Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
Ibrahim stöhnte auf. Er wollte erwachen, doch es gelang ihm nicht. Da – war das nicht ein Knall gewesen? Schrien da nicht Menschen? War etwas explodiert?
    Im gleichen Moment schlug er die Augen auf und schaute an die Decke.
    Um ihn herum klirrte, knallte, krachte es. Nicht in seiner Kabine, Gott sei Dank. Aber draußen. An Deck. Auf den Gängen. Er hörte Geschrei, genau vor seiner Tür.
    »Captain! Captain!«
    Ibrahim erkannte die Stimme. Commander Wilkinson! Sie war Ärztin und machte sich Sorgen um ihn. Dabei brauchte er eigentlich nur Ruhe und Frieden und weniger Belastung.
    Heftige Schläge erschütterten die Tür. Drei-, viermal machte es Rumms, dann löste sich die Starre in Ibrahims Gliedern und er sprang auf.
    Als er die Tür öffnete, stürzten ihm Lieutenant Commander Morelli und zwei bullige MPs (Militärpolizisten) entgegen.
    »Jack!«
    »Was ist denn los?« Ein leichter Schwindel erfasste Ibrahim, doch er riss sich zusammen. Die MPs – Sergeant Quick und ein Corporal, dessen Namen er vergessen hatte, glotzten ihn an, dann salutierten sie und rannten wieder hinaus.
    »Probleme mit dem Reaktor.« Morelli reichte Ibrahim seine Stiefel. »Genaues weiß ich nicht. Ich bin ja kein Atomphysiker.«
    Während Ibrahim in seine Kleider glitt, sagte Wilkinson
    »Ich hab anderswo mehr zu tun« und folgte den MPs. Draußen, auf dem Gang, herrschte Chaos: Ärzte riefen um Hilfe.
    Sanitäter schleppten Kisten und Tragen an Ibrahims Tür vorbei.
    »Probleme?« Ibrahim hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Er war auch kein Atomphysiker, aber eins wusste er: Wenn Atomreaktoren Probleme machten, war man gut beraten, sich ein paar kluge letzte Worte zurechtzulegen…
    ***
    Juli 2523
    Feuchtigkeit sammelte sich am Deckengestein, rann das Heer dunkler Stalaktiten entlang und fiel als Tropfen herab.
    Pitsch.
    »Sieben Millionen und eins«, sagte Quart’ol ohne hinzusehen. Die Zahl stimmte nicht; der Hydrit sprach nur, um die Stille zu durchbrechen. Das tat er schon den ganzen Morgen.
    War es überhaupt Morgen? Quart’ol rollte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Er versuchte sich zu erinnern, an irgendetwas von Bedeutung, doch was immer dem angesehenen Wissenschaftler – dem Wiederentdecker von Gilam’esh’gad und Matthew Drax’ Freund – einst wichtig gewesen war, glitt im quälenden Schweigen seiner Einsamkeit allmählich von ihm ab. Wie die Tropfen von der Decke.
    Pitsch.
    Wie lange saß er schon in diesem Gefängnis, das ihm die Quan’rill als Meditationsraum angekündigt hatten? Wochen?
    Monate? Quart’ols Zeitgefühl fand hier keine Orientierungsmöglichkeiten, und das verwirrte ihn. Er war völlig abgeschottet in den Tiefen von Kalan Nauri, dem geheimen Versammlungsort des Gilam’esh-Bundes.
    Biolumineszente Mikroben sorgten Tag und Nacht für ein gleich bleibendes Dämmerlicht, kein Laut drang in die halbhoch geflutete Höhle des uralten Atolls, es gab nicht die kleinste Veränderung.
    Doch, halt: Der Vorrat an Tiefsee-Ko’onen schrumpfte!
    Quart’ol verzog das Gesicht, als er neben sich griff und eine der bitter schmeckenden Pflanzen aus dem Wasser fischte, das seinen Ruhefelsen umschwappte. Anfangs hatte er ernsthaft über einen Hungerstreik nachgedacht; schließlich war es empörend, ohne Prozess einfach weggesperrt zu werden.
    Allerdings ließen sich die Anhänger des Gilam’esh-Bundes, denen er dieses Schicksal verdankte, nie blicken. Daher stand zu befürchten, dass er gänzlich unbemerkt verhungern würde, und das wollte Quart’ol nun doch nicht.
    Ich hätte mit Vogler und Clarice fliehen sollen, statt die beiden Marsianer in die Roziere zu verfrachten und mich zu stellen, [1] resümierte er kauend. Was war eigentlich der Grund für mein dummes Verhalten? Ach ja! Ich hatte gedacht, ich müsste ehrenwert handeln und Größe zeigen vor diesen auserwählten Quan’rill, den Mitgliedern des Gilam’esh-Bundes. Obwohl ich bis heute nicht weiß, was sie eigentlich von mir wollen.
    Quart’ol kratzte sich am Kopf. Es muss mit meiner Entdeckung von Gilam’esh’gad zu tun haben! Aber dafür hätte ich eher eine Belohnung erwartet als eine Hetzjagd! Wurde ich nur benutzt? Was planen die Quan’rill?
    Diese Frage war berechtigt, denn so integer, wie diese dreizehn Gilam’esh-Anhänger allgemein eingeschätzt wurden, konnten sie nicht sein. Schließlich hatte niemand anderer als dieser Geheimbund – oder doch zumindest eines seiner Mitglieder – Quart’ol einen Tipp gegeben, wo man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher