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193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang
Autoren: Ronald M. Hahn
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werde, dann stehst du neben mir.«
    »Dazu müsste dir erst einmal jemand glauben«, erwiderte Einauge. »Hör mir jetzt gut zu! Vielleicht hast du es nicht begriffen, aber du steckst in Schwierigkeiten, die für gewöhnlich mit einer Esh’gaad (Grablegung) enden. Das Einzige, was dich davon noch trennt, ist die letzte Abstimmung des Rates – und ich bin ein Mitglied desselben. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    »Aber ja.« Quart’ol zog die Mundwinkel herunter. »Mein Schweigen für die Stimme eines Quan’rill. Was sollte daran unverständlich sein?«
    »Folge mir!«, befahl Einauge kühl und wandte sich um.
    Irgendwo in der Tiefe gab es eine Schleuse. Sie war so gut getarnt, dass selbst Einauge sie nicht auf Anhieb fand.
    Nachdem er den biomechanischen Auslöser betätigt hatte, sank er zu Boden und wartete geduldig, während die verschachtelte Gesteinsformation Millimeter um Millimeter auseinander driftete. Das dauerte schier endlos, und es zerrte an Quart’ols Nerven. Er war auf einem anderen Weg in sein Gefängnis gelangt und hatte keine Ahnung, was hinter dieser Schleuse lag. Wohin führte sie? In die Freiheit? In den Tod?
    Ich werde diesen Tag überleben, versprach er sich und hätte auch zu gern daran geglaubt. Doch sein Herz erlaubte es nicht, dieses heftig pochende Ding, das ihm auf dem Weg ins Ungewisse wie ein kleiner Morsehammer gegen die Rippen schlug. Als wollte es eine Botschaft übermitteln. Drei verschlüsselte Worte: Du – bist – geliefert!
    Die Grotte der Geistwanderer zu betreten war ein Privileg, das normalerweise nur den dreizehn Auserwählten zuteil wurde.
    Zwölf Hydriten und ihr Erster Meister Skorm’ak, durchweg Quan’rill – also Geistwanderer – wie Quart’ol selbst, hüteten hier die Geheimnisse ihrer Rasse.
    Die Grotte hatte das Ausmaß eines Doms, mit Kuppeldecke und einem Hochaltar am südlichen Ende. Unter ihm lag das Grab des Quan’rill, des ersten Hydriten, der die Geistwanderung entdeckt hatte – wieder entdeckt, wie Quart’ol jetzt wusste, denn schon die alten Hydree waren dazu fähig gewesen.
    Im Zentrum der Grotte, umgeben von Schaukästen voller Schriften und Fundstücke aus den Anfängen der Hydritenzeit, erhob sich ein mächtiger halbrunder Versammlungstisch.
    Zwölf Quan’rill verfolgten von dort den Einzug ihres Gefangenen. Der Dreizehnte, Einauge, führte Quart’ol vor den Sitz des Ersten Meisters und nahm anschließend seinen Platz zwischen den Gefährten ein.
    Niemand sprach. Quart’ol bekam es mit der Angst zu tun.
    Nicht wegen des anhaltenden Schweigens, sondern wegen der Helligkeit ringsum. Bei seinem letzten Besuch war es in der Grotte stockfinster gewesen. Man hatte sich große Mühe gegeben und sogar eine Wassersimulation eingespielt, um Quart’ol in dem Glauben zu verabschieden, der Versammlungsort des Geheimbundes sei nur ein feuchtes dunkles Loch.
    Es musste einen Grund geben, weshalb die Quan’rill diesmal jede Vorsicht außer Acht ließen, und Quart’ol konnte sich denken, was es war: Er würde diesen Ort nie mehr verlassen. Jedenfalls nicht lebend.
    Zorn stieg in ihm auf. Er hatte noch keine Argumente gehört und noch keine Chance auf Verteidigung bekommen, doch sein Todesurteil stand offenbar schon fest.
    »Was wollt ihr von mir?«, fragte er hitzig. »Wie kommt ihr dazu, mich zu verschleppen, einzukerkern und zu bedrohen? Was, bei Ei’don, habe ich getan, verdammt noch mal?«
    Skorm’ak räusperte sich.
    »Mäßige deine Ausdrucksweise!«, befahl der Erste Meister und nickte den vier weiblichen Ratsmitgliedern entschuldigend zu. Eine von ihnen, ein uraltes Hutzelding, kicherte hinter vorgehaltener Hand. Quart’ol wünschte ihr ein paar Piranhas an den Faltenhals. Was hatte die Alte zu lachen, wenn er so gedemütigt wurde?
    »Warum bin ich hier?«, fuhr er Skorm’ak an.
    Erregtes Klacken und Schnalzen hallte durch den Dom.
    Quart’ols Schuppenkamm hatte sich steil aufgerichtet, das ließ sich einfach nicht verhindern, und dieses offene Zurschaustellen heftiger Emotionen schien die Quan’rill zu verunsichern. Vielleicht umgaben sie sich sonst nur mit reuigen Hydriten ohne Mut zum Protest.
    Aber Quart’ol hatte nichts zu bereuen.
    »Ich frage dich noch einmal, Skorm’ak: Warum bin ich hier?«
    »Es dient der Wahrheitsfindung bezüglich Gilam’esh’gad«, sagte der Erste Meister würdevoll.
    Quart’ol bog den Kopf zurück und lachte laut.
    »Wahrheit!«, höhnte er wütend. »Was weißt du denn von der Wahrheit? Du
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