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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin
Autoren: Christopher W. Gortner
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betrübt einen Seufzer aus. »Das arme Mädchen muss seinen Prinzen sehr geliebt haben.«
    Beatriz warf mir einen Blick zu, in dem sich meine innerste Befürchtung spiegelte. Das Verhalten meiner ältesten Tochter glich dem meiner Mutter; ihr Hang, sich in ihre Melancholie hineinzusteigern, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
    Doch diese Erkenntnis bestärkte mich nur in meiner Entschlossenheit. Ich befahl allen am Hof, sich jedem Gerede über Klöster zu verweigern, selbst wenn Isabél sich dadurch getröstet gefühlt hätte. Alle hielten sich daran, nur Juana machte sich auf ihre typische Weise gnadenlos über sie lustig. Meine jetzt elfjährige zweite Tochter zeigte sich nicht bereit, sich selbst oder gar anderen irgendeine Schwäche zuzugestehen.
    »Du siehst aus wie eine Krähe«, bemerkte Juana eines Abends, als wir nach dem Essen in meinem Pavillon zusammensaßen, in den der warme Wind durch die offenen Zeltklappen hereinwehte. Draußen leuchteten Tausende von Lagerfeuern wie Sternschnuppen, während unsere Männer sich schlafen legten. »Immer nur in Schwarz und dazu diese Miene!«, lästerte Juana weiter. »Das gehört sich nicht! Schließlich wart ihr nicht einmal ein Jahr verheiratet. So sehr kannst du ihn unmöglich geliebt haben.«
    Isabél erstarrte auf ihrem Hocker, und das Altartuch, das wir gemeinsam bestickten, spannte sich zwischen ihren Fingern. »Wer bist du, um das zu beurteilen? Was weißt du denn schon über Liebe oder Verlust, du verwöhnte, egoistische Göre?«
    »Verwöhnt mag ich ja sein«, gab Juana zurück, »aber wenigstens weiß ich, dass ich niemanden so sehr lieben würde, dass ich mich selbst darüber vergesse.«
    Als Isabél nach Luft schnappte, fuhr ich scharf dazwischen. »Es reicht! Ich will keine Vorwürfe hören, egal, von wem. Wenn ihr unbedingt streiten müsst, dann woanders, aber nicht in meiner Gegenwart! Also wirklich …« Ich starrte alle beide tadelnd an. »Was ist in euch gefahren?«
    Isabél wandte die Augen ab; Juana streckte die Zunge heraus. Erbost legte ich meine Stickerei beiseite. Obwohl ich körperliche Züchtigung ablehnte, war mir Juana zu unverschämt. Ich hatte nicht übel Lust …
    Plötzlich stockte ich. »Ist das Rauch, was ich da rie…?«, begann ich, als Juana auch schon aufsprang, ihr hoffnungslos verheddertes Garn zu Boden warf und zum Eingang rannte. »Mama, schaut nur!«, keuchte sie. »Das Lager brennt!«
    Chaos brach aus. Während die Erzieherinnen und die anderen Damen nach hinten stürzten, um die schlafenden Catalina und María aus ihren Betten zu zerren, eilte ich mit meinen älteren Töchtern ins Freie. Zu meinem Entsetzen sprangen bereits Flammen wie flinke Teufelchen von Zelt zu Zelt, steckten Samt, Seide und Brokat in Brand und verschlangen binnen Minuten alles, worauf sie trafen. Um uns herum schrien Soldaten und Höflinge wild durcheinander; Pferde wieherten vor Angst, rissen sich von ihren Stricken los und galoppierten in wilder Panik davon, während die Hunde aufgeregt kläfften. Ich wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte. Der Rauch war bereits so dick, dass ich kaum noch Luft bekam. Plötzlich tauchte aus dem Nichts der Marquis von Cádiz vor mir auf, das Gesicht und die Kleider schwarz von Ruß. » Majestad , hierher, schnell!«
    »Wo sind mein Mann und mein Sohn?«, rief ich, als er uns um das brennende Lager herum zu einem nahe gelegenen Hügel führte, der Schutz versprach.
    »In Sicherheit«, sagte er. »Das Feuer ist in meinem Zelt ausgebrochen, als sie schon schliefen. Aber sie konnten sich rechtzeitig retten. Die Jagdhunde des Königs haben sofort gebellt, als sie die Flammen bemerkten.«
    »Gracias a Dios.« Ich presste Catalina an mich. In dem gespenstischen Spiel zwischen Feuer und Dunkelheit erkannte ich Juanas Gesicht. Sie war blass und hatte die Augen aufgerissen. Der Mund stand ihr weit offen und drückte etwas aus, das ich nur als begeistert bezeichnen konnte, als wäre die ganze Katastrophe nur zu ihrer Unterhaltung inszeniert worden. Ich war erschüttert. Hatte sie denn überhaupt keine Angst, kein Gefühl für die Zerstörung und die Verluste rings um uns her?
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagte Isabél leise: »Das alles hier ist ihr egal. Sie hält es für ein Spiel. Sie hat vor nichts Respekt.«
    Ich bedeutete ihr zu schweigen. Ich, mit Catalina in den Armen, und Beatriz, mit María an der Hand, erreichten die Kuppe des Hügels, von wo sich uns ein schreckliches Bild bot. Fernando
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