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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut
Autoren: Sabine Klewe
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Kollegen folgten ihm. In der Mitte stand das einzige Möbelstück, ein Tisch, bedeckt mit ordentlichen Papierstapeln. Die Wände waren zugepflastert mit Bildern, die meisten zeigten den gekreuzigten Christus in zahllosen künstlerischen Varianten. An der Wand gegenüber der Tür hing ein fast mannsgroßes Kruzifix, auf dem Boden darunter standen unzählige brennende Kerzen.
    »Ich denke, das überzeugt mich«, stellte Meier sarkastisch fest. »Ich hatte ja so meine Zweifel, ob wir nicht ein bisschen über das Ziel hinausschießen. Die sind hiermit definitiv ausgeräumt.«
    »Lasst uns nach Hinweisen suchen, was er als Nächstes vorhat«, schlug Schmiedel vor. »Aber passt auf, dass für die Spusi was übrig bleibt.«
    Hackmann und er streiften sich Einmalhandschuhe über und gingen die Papiere auf dem Tisch durch. Meier studierte die Wände. Zwischen den Christusbildern entdeckte er Zeitungsartikel über die Mordfälle, aber keine Pläne oder Hinweise auf weitere Taten.
    Hackmann bückte sich und entdeckte ein Fach unter der Tischplatte. »Hey, Leute, guckt euch das an!«
    Meier ging ebenfalls in die Hocke. In dem Fach lagen drei prall gefüllte Plastiktüten einer Supermarktkette, die sorgfältig mit Klebeband verschlossen waren. Hackmann hatte das Klebeband an einer Stelle gelöst, sodass heller Blusenstoff und der Schulterriemen einer braunen Damenhandtasche zu sehen waren. Meier richtete sich wieder auf. »Wetten, dass da die Klamotten unserer drei Opfer drin sind?«
    Schmiedel beachtete die beiden nicht. Er war auf eine Mappe mit zusammengehefteten Blättern gestoßen, offenbar eine Kopie der Patientenakte von Kristina Keller. »Schaut mal, was ich hier habe«, sagte er. »Er hat sich die Akten der Patientinnen seiner Schwester kopiert.«
    Hackmann ließ von den Tüten ab und trat neben ihn. Er warf einen kurzen Blick auf Schmiedels Fund und griff oben auf den Stapel auf dem Tisch. »Hier ist noch eine.« Er entzifferte den Namen. »Valentina Frederiksen.«
    Sie suchten weiter und fanden noch drei Akten. Hackmann schlug eine davon auf und stieß einen Pfiff aus. »Das gibt es doch gar nicht«, murmelte er und fing hastig an zu blättern.
    »Was?«, fragte Schmiedel, ohne die Augen von seiner Lektüre zu lösen.
    »Die Louis ist auch bei der Förster in Behandlung.«
    Schmiedels Blick schoss hoch. »Wirklich?«
    »Oh ja.« Hackmann fing an zu lesen.
    Schmiedel riss ihm die Mappe aus der Hand. »Spinnst du?«
    »Bist du denn gar nicht neugierig?«, blaffte Hackmann zurück.
    »Das geht uns nichts an.« Meier war hinter ihn getreten. »Zu viel Neugier kann gefährlich sein, Hackmann«, raunte er seinem Kollegen ins Ohr, so leise, dass seine Stimme kaum zu verstehen war. Dafür war der drohende Unterton unüberhörbar. »Ich habe dich gesehen, neulich abends, als du aus dem falschen Büro kamst. Du treibst ein verdammt gefährliches Spiel.«
    Hackmann fuhr herum, sekundenlang glotzte er Meier wortlos an, dann verschränkte er wütend die Arme. »Und wenn es uns hilft herauszufinden, was Mörike vorhat?« Sein Blick schoss zwischen Meier und Schmiedel hin und her. »Tut doch nicht so scheinheilig. Natürlich interessiert euch, was die Chefin bei einer Seelenklempnerin verloren hat.«
    »Nein, das interessiert uns nicht«, fuhr Meier ihn an. »Uns interessiert einzig und allein, was dieser Mistkerl als Nächstes plant. Wir wollen ihn stoppen, bevor er Lydia auch noch umbringt.«
    »Du meinst also, er hat sie in seiner Gewalt?«, fragte Schmiedel, immer noch die Akte in der Hand.
    »Er ist verschwunden, sie ist verschwunden. Und er hat sowohl ihre als auch die Patientenakten von zwei weiteren Opfern. Wonach sieht das für dich aus?«
    Schmiedel blickte sich suchend um. »Aber wir haben keine Ahnung, wo die beiden stecken könnten.«
    »Ich fürchte, nein.«
    »Es muss doch in diesem verdammten Drecksloch einen Hinweis geben!«
    Meier deutete auf einen Haufen Asche hinter der Tür. »Ich denke, ihm war klar, dass wir ihm bald auf die Schliche kommen. Wir sollten diesen Raum genau so vorfinden. Die brennenden Kerzen waren für uns gedacht. Die Papiere auf dem Tisch, das sind alles Unterlagen, die er nicht mehr braucht. Die Patientenakten, Texte über christliche Symbolik, sogar eine Rechnung über rote Fingerfarbe. Es ist fast so, als mache er sich über uns lustig.«
    »Und die Papiere, die uns Hinweise darauf liefern könnten, was er vorhat, hat er verbrannt«, sagte Schmiedel.
    »Verdammt clever«, murmelte
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