Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens
Autoren: Laura Walden
Vom Netzwerk:
nachzuhängen, und die galten - wie immer seit ihrem grausamen Tod vor einigen Tagen - allein Lily. Dass er ihr herzliches Lachen nie mehr hören würde, wollte er immer noch nicht begreifen. Und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er nicht einmal bis zu ihrer Beerdigung geblieben war, nachdem er William Brewer eingeschärft hatte, sie solle neben Tamati begraben werden. Vielleicht hätte er dem armen Mann mitteilen sollen, dass er eine Mission zu erfüllen hatte, aber Matui war sich nicht sicher, ob es ihr recht gewesen wäre, dass der Anwalt von Peter erfuhr. Nun konnte er nur hoffen, dass er sich um alles gekümmert hatte.
      Immer wieder warf er einen flüchtigen Blick auf seine Uhr. Gegen fünfzehn Uhr hielt er es nicht mehr aus. Er verließ das Lokal und ging hinaus in die Kälte. Zum Glück hatte der Regen inzwischen aufgehört. Dafür pfiff ihm ein eisiger Wind ins Gesicht.
      Er wanderte den Hafen entlang, bis er die Queen Victoria vor sich auftauchen sah, ein riesiges Segelschiff. An der Pier gab es einen überdachten Unterstand, in den sich Matui nun setzte, um zu warten.
      Immer wieder stand er auf und beobachtete die vereinzelt ankommenden Passagiere, die ihr Gepäck schon jetzt an Bord brachten. Als die Uhr vier zeigte, wurde er zunehmend nervös. Er wartete in der Nähe der Gangway und wurde sich bewusst, wie leicht er Peter übersehen konnte. Peter kannte ihn nicht, und Matui kannte Peter nicht. Was, wenn er einfach unerkannt an Bord ging? Auf einen alten Maori würde er, seinem Schreiben nach zu urteilen, mit Sicherheit nicht zugehen. Also musste Matui ihn erkennen. Mit Adleraugen musterte er die Gangway, doch nun kam gerade eine größere Gruppe an. Und die meisten von ihnen waren junge Männer.
      Matui seufzte, aber er durfte den Jungen auf keinen Fall verpassen. Sonst würde der womöglich irrtümlich glauben, seine Mutter habe ihn absichtlich versetzt. Matui rieb sich die Augen. Durch das angestrengte Sehen verschwamm sein Blick immer mehr. Er half sich damit, dass er sich direkt neben die Gangway stellte, doch dort wurde er von einem Seemann fortgescheucht.
      »Alter, du hast hier nichts zu suchen«, fuhr er Matui an.
      »Ich bin hier verabredet mit einem jungen Mann, der nach London gehen will«, verteidigte sich Matui verzweifelt.
      »Aus dem Weg, aber schnell!«
      Matui trat einen Schritt zurück und versuchte von hier aus einen Blick auf die Gangway zu erhaschen. Das war nicht so einfach, denn dort wurden nun Kisten gestapelt, die ihm beinahe die Sicht versperrten. Matui verließ den Platz, ohne die Gangway aus den Augen zu lassen, und kehrte an die Stelle zurück, an der er zuerst gestanden hatte.
      Er stutzte, als er einen großen, schlanken jungen Mann erblickte, der mit gesenktem Kopf auf die Gangway zugesteuert war, kurz stehen blieb und sich einmal flüchtig umwandte. Er sah Lily verblüffend ähnlich. Das konnte Matui sogar aus der Ferne erkennen. Matui begann zu winken, doch der junge Mann nahm ihn gar nicht wahr. Er setzte seinen Weg fort. Der Maori rannte los, doch der vermeintliche Peter war bereits ganz oben an der Gangway angekommen.
      »Halt!«, schrie Matui, so laut er konnte. »Halt, Mister New-man!« Doch der junge Mann drehte sich nicht um.
      »Was grölst du denn hier rum, Bursche?«, schnauzte der Seemann, der ihn vorhin weggescheucht hatte.
      »Ich muss auf das Schiff. Bitte, lassen Sie mich nur für einen Augenblick hinauf!«
      »Damit du dich als blinder Passagier einschleichst und wir dich dann in London tot aus deinem Versteck ziehen?«
      Matui funkelte den Seemann wütend an. »Sehe ich so aus, als wolle ich mein Land verlassen?«
      »Das sieht man nicht immer auf den ersten Blick, was die Leute im Schilde führen.«
      »Dann begleiten Sie mich meinetwegen, aber bitte lassen Sie mich auf das Schiff. Ich muss dringend mit jemandem sprechen.«
      »Sprich mit mir!« Der Seemann lachte dröhnend.
      »Nein, ich muss mit einem jungen Mann reden. Peter Newman heißt er. Ich muss ihm sagen, dass seine Mutter gestorben ist.«
      Der Seemann lachte nicht mehr. »Gut, dann geh. Ich weiß auch nicht, warum ich dir glaube, aber nun hau schon ab.«
      Der Seemann ließ Matui passieren.
      Keuchend kam der Maori oben an.
      »Dritte Klasse nach unten«, sagte ein anderer Seemann, der dafür zuständig war, die Reisenden zu ihren Decks zu schicken.
      »Hören Sie, ich will nicht an Bord bleiben. Ich suche einen gewissen Peter Newman. Man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher