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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Autoren: Susan Hill
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die bei einem schnellen Kartenspiel auf den Tisch geknallt werden.
    »Pädophiler.«
    »Einzelgänger.«
    »Männlich … ein kräftiger Mann.«
    »Jung …«
    »Kein Teenager.«
    »Autofahrer … na ja, offensichtlich.«
    »Arbeitet allein.«
    »Fernfahrer … Lastwagenfahrer, so was in der Art …«
    »Unterdrückt … sexuell unzulänglich …«
    »Unverheiratet.«
    »Nicht unbedingt … wie kommst du darauf?«
    »Kann keine Beziehung eingehen …«
    »Als Kind missbraucht …«
    »Gedemütigt worden …«
    »Ist ’ne Machtsache, oder?«
    »Niedrige Intelligenz …«
    »Schmutzig … kein Selbstwertgefühl … schmuddelig …«
    »Verschlagen.«
    »Nein – rücksichtslos.«
    »Dreist, jedenfalls. Von sich eingenommen.«
    »Nein, nein, genau das Gegenteil. Unsicher. Sehr unsicher.«
    »Geheimniskrämer. Kann gut lügen. Vertuschen …«
    Und so ging es weiter und weiter, die Karten klatschten immer schneller. Chapman schwieg, schaute nur von Gesicht zu Gesicht, folgte dem Muster. Auch Serrailler schwieg, beobachtete sie mit einem zunehmend mulmigen Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht, aber er konnte weder das Was noch das Warum festmachen.
    Allmählich verebbten die Bemerkungen. Die Karten gingen ihnen aus. Sie sackten wieder auf ihren Stühlen zusammen. DS Sally Nelmes warf Serrailler hin und wieder Blicke zu – keine besonders freundlichen.
    »Jetzt wissen wir also genau, wen wir vor uns haben«, sagte sie schließlich.
    »Wirklich?« Marion Coopey beugte sich vor, um ein Blatt Papier aufzuheben.
    »Na ja, halt einen ziemlich vertrauten Typus …«
    Einen kurzen Moment lang sah es so aus, als wollten die Frauen sich streiten. Serrailler zögerte, wartete auf den DCS, aber Jim Chapman schwieg weiter.
    »Wenn ich darf …«
    »Simon?«
    »Ich glaube, ich weiß, was DC Coopey meint. Während alle ihre Ideen in den Ring warfen, wurde mir immer mulmiger … Und das Problem ist … genau dieser vertraute ›Typus‹ … wenn man alles zusammennimmt, zeichnet es das Bild von jemandem, den Sie alle als typischen Kinderentführer betrachten.«
    »Und stimmt das nicht?«, forderte Sally Nelmes ihn heraus.
    »Vielleicht. Manches davon wird zweifellos zutreffen … Es gibt mir nur zu denken – und das tut es immer beim Profiling, wenn man es als Ganzes schluckt –, dass wir ein Phantombild erstellen und dann nach einer Person suchen, die dazu passt. Funktioniert gut, wenn wir es mit einem Phantombild zu tun haben, das von jemandem stammt, den mehrere Menschen tatsächlich gesehen haben könnten. Aber hier nicht. Ich möchte nicht, dass wir uns auf diesen ›vertrauten Typus‹ fixieren und jeden ausschließen, der nicht dazu passt.«
    »In Lafferton haben Sie also mehr, wovon Sie ausgehen können?«
    Er fragte sich, ob DS Nelmes einen Komplex hatte oder ihn einfach nur nicht mochte, doch er ging damit um, wie er es immer tat und womit er fast immer erfolgreich war. Er wandte sich ihr zu und lächelte, ein intimes, freundliches Lächeln mit Blickkontakt, ein Lächeln nur zwischen ihnen beiden.
    »Ach, Sally, ich wünschte es …«, sagte er.
    Aus dem Augenwinkel sah er, dass Jim Chapman jede Nuance dieses Blickwechsels registriert hatte.
    Sally Nelmes bewegte sich ein wenig, und die Andeutung eines Lächelns hob ihre Mundwinkel.
    Zum Lunch machten sie eine kurze Pause, und danach gingen Serrailler und Jim Chapman ein wenig spazieren, hinaus aus dem Siebzigerjahre-Flachbau der Kripo und eine unspektakuläre Straße entlang, die in die Stadt führte. In Yorkshire gab es keine Sonne und anscheinend keinen Sommer. Der Himmel war von einem erstarrten Grau, die Luft seltsam chemisch.
    »Ich bin Ihnen keine große Hilfe«, sagte Simon.
    »Ich musste sichergehen, dass uns nichts entgangen war.«
    »Es ist ein verfluchter Fall. Ihre Leute sind genauso frustriert, wie wir es waren.«
    »Nur noch nicht so lange.«
    »Das sind die Fälle, die einem unter die Haut gehen.«
    Sie erreichten die Kreuzung mit der Durchgangsstraße und machten kehrt.
    »Meine Frau erwartet Sie übrigens zum Dinner.«
    Simons Laune stieg. Er mochte Chapman, aber es war mehr als das; er kannte hier sonst niemanden, die Stadt und ihre Umgebung waren ihm fremd und nicht besonders anziehend, und das Hotel war in demselben Stil erbaut wie die Polizeidienststelle, mit genauso wenig Seele. Simon hatte schon überlegt, ob er nicht nach beendeter Arbeit heimfahren sollte, statt hierzubleiben und allein eine schlechte Mahlzeit einzunehmen,
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