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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin
Autoren: Christopher W. Gortner
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ergriff meine Hand; seine Handfläche war hart, nach Jahren des Kämpfens mit dem Schwert für immer von Schwielen überzogen. Ich sah zu ihm auf. In seinen Augen flammte Leidenschaft auf.
    »Wir haben es vollbracht, meine Luna «, sagte er. »Wir haben gesiegt. Ganz Spanien ist unser.«
    Und gemeinsam knieten wir nieder, um Gott unseren Dank abzustatten.

32
    Glückwünsche zur Eroberung trafen von allen europäischen Mächten ein. In Rom hielt der neu gewählte spanische Papst, Rodrigo Borgia, jetzt als Alexander VI. bekannt, eine Prozession mit Messe in der Basilika Sankt Peter ab und verlieh uns den Ehrentitel »Katholische Monarchen, Verteidiger des Glaubens«.
    So dankbar ich auch für die Huldigungen war, lag mir doch vor allem daran, dass das normale Leben so bald wie möglich zurückkehrte. Zehn Jahre Krieg waren zu Ende; jetzt galt es, die Heilung und das Zusammenwachsen unserer Nation einzuleiten, für die Zukunft unserer Kinder zu sorgen und den Ruhm der Kirche zu festigen. Sobald ich mich in der Alhambra eingerichtet hatte, widmete ich meine ganze Aufmerksamkeit meinen Kindern. Sie mussten auf die Rolle, die sie eines Tages übernehmen würden, vorbereitet sein.
    Insbesondere Juana bedurfte strenger Aufsicht. Ihre beeindruckenden Lernerfolge wurden überschattet von ihrem rebellischen Wesen und ihren eigenbrötlerischen Ausflügen in die Gärten, zu welchen sie die kleine Catalina mitschleifte, um sich dort auf alles zu stürzen, was ihre Neugier weckte. Auch Isabél bereitete mir weiterhin Sorgen. Zwar hatte sie sich von den schlimmsten Exzessen ihrer Trauer erholt, beharrte aber immer noch darauf, dass sie sich am besten für ein Leben hinter heiligen Mauern eigne. Gesprächen über eine zweite Ehe verweigerte sie sich, obwohl Portugal ihr einen neuen Gemahl angeboten hatte, diesmal in Gestalt des Onkels ihres verstorbenen Mannes.
    María dagegen war Balsam für meine Seele, ein fügsames Kind, das in keiner seiner Aufgaben herausragte oder enttäuschte. Und Juan, mein wertvoller Junge, wurde zu meinem Hauptanliegen, denn ich vermutete, dass ich kein weiteres Kind mehr gebären würde. Meine Monatsregel blieb inzwischen fast vollständig aus. Folglich ruhten jetzt unsere Hoffnungen für die Dynastie allein auf Juans schmalen Schultern. Er würde der erste König sein, der unser vereintes Reich regierte, und ich überwachte seinen täglichen Unterricht persönlich, um dafür zu sorgen, dass er später die komplexe Kunst, ein Monarch zu sein, beherrschte.
    Allerdings war mir mit der Regelung der Angelegenheiten im Palast lediglich eine kurze Atempause vergönnt. Nur Wochen nach der Einnahme der Alhambra erreichte uns die Nachricht, dass unsere jüdischen Geldgeber dringend um eine Audienz ersuchten.
    Als sie vor mich traten, die bärtigen Gesichter von Sorgen durchfurcht, die Kleider vom langen Ritt verstaubt, wappnete ich mich schon für das Schlimmste. Inzwischen musste sie die Nachricht erreicht haben, dass Torquemada neuerdings von einem jüdischen Komplott redete, mit dem das Ziel verfolgt werde, den Widerstand der conversos zu stärken und die Inquisition zu entmachten. Auch mussten sie von den Aufständen in Kastilien und Aragón gehört haben, bei denen ihre Glaubensbrüder angeblich christliche Kinder gekreuzigt und noch andere Gräueltaten begangen hatten. Und wie Mendoza prophezeit hatte, beließ es Torquemada nicht bei diesen schändlichen Berichten, sondern erneuerte auch seinen Antrag, dass ich ein Edikt mit der Forderung nach der Konvertierung jedes einzelnen Juden erlassen solle, das ihnen bei Nichtbefolgung die völlige Enteignung und die Vertreibung aus meinem Land androhte.
    Ich glaubte nicht ein Wort davon, auch wenn ich vor der Öffentlichkeit die von mir erwartete Betroffenheit zur Schau gestellt hatte. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie einen Juden jemandem Leid zufügen und schon gar nicht, unserem Erlöser zum Hohn, Kleinkinder umbringen sehen. Andererseits konnte ich nicht länger leugnen, dass die Spannungen, die sich im Laufe von Jahrhunderten des Misstrauens gegen die Juden aufgebaut hatten – und die schon immer unter der Oberfläche unserer viel gerühmten Tradition des Zusammenlebens geschwelt hatten –, jetzt mit dem Fall Granadas und der Vereinigung unseres Reichs ihren Siedepunkt erreicht hatten. An allen Ecken und Enden des Landes, erklärte Torquemada, würden fromme Christen zum Sturm auf die Gettos blasen, um die Geschäfte zu plündern und die Bewohner
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