Der schwarze Atem Gottes

furchtbaren Schmerzen! Sie verwirrten jegliche Empfindungen und zauberten phantastische Bilder in Barbara Längins Gedanken. Sie heulte laut auf und griff sich an den schmerzenden Unterleib.
     
    Eine Hand strich über ihr schweißnasses, strähniges Haar, und eine Stimme sagte: »Du musst stärker pressen! Bald hast du es geschafft. Sei tapfer!«
     
    Es war ein Gefühl, als würden ihr die Eingeweide durch die Scheide hinausgezogen. Sie keuchte und spürte, wie auch das Leben sie durch diese Öffnung verließ.
     
    Für einen kurzen Augenblick schossen Bilder durch ihre Gedanken: Bilder von einer nächtlichen Feier auf einer Waldlichtung, von einem Geschlechtsakt, dem ersten und letzten in ihrem kurzen Leben, von Teufeln und Dämonen, aber sie wusste schon lange nicht mehr, ob es wirklich Erinnerungen waren.
     
    Als sie den hohen Schrei hörte, schrie sie ebenfalls. Dann verging sie in ein schwarzes Reich.
     
      
    »Wir haben keine andere Wahl«, sagte der Hausherr, schlug sein schwarzes, pelzbesetztes Wams zurück und stemmte die dicken, verschwenderisch beringten Hände in die Hüften. »Barbara war uns einige Monate lang eine gute und treue Magd, aber das darf jetzt keine Rolle mehr spielen.«
     
    »Wie kannst du nur so etwas sagen?«, keuchte seine Frau unter Tränen hervor. »Es ist doch ein Mensch wie du und ich.«
     
    »Ein Mensch? Hast du dir es einmal genau angesehen? Willst du etwa behaupten, dass auch du einen zweiten Kopf wie einen Buckel auf der Schulter sitzen hast? Nein, das Kind ist ein Geschöpf des Teufels, und seine Mutter ist tot. Es muss sterben. Gott will es so.« Dann winkte er die Magd heran, die in der Tür stand und auf Befehle wartete. »Therese, nimm das Kleine und ertränke es.«
     
    Die Magd nickte und zog sich zurück.
     

     
    In der Nacht schlich sich Therese unbemerkt aus dem Haus. In den Händen hielt sie vorsichtig ein Bündel wie einen zerbrechlichen Schatz. Mehrfach schaute sie sich um, als wolle sie sich vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurde. Wie eine Katze schlich sie durch die nachtgesättigten Straßen der Stadt, bis sie an die Pforte des Franziskanerklosters kam. Dort legte sie das Bündel ab und zog an dem Klingelstrang. Dann huschte sie zurück in die alles verbergenden Straßen der alten Stadt.
     
    Aus dem Bündel drang das hohe, erbarmungswürdige Wimmern eines Neugeborenen hinaus in die Nacht.
     
    – ENDE –
        
     

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