst nach der Obduktion sagen. Ich habe ja keine Ahnung, in welchen zeitlichen Abständen die Steine geworfen wurden.«
    Lydia nickte. »Okay. Wir sehen uns später.«
    Sie marschierte zu Spunte, der gerade einen kleinen Gegenstand eintütete. »Was gefunden?«
    Spunte zuckte mit den Schultern. »Kaugummi. Kann vom Täter sein, vom Förster oder von meinem Sohn. Wir waren letztes Wochenende hier, meine Frau, die Jungs und ich. Schöne Bescherung.«
    »Sonst nichts?«
    »Komm mit, Louis.«
    Er ging ein Stück tiefer in den Wald hinein. »Siehst du das?« Er deutete auf einen Baum. In die Rinde waren ein paar Zeichen eingeritzt.
    RI1924
    »Ist das frisch?«, fragte Lydia.
    »Ein paar Stunden alt, schätze ich«, antwortete Spunte. »Dort, wo die Rinde weggekratzt wurde, ist das Holz noch ganz feucht und hell.«
    »Du meinst, es könnte unser Täter gewesen sein?«
    »Schon möglich.«
    »Irgendeine Idee, was das heißen könnte?«
    Spunte zuckte mit den Achseln. »Initialen und ein Jahr vielleicht. Rudolf und Irmgard, 1924.«
    »1924? Ich denke, das ist frisch.«
    »Vielleicht haben sie sich 1924 kennengelernt?«
    »Und ritzen im zarten Alter von über einhundert Jahren ihre Initialen in einen Baum?«
    »War nur so ’ne Idee. Vielleicht ist es ja auch eine Markierung des Försters.«
    Lydia nickte. »Wir müssen ihn auf jeden Fall fragen. Habt ihr Fotos gemacht?«
    »Klar.«
    »Dann lasst diesen Mist verschwinden. Sollte es Nachahmungstäter oder geständige Irre geben, hilft uns das vielleicht, die Spreu vom Weizen zu trennen.«
    »Vorausgesetzt, diese Hieroglyphen haben was mit dem Mord zu tun.«
    Lydia fuhr sich durch das Haar. Ein Wunder war geschehen, die Tabletten schienen bereits zu wirken, und auch ihr Magen hatte sich beruhigt. »Das haben sie, Spunte. Da könnte ich wetten.«
    »Willst du auch deinen Arsch setzen wie der Chef?«
    Lydia warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, dann musste sie grinsen. »Den brauch ich noch, Spunte, da will ich mal lieber kein Risiko eingehen.«
    Als sie zurück zum Weg kam, stand Christopher Salomon neben ihrem Wagen. »Nehmen Sie mich mit,
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